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21.06.2023 09:23

Einzelne Hepatitis-E-Mutation macht Sofosbuvir-Therapie unwirksam

Meike Drießen Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Gegen Hepatitis E gibt es bislang keine spezifischen Medikamente. Ärzt*innen steht lediglich das Breitband-antivirale Medikament Ribavirin zur Verfügung, welches häufig starke Nebenwirkungen hervorruft. Wirkstoffe gegen andere Hepatitis-Viren helfen nur bedingt. Warum Hepatitis E der Behandlung mit dem Hepatitis-C-Medikament Sofosbuvir entgehen kann, hat ein Team der Nachwuchsgruppe „Computational Virology“ um Dr. Daniel Todt in der Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie der Ruhr-Universität Bochum gemeinsam mit Forschenden aus Berlin, Hamburg und Hannover herausgefunden: Eine einzelne Mutation des Virus führt dazu, dass die Behandlung weniger effektiv ist.

    Die Forschenden berichten in der Zeitschrift Hepatology vom 20. Juni 2023.

    Welche Virus-Varianten kursieren im Blut?

    In einer früheren klinischen Studie, bei der die Bochumer Forschenden beteiligt waren, wurden Patient*innen mit chronischer Hepatitis-E-Virus (HEV)-Infektion mit dem Wirkstoff Sofosbuvir behandelt, der eigentlich für die Behandlung von Hepatitis C entwickelt wurde. „In dieser Pilotstudie konnten wir beobachten, dass die Behandlung mit Sofosbuvir zunächst wirksam war“, berichtet Dr. André Gömer. „Die Menge der Virus-RNA sank erst einmal ab. Im Verlauf des Beobachtungszeitraums stieg sie aber wieder an. Die Therapie brachte also nicht den gewünschten Erfolg“ ergänzt Mara Klöhn. Die Forschenden analysierten Proben dieser Patient*innen, um Varianten zu identifizieren, die das Versagen der Therapie mit Sofosbuvir erklären könnten. Davon versprachen sie sich neue Erkenntnisse, die zukünftige Medikamentenentwicklungen begünstigen sollen.

    Fünffacher Wirkverlust durch eine Mutation

    In der retrospektiven Analyse konnten Sie eine einzelne Mutation in der Polymerase – einem Eiweiß, das für die Vermehrung des Hepatitis-E-Virus verantwortlich ist – namens A1343V identifizieren, die parallel zum Wiederanstieg der Virus-RNA auftrat. Laborexperimente belegten, dass der Wirkstoff das mutierte Virus fünfmal weniger gut beseitigen konnte als andere genetische Varianten des Virus.

    Zurzeit prüft das Forschungsteam, ob die Kombinationstherapie mit dem Standardmedikament Ribavirin die Entstehung der A1343V-Mutation verhindern kann und dadurch eine erfolgversprechende Therapieoption wäre. „Für die Entwicklung zukünftiger Therapien gegen Hepatitis E müssen wir die Rolle dieser Mutation noch besser verstehen“, resümiert Michelle Jagst.

    Todts Arbeitsgruppe erforscht im Rahmen ihres vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts VirBio unter anderem die Evolution von Viren und der Interaktion zwischen Virus und Wirtszelle mittels Hochdurchsatzsequenzierungen und computergestützten Methoden.

    Hepatitis E

    Das Hepatitis-E-Virus (HEV) ist der Hauptverursacher akuter Virushepatitiden. Rund 70.000 Menschen sterben jährlich an der Krankheit. Nach dem ersten dokumentierten epidemischen Ausbruch 1955 bis 1956 vergingen mehr als 50 Jahre, bis Forschende sich intensiv des Themas annahmen. Akute Infektionen heilen bei Patientinnen und Patienten mit intaktem Immunsystem normalerweise von selbst aus. Bei Betroffenen mit reduziertem oder unterdrücktem Immunsystem wie Organtransplantatempfängern oder HIV-Infizierten kann HEV chronisch werden. Auch für schwangere Frauen ist HEV besonders bedrohlich.

    Förderung

    Über die Richtlinie zur Förderung von Nachwuchsgruppen in der Infektionsforschung unterstützt das Bundesministerium für Bildung Forschung (BMBF) das Projekt „VirBio“ von 2022 bis 2027 mit rund 1,7 Millionen Euro. Ziel dieser Fördermaßnahme ist es, die Karriere qualifizierter Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in der klinischen und anwendungsorientierten Infektionsforschung gezielt zu fördern und die wissenschaftliche Basis in der Infektionsforschung in Deutschland zu stärken.

    Die Arbeiten wurden des Weiteren gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (Projekt VirBio, 01KI2106, Projekt SILVIR: 16GW0202, Projekt HepEDiaSeq 01EK2106A/B), vom Bundesministerium für Gesundheit (ZMVI1-2518FSB705), von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (398066876-GRK 2485/1) sowie vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Daniel Todt
    Arbeitsgruppe Computational Virology (Computergestützte Virologie)
    Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie
    Medizinische Fakultät
    Ruhr-Universität Bochum
    Tel.: +49 234 32 22463
    E-Mail: daniel.todt@ruhr-uni-bochum.de

    Dr. André Gömer
    Abteilung Medizinische und Molekulare Virologie
    Medizinische Fakultät
    Ruhr-Universität Bochum
    Tel.: +49 234 32 23183
    E-Mail: andre.goemer@ruhr-uni-bochum.de


    Originalpublikation:

    André Gömer, Mara Klöhn, Michelle Jagst et al.: Emergence of resistance-associated variants during sofosbuvir treatment in chronically infected hepatitis E patients, in: Hepatology, 2023, DOI: 10.1097/HEP.0000000000000514, https://journals.lww.com/hep/Abstract/9900/Emergence_of_resistance_associated_va...


    Weitere Informationen:

    p://Video zum Paper: https://vimeo.com/837889877


    Bilder

    Informatik und Medizin haben zu der Erkenntnis über die Mutation des Hepatitis-E-Virus geführt.
    Informatik und Medizin haben zu der Erkenntnis über die Mutation des Hepatitis-E-Virus geführt.

    © RUB, Marquard

    Daniel Todt, André Gömer, Eike Steinmann (hinten von links), Michelle Jagst (vorn links) und Mara Klöhn aus der Abteilung Medizinische und Molekulare Virologie der Ruhr-Universität
    Daniel Todt, André Gömer, Eike Steinmann (hinten von links), Michelle Jagst (vorn links) und Mara K ...

    © RUB, Marquard


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Informatik und Medizin haben zu der Erkenntnis über die Mutation des Hepatitis-E-Virus geführt.


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    Daniel Todt, André Gömer, Eike Steinmann (hinten von links), Michelle Jagst (vorn links) und Mara Klöhn aus der Abteilung Medizinische und Molekulare Virologie der Ruhr-Universität


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