idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
14.06.2004 14:10

Von der Locke bis zur Socke

S. Nicole Bongard Kommunikation und Medien
Klinikum der Universität München

    Die Möglichkeiten der Ganzkörper-Magnetresonanztomographie

    Die hitzig geführte öffentlich Diskussion über das Gesundheitswesen ist seit einiger Zeit geprägt durch emotional beladene Reizworte wie Praxisgebühr, Zuzahlungen der Patienten oder Erhöhung oder Senkung der Kassenbeiträge. Über diese tagesaktuellen Themen gerät leicht in Vergessenheit, dass sie eng verbunden sind mit einer allgemeinen Krise der sozialen Sicherungssysteme. Nahezu unbeeindruckt von diesen in Deutschland besonders deutlich spürbaren Tendenzen hat die biomedizinische und medizintechnische Forschung und Entwicklung gerade in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Sollen diese auch unter schwierigen gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen der Bevölkerung zugute kommen, so muss alles versucht werden, die Kosten für die medizinischen und pflegerischen Leistungen zu senken und gleichzeitig die Qualität zu verbessern.

    Die medizinischen Großgeräte werden zu unrecht als die wichtigsten Kostentreiber in der Krankenversorgung angesehen. Wenngleich die Anschaffungskosten für die einzelnen Geräte hoch sind, so ist doch nicht zu leugnen, dass erst durch die schnelle und schonende Diagnostik eine deutliche Verkürzung der Verweildauer der Patienten im Krankenhaus möglich wird. Bislang wurde, auch aus Kostengründen, die Diagnostik mit bildgebenden Verfahren auf das Organ oder das Organsystem beschränkt, das für die Erkrankung eines Patienten verantwortlich gemacht wurde. Dies hat nicht selten dazu geführt, dass im Laufe einer Behandlung weitere Untersuchungen notwendig wurden und sich so eine Kaskade von verschiedenen Untersuchungen ergab. Von den Patienten und Angehörigen wird das nicht selten als "Überdiagnostik" empfunden, hat aber in Wahrheit damit zu tun, dass ein gewissenhafter Arzt verpflichtet ist, sich ein umfassendes und ganzheitliches Bild über den ihm anvertrauten Patienten zu machen.

    Ein Durchbruch ist jetzt mit der Entwicklung eines neuen Magnetresonanztomographen gelungen. Aufgrund eines neuen Hard- und Softwarekonzeptes kann der ganze Patient in deutlich kürzerer Zeit als bisher untersucht werden - sozusagen von der "Locke bis zur Socke". Es beruht auf der sogenannten "total imaging matrix", ein System aus bis zu 76 Empfangselementen, die das Signal aus dem Körper gleichzeitig empfangen und verarbeiten können. Damit wird die Messdauer auf einen Bruchteil der bisher erforderlichen Zeit reduziert.

    Als eines der drei ersten Systeme weltweit wurde ein derartiges System kürzlich am Institut für Klinische Radiologie des Klinikums der Universität in Großhadern in Betrieb genommen. Die ersten Erfahrungen sind überaus positiv und haben die Erwartungen sogar bei weitem übertroffen.

    DIAGNOSTIK DER GEFÄßE UND DES HERZENS
    In einem Untersuchungsgang können die Arterien des ganzen Körpers detailgenau dargestellt werden. Die Arteriosklerose, nach wie vor die gefährlichste Zivilisationskrankheit, betrifft meist gleichzeitig mehrere Gefäßterritorien mit schwerwiegenden Folgen: die Herzkranzgefäße (Herzinfarkt), die das Gehirn versorgenden Gefäße des Halses (Schlaganfall), die Nierenarterien (Nierenversagen, Bluthochdruck), die Bauchschlagader (Aortenaneurysma) und die Arterien des Beckens und der Beine (Durchblutungsstörungen bis zur Amputation). Durch die Erkennung von Einengungen dieser Gefäße kann frühzeitig eine zielgerichtete Behandlung eingeleitet werden, ehe es zu den genannten, teilweise katastrophalen Folgen kommt (Abbildung 1).

    Veränderungen der Herzkranzgefäße können mit der Magnetresonanztomographie noch nicht mit ausreichender Sicherheit diagnostiziert werden. Sie führen aber zu einer verminderten Durchblutung des Herzmuskels und zu gestörten Bewegungsabläufen bei der Kontraktion des Herzens. Diese Veränderungen sind mit der MRT, ebenso wie abgelaufene, aber möglicherweise nicht bekannte, Herzinfarkte, genauer als mit allen anderen Diagnosemethoden zu erfassen.

    TUMORERKRANKUNGEN
    Die Prognose von Tumorerkrankungen wird entscheidend davon bestimmt, in welchem Stadium sie erkannt werden. Haben sie schon zu Symptomen geführt, so liegt meist bereits eine fortgeschrittene Erkrankung vor. Es kommt darauf an, die Früh- oder sogar Vorstadien der Tumoren zu erkennen. Andererseits ist es für die Planung einer Behandlung aber auch sehr wichtig, dass bei fortgeschrittenen Erkrankungsstadien möglicherweise vorhandene Metastasen, die in verschiedenen Organsystemen vorliegen können, genau und sicher festgestellt werden.

    Mit dem neuen Magnetresonanztomographen können in einem Untersuchungsgang Gehirn, Lunge, Bauch und Becken und das gesamte Skelettsystem dargestellt werden, so dass die Tumoren und deren Metastasen entdeckt werden (Abbildung 2). Eine spezielle Vorbereitung ist nur für die Untersuchung des Dickdarms erforderlich. Durch Medikamente und reichliche Flüssigkeitseinnahme muss der Dickdarm gereinigt werden. Bei der Untersuchung wird er dann über eine Sonde mit Flüssigkeit gefüllt. Die MRT-Daten können dann zu einer virtuellen Koloskopie "rekonstruiert werden", so dass man auf elektronischem Wege durch den Dickdarm "fliegen" kann, um dabei möglicherweise vorhandene Polypen oder Karzinome zu erkennen.

    Mit der MRT sind keine schädlichen Wirkungen für den menschlichen Körper verbunden. Sie basiert auf einem starken äußeren Magnetfeld und hochfrequenten elektromagnetischen Wellen. Vorsicht ist lediglich bei solchen Menschen geboten, die metallhaltige Fremdkörper (z.B. Herzschrittmacher, Gelenkprothesen etc.) in ihrem Körper haben.

    Der neue Magnetresonanztomograph scheint auch bestens für die Früherkennung von Erkran-kungen im Rahmen des sog. "Screenings" geeignet zu sein. So faszinierend und vielversprechend dies auch sein mag, ist doch eine sorgfältige Analyse der Ergebnisse und eine genaue medizinische Überwachung erforderlich.


    Weitere Informationen:

    http://www.klinikum.uni-muenchen.de


    Bilder

    Darstellung des gesamten Gefäßsystems. Hier können Verengungen gesehen werden, schon bevor sie Beschwerden machen
    Darstellung des gesamten Gefäßsystems. Hier können Verengungen gesehen werden, schon bevor sie Besch ...

    None

    Viele Krankheitsbilder sind nicht nur auf eine bestimmte Region lokalisiert, sondern breiten sich über den gesamten Körper aus. Es ist nun möglich in kurzer Zeit den gesamten Körper darzustellen
    Viele Krankheitsbilder sind nicht nur auf eine bestimmte Region lokalisiert, sondern breiten sich üb ...

    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Organisatorisches
    Deutsch


     

    Darstellung des gesamten Gefäßsystems. Hier können Verengungen gesehen werden, schon bevor sie Beschwerden machen


    Zum Download

    x

    Viele Krankheitsbilder sind nicht nur auf eine bestimmte Region lokalisiert, sondern breiten sich über den gesamten Körper aus. Es ist nun möglich in kurzer Zeit den gesamten Körper darzustellen


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).