Wissenschaftlerin der DHBW Karlsruhe forscht zu Qualitätsfaktoren und Begleiteffekten
Videos haben in den vergangenen Jahren eine immense Bedeutung für Lehre und Lernen gewonnen, sie sind aus Unterricht und privatem Alltag nicht mehr wegzudenken: Lehrende unterschiedlichster Fachrichtungen setzen Videos in Schulstunden, Vorlesungen oder Seminaren ein; Jugendliche und Studierende erarbeiten sich noch-nicht-Verstandenes mithilfe von YouTube-Videos; und vermutlich jede*r hat schon Tutorials genutzt, um situativ ein alltagsweltliches technisches Problem zu lösen. Zentrale Gründe für die Beliebtheit von Videos liegen in ihrer jederzeitigen Verfügbarkeit über Internetplattformen, in ihrer Kürze und darin, dass sie oft unterhaltsam sind und mühelos wahrgenommen werden. Aus didaktischer und wissenschaftlicher Sicht ergeben sich gerade aus diesen Aspekten interessante Fragestellungen:
Welche Herausforderungen entstehen für Lehrende und Lernende im Zusammenhang mit Lehr-Lern-Videos?
Welche Qualität haben frei zugängliche Videos, die über Suchmaschinen gefunden werden können? Welche Kriterien sind geeignet, um die Qualität objektiv zu ermessen? Und worauf sollte jemand achten, der selbst ein Lehr-Lern-Video erstellen will? Diese und weitere Fragen untersuchte Dr. Iris Wuttke-Hilke, Akademische Mitarbeiterin an der Fakultät Wirtschaft der DHBW Karlsruhe, in ihrem mehrjährigen wissenschaftlichen Promotionsprojekt, das Ende 2022 erfolgreich abgeschlossen wurde. Zu den Ergebnissen zählen ein detaillierter Kriterienkatalog, ein umfangreiches Modell zu affektiven und kognitiven Elementen von Videos und ein Leitfaden.
Stärken und Vorteile von Lehr-Lern-Videos
Videos weisen spezielle Stärken und Vorteile auf; sie bieten z.B. die Erklärung von Handlungsverläufen, Prozessen, Experimenten und Choreographien, ermöglichen individuelle Navigation inklusive Pausen und lassen sich zügig in andere Sprachen übertragen. Im Forschungsprojekt zeigte sich, dass auch auf allgemein zugänglichen Videoplattformen didaktisch und inhaltlich hochwertige Lehrvideos zu unterschiedlichsten Themen zu finden sind. Genauso eindeutig hatten die Wissenschaftlerin und ihre Forschungsassistentin allerdings auch problematische Aspekte zu verzeichnen.
Risikofaktoren beim Lernen mit Videos
Gerne unterschätzt: Fehler-und-Fake-Gefahr! Die Veröffentlichung von Videos erfolgt oft durch Privatpersonen über Plattformen ohne Kontrollinstanzen. Und gerade realweltliche Videoaufnahmen wirken automatisch erstmal echt und glaubwürdig. Doch ist das, was im Video vermittelt wird, tatsächlich korrekt? Wenn Hinweise zur Expertise der erklärenden Personen fehlen oder auf Quellenangaben zu den Inhalten verzichtet wurde, können Zuschauer*innen die Richtigkeit kaum überprüfen oder beurteilen – zumal sie i.d.R. einen geringeren Wissensstand zum jeweiligen Thema haben als die Ersteller*innen der Videos. Diese Tatsache und eine gewisse Tendenz zur Entspanntheit beim Ansehen bewegter Bilder bringen das hohe Risiko mit sich, dass fehlerhafte Inhalte fälschlicherweise für wahr gehalten und weiterverbreitet werden.
Ebenso problematisch: Oberflächlichkeits-Gefahr! Videos bilden aufgrund ihrer Kürze von wenigen Minuten immer nur einen kleinen Teil eines Themas ab; dies täuscht Einfachheit vor und verhindert oder erschwert eine reflektierte und vertiefte Auseinandersetzung. Gerade komplexeren Themen – wie z.B. umweltbezogenen Verflechtungen und der Abschätzung von Technikfolgen – werden solche Reduktionen nicht gerecht.
Kritische Auseinandersetzung
Die kritische Auseinandersetzung mit Themen sowie dialogische, vertiefende Diskussionen bilden nach derzeitigem Forschungsstand wichtige Grundlagen, um Gesehenes anhand vorheriger Wissensstände einzuordnen und um etwaige Fehlinformationen und Oberflächlichkeiten zu entlarven und ihnen entgegenzuwirken. „Die Reflexionsbereitschaft und die Reflexionsfähigkeit der Lernenden im Umgang mit Videos bewusst zu trainieren, ist zentral. Hierfür hat der persönliche Austausch zwischen geschulten Lehrpersonen und Gruppen von Lernenden erfahrungsgemäß eine hohe Bedeutung“, ergänzen die Forscherinnen. „Das Bewusstsein, den Raum und die Gelegenheiten für solche Präsenzbegegnungen zu erhalten oder zu erschaffen, ist – gerade als Gegengewicht zu vielen Digitalisierungsmaßnahmen – nicht nur eine didaktische, sondern auch eine gesellschaftliche Aufgabe.“
Zudem werden die aktuellen Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz ganz sicher für weiteren Forschungs- und Sensibilisierungsbedarf zu audiovisuellen Lehr-Lern-Medien sorgen.
Dr. Iris Wuttke-Hilke
Akademische Mitarbeiterin
Fakultät Wirtschaft / CDI
Tel.: 0721 / 9735 983 (Mo/Di)
Mail: iris.wuttke-hilke@dhbw-karlsruhe.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Pädagogik / Bildung
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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