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04.07.2023 10:27

Jeder sagt anders „ähm“

Peter Kuntz Kommunikation & Marketing
Universität Trier

    Eine Studie der Universität Trier hat herausgefunden, dass sich Personen anhand von Füllwörtern und anderer Verzögerungsphänomene identifizieren lassen.

    „Äh“, „ähm“ oder „mh“ – solche Füllwörter verwenden wir beim Sprechen, wenn wir kurz nicht mehr weiterwissen oder noch überlegen müssen, was wir sagen wollen. Dass sprachliches Verzögerungsverhalten sehr individuell ist, zeigen Phonetikerinnen der Universität Trier in einer kürzlich veröffentlichten Studie. Dieses neue Wissen zum sogenannten Häsitationsverhalten könnte auch helfen, mutmaßliche Täterinnen oder Täter zu überführen.
    „Sprechen funktioniert zwar nicht wie ein Fingerabdruck, aber Menschen haben dennoch individuelle sprachliche Merkmale und Muster, anhand derer sie sich identifizieren lassen“, erklärt Prof. Dr. Angelika Braun. Dass dazu auch das Häsitationsverhalten gehört, ist eine Erkenntnis, die einer Studie unter ihrer Leitung zu verdanken ist. Bisher haben wissenschaftliche Arbeiten eher Unterschiede zwischen Sprachen als zwischen Individuen in den Fokus genommen. Zum Häsitationsverhalten zählen beispielsweise auch sprachliche Pausen, das Wiederholen von Wörtern oder das Langziehen von Lauten.
    „Fast jeder benutzt beispielsweise das Füllwort 'äh'. Wie häufig wir es verwenden, ob wir es mit noch anderen Lauten verbinden oder es in die Länge ziehen, ist jedoch verschieden“, sagt Master-Studentin Nathalie Elsässer. Für die Studie hat sie mit ihren Kommilitoninnen Vivien Meyer und Melissa Hildebrand in mehreren hundert Stunden Arbeit Tonaufnahmen von acht Probandinnen analysiert und die statische Auswertung vorbereitet. Bei der Analyse kam ein neues statistisches Verfahren zum Einsatz. Die Mathematikerin Lea Willems hatte es für ihre Doktorarbeit an der Professur für Mathematische Stochastik entwickelt.
    „Tonaufnahmen von acht Sprecherinnen klingt zwar nicht viel, aber für diese Art von Forschung ist eine solche Zahl beachtlich. Von jeder Versuchsperson haben wir viele Minuten Material und Tausende 'ähs' und 'ähms' ausgewertet“, ordnet Phonetik-Professorin Braun ein. Die Tonaufnahmen der Probandinnen waren jeweils bei drei Terminen mit einem zeitlichen Abstand von mindestens einer Woche entstanden. Auf dieser Basis können die Wissenschaftlerinnen beweisen, dass das individuelle sprachliche Verzögerungsverhalten auch über einen längeren Zeitraum relativ konstant bleibt. „Wir hatten bewusst bei der Studie nur Tonaufnahmen von weiblichen Personen herangezogen, um mögliche Effekte des Geschlechts auszuschließen. Es gibt aber keinen Grund zur Annahme, dass das Häsitationsverhalten bei Männern grundlegend anders ist“, so Angelika Braun.
    Die Ergebnisse der Studie könnten auch im Zusammenhang mit Strafverfahren relevant werden. Professorin Angelika Braun hatte als Sachverständige bereits bei vielen Gerichtsprozessen und Ermittlungsverfahren mitgewirkt und geholfen, Täter durch Tonaufnahmen und die individuellen sprachlichen Muster zu identifizieren. Die Forensik gehört zu einem der Schwerpunkte der Forschung und Lehre der Phonetik an der Universität Trier.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Angelika Braun
    Phonetik
    Mail: brauna@uni-trier.de
    Tel. +49 651 201-2255


    Originalpublikation:

    Braun, Angelika; Elsässer, Nathalie; Willems, Lea, Disfluencies Revisited—Are They Speaker-Specific? in: Languages Nr. 8 (2023). https://doi.org/10.3390/languages8030155


    Bilder

    Die Nachwuchswissenschaftlerinnen Nathalie Elsässer und Melissa Hildebrand haben für die Studie stundenlang angehört, was Personen machen, wenn sie sprachlich ins Stocken kommen.
    Die Nachwuchswissenschaftlerinnen Nathalie Elsässer und Melissa Hildebrand haben für die Studie stun ...
    Universität Trier
    Universität Trier


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Die Nachwuchswissenschaftlerinnen Nathalie Elsässer und Melissa Hildebrand haben für die Studie stundenlang angehört, was Personen machen, wenn sie sprachlich ins Stocken kommen.


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