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05.07.2023 13:30

Männerhumor ist anders

Gunnar Bartsch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Wie reagieren Männer auf Witze, die sich über sie lustig machen? Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten Würzburg und Kaiserslautern-Landau untersucht. Das Ergebnis hat auch sie überrascht.

    „Kommt eine Blondine an eine Tankstelle …“ Witze dieser Art gibt es viele – eine Google-Suche nach „Blondinenwitze“ erbringt jedenfalls rund 230.000 Treffer. Dass Frauen sich darüber amüsieren, ist eher unwahrscheinlich. Bei dieser Art von Humor scheint es sich um eine Männerdomäne zu handeln.

    Wie aber verhält sich die Angelegenheit im umgedrehten Fall, wenn also Männer zum Ziel von Spott und Hohn werden? Das hat die Psychologin Dr. Silvana Weber gemeinsam mit Dr. Sven Kachel (Universität Kaiserslautern-Landau) untersucht. Weber ist seit April 2017 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Kommunikationspsychologie und Neue Medien der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU); die mediale Repräsentation von Gender und Diversity sowie die Auswirkungen medialer Kommunikation von Stereotypen bilden Schwerpunkte ihrer Forschung.

    Witze bedrohen die Männlichkeit

    Für ihr aktuelles Projekt hat die Psychologin in einer Reihe von Experimenten Männer und Frauen verschiedene Witze anhören lassen und anschließend deren Reaktionen erfasst. „Uns hat vor allem interessiert, ob männerverachtende Witze eine Bedrohung der Männlichkeit hervorrufen können“, erklärt Weber. Diese Bedrohung ist eng mit der Theorie der prekären Männlichkeit verbunden, die besagt, dass Männlichkeit schwer zu erreichen und leicht zu verlieren ist und ständig unter Beweis gestellt werden muss.

    Das Ergebnis der Studie lässt diesen Schluss allerdings nicht zu: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass zwar frauenverachtende Witze von Frauen als Bedrohung empfunden werden, insbesondere wenn sie von einem männlichen Sprecher erzählt werden“, sagt die Psychologin. Bei Männern zeige sich dieser Effekt allerdings nicht – nicht einmal dann, wenn der Witz von einer Frau erzählt werde.

    „Offensichtlich stellen männerverachtende Witze für Männer keine Bedrohung dar, unabhängig davon, wer sie erzählt“, so Weber. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass Männer prinzipiell einen höheren Status und größere Macht in der Gesellschaft besitzen und sich deshalb von einem Witz nicht in ihrem Status bedroht sehen.

    Wie die Studie abgelaufen ist

    Insgesamt 20 verschiedene Witze bekamen die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer zu hören. Diese ließen sich fünf Kategorien zuordnen:

    Neutrale Witze wie etwa: „Wie bekommt man einen Elefanten in einen Kühlschrank? Kühlschranktür auf, Elefant rein, Kühlschranktür zu.“

    Männerverachtende Witze, die sich auf männliche Stereotype beziehen: „Warum jammern kleine Jungs rum? Sie bereiten sich schon mal auf das Mann-Sein vor.“

    Männerverachtende Witze ohne Bezug auf männliche Stereotype: „Wie nennt man einen Mann mit nur einer Gehirnhälfte? Hochbegabt.“

    Frauen verunglimpfende Witze mit Bezug auf weibliche Stereotype: „Warum ist es eine schlechte Idee, Siri danach zu fragen, was Frauen eigentlich wollen? Weil sie schon seit zwei Tagen ununterbrochen redet.“

    Frauenverachtende Witze ohne Bezug auf weibliche Stereotype, wie etwa: „Wie nennt man eine Frau mit einer eigenen Meinung? Im Irrtum.“

    Vorgetragen wurden diese Witze von jeweils sechs semiprofessionellen Sprecherinnen und Sprechern. Die Aufnahmen wurden im Tonstudio des Dr. Herbert Brause-Medienkompetenzzentrum der Universität Würzburg gemacht und anschließend professionell bearbeitet, so dass sich die Witze nur in einem Faktor unterschieden: dem stimmlichen Geschlecht des Witze-Erzählenden.

    Frauen finden Witze prinzipiell weniger lustig

    In einer ersten Runde mit insgesamt 198 Teilnehmenden, 74 davon weiblich, bekamen diese 20 Witze in zufälliger Reihenfolge zu hören. Innerhalb jeder Kategorie hörten sie zwei Witze, die von einer Sprecherin, und zwei Witze, die von einem Sprecher erzählt wurden.

    „Dabei wurde unsere Hypothese bestätigt, dass Frauen Witze im Allgemeinen weniger lustig finden als Männer“, sagt Silvana Weber. Darüber hinaus bewerteten Frauen weiblich-abwertende Witze als weniger lustig im Vergleich zu männlich-abwertenden oder neutralen Witzen, während es bei den männlichen Teilnehmern keinen solchen Unterschied gab.

    Außerdem bewerteten Frauen frauendiskriminierende Witze stärker diskriminierend, wenn sie von einem Mann vorgetragen wurden. Dies war im umgekehrten Fall bei den männlichen Studienteilnehmern nicht der Fall.

    Männer reagieren anders als Frauen

    In einer zweiten Runde mit insgesamt 226 ausschließlich männlichen Teilnehmern gingen Weber und ihr Team der Frage nach, ob männerverachtende Witze bei Zuhörern das Gefühl auslösen, ihre Männlichkeit könne bedroht sein, und sie dazu animieren, ihre Männlichkeit „wiederherzustellen“. „Eine unserer Hypothesen war, dass Männer in diesem Fall stärkere Abwertungstendenzen und mehr Wut zeigen würden, wenn die Witze von einer Frau erzählt werden“, so die Psychologin.

    Tatsächlich ließen sich in diesem Experiment keine der zuvor aufgestellten Hypothesen bestätigen: Weder der Inhalt der Witze noch das Geschlecht des Erzählenden oder deren Wechselwirkung hatten einen Einfluss auf die Reaktion der Studienteilnehmer. „Das spricht dafür, dass Männer auf geschlechtsdiskriminierenden Humor nicht in gleicher Weise reagieren wie Frauen“.

    Momentan sind diese Ergebnisse allerdings noch vorläufig. Weber und ihr Team arbeiten derzeit an einer Publikation. Um mögliche Bedrohungseffekte von geschlechterdiskriminierendem Humor bei Frauen und Männern näher zu untersuchen, planen sie außerdem weitere Studien mit dem im Rahmen dieses Projekts erstellten Material.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Silvana Weber, Lehrstuhl für Kommunikationspsychologie und Neue Medien, silvana.weber@uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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