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19.07.2023 15:39

Erhöhter Blutzuckerspiegel/Diabetes mellitus - Auch an seltene hormonelle Erkrankungen als Ursache denken

Michaela Richter Pressestelle
Deutsche Diabetes Gesellschaft

    Ein dauerhaft zu hoher Blutzuckerspiegel wird als Zuckerkrankheit, Hyperglykämie oder Diabetes mellitus bezeichnet. Dahinter steckt in 90 Prozent der Fälle eine Erkrankung an Typ-2-Diabetes. Weitere etwa 5 bis 10 Prozent der Betroffenen leiden an Typ-1-Diabetes, der autoimmun bedingten Form der Zuckerkrankheit mit Zerstörung der Insulin-produzierenden Zellen. In selteneren Fällen können jedoch auch andere Ursachen, wie etwa hormonelle Erkrankungen, der Grund sein: Bleiben Akromegalie, Cushing-Syndrom oder Phäochromozytom lange unbehandelt, drohen schwere gesundheitliche Folgen bis zum Tod.

    Diabetes mellitus ist ein Überbegriff für verschiedene Erkrankungen des Stoffwechsels. Allen gemeinsam ist, dass sie zu erhöhten Blutzuckerwerten führen. Die häufigste Ursache der Zuckerkrankheit ist eine verminderte Wirkung von Insulin, eine sogenannte Insulinresistenz. „Dann spricht man von Typ-2-Diabetes“, sagt Professor Dr. med. Stephan Petersenn von der ENDOC Praxis für Endokrinologie und Andrologie in Hamburg und Pressesprecher der DGE. Er entsteht meist bei entsprechender erblicher Veranlagung in Kombination mit einem ungesunden Lebensstil – zu hoher Kalorienaufnahme, wenig Bewegung und Übergewicht. Ein Mangel am Hormon Insulin wiederum liegt bei Typ-1-Diabetes vor.

    Auch bei seltenen Hormonstörungen kann der Blutzuckerspiegel erhöht sein
    „Eine Hyperglykämie kann jedoch auch bei verschiedenen anderen Hormonstörungen auftreten“, so der Endokrinologe, „etwa wenn der Körper unphysiologisch hohe Konzentrationen von Adrenalin, Cortisol, Glukagon oder Wachstumshormon ausschüttet.“ Die Zuckerkrankheit ist dann Folge anderer Hormonimbalanzen. „Sie bedarf deshalb auch einer ganz anderen Therapie“, sagt Petersenn. „Diese Krankheiten sind jedoch selten, sodass sie leider zunächst oft übersehen werden.“

    Hyperglykämie kann ein Symptom für Akromegalie und zu viel Cortisol im Blut sein
    Um so wichtiger sei es, bei erhöhtem Blutzuckerspiegel auf weitere Symptome zu achten und gegebenenfalls eine zusätzliche Diagnostik einzuleiten. Sind etwa noch Kopfschmerzen, Herzrasen und Schweißausbrüche, meist verbunden mit Bluthochdruck, vorhanden, könnten sie ein Hinweis auf Tumoren des Nebennierenmarks (Phäochromozytom) sein. Zeigen sich neben dem Diabetes mellitus noch Bluthochdruck, passen Ringe und Schuhe plötzlich nicht mehr, bilden sich Zahnlücken und treten Gelenks- und Knochenschmerzen auf, liegt möglicherweise ein Überschuss des Wachstumshormons vor. Die sogenannte Akromegalie hat ihre Ursache in einem hormonproduzierenden Tumor der Hirnanhangsdrüse. Sie entwickelt sich oft schleichend im Erwachsenenalter und kann aber im späteren Verlauf tödliche Komplikationen entwickeln.
    Auch zu viel Cortisol, gleich, ob durch eine Therapie mit Cortison-Präparaten oder durch eine gesteigerte Cortisol-Ausschüttung bei verschiedenen Tumoren, führt zu einer Hyperglykämie. Sie ist dann begleitet von einer Adipositas des Rumpfes, Muskel- und Knochenschwund sowie Bluthochdruck.

    Nicht alle Menschen mit Diabetes mellitus haben Typ-1- oder Typ-2-Diabetes
    „Erkrankungen des Hormonsystems sind zwar seltene Ursachen einer Hyperglykämie – aufgrund ihrer Schwere sollte bei der Abklärung eines Diabetes mellitus aber auch an sie gedacht werden“, so Petersenn. Das helfe, diese Erkrankung bereits früher zu diagnostizieren und auch die begleitende Zuckerstoffwechselstörung an ihrer Wurzel zu packen. „Diabetes mellitus oder Hyperglykämie sind eben ein Symptom und die Ursache hierfür muss abgeklärt werden. Lang nicht alle Menschen mit Diabetes mellitus passen in das Steckbriefraster Typ-1- oder Typ-2-Diabetes“, fasst Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Pressesprecher der DDG aus Tübingen und Stellvertretender Direktor, Department Innere Medizin, am Universitätsklinikum Tübingen zusammen.

    Zum Weiterlesen:
    Definition, Classification and Diagnosis of Diabetes Mellitus. Schleicher E, Gerdes C, Petersmann A, Müller-Wieland D, Müller UA, Freckmann G, Heinemann L, Nauck M, Landgraf R. Exp Clin Endocrinol Diabetes. 2022; 130(S 01): S1-S8.

    Consensus on diagnosis and management of Cushing’s disease: a guideline update. Fleseriu M, Auchus R, Bancos I, Ben-Shlomo A, Bertherat J, Biermasz NR, Boguszewski CL, Bronstein MD, Buchfelder M, Carmichael JD, Casanueva FF, Castinetti F, Chanson P, Findling J, Gadelha M, Geer EB, Giustina A, Grossman A, Gurnell M, Ho K, Ioachimescu AG, Kaiser UB, Karavitaki N, Katznelson L, Kelly DF, Lacroix A, McCormack A, Melmed S, Molitch M, Mortini P, Newell-Price J, Nieman L, Pereira AM, Petersenn S, Pivonello R, Raff H, Reincke M, Salvatori R, Scaroni C, Shimon I, Stratakis CA, Swearingen B, Tabarin A, Takahashi Y, Theodoropoulou M, Tsagarakis S, Valassi E, Varlamov EV, Vila G, Wass J, Webb SM, Zatelli MC, Biller BMK. Lancet Diabetes Endocrinol. 2021;9(12):847-875.

    A Consensus on the Diagnosis and Treatment of Acromegaly Comorbidities: An Update. Giustina A, Barkan A, Beckers A, Biermasz N, Biller BMK, Boguszewski C, Bolanowski M, Bonert V, Bronstein MD, Casanueva FF, Clemmons D, Colao A, Ferone D, Fleseriu M, Frara S, Gadelha MR, Ghigo E, Gurnell M, Heaney AP, Ho K, Ioachimescu A, Katznelson L, Kelestimur F, Kopchick J, Krsek M, Lamberts S, Losa M, Luger A, Maffei P, Marazuela M, Mazziotti G, Mercado M, Mortini P, Neggers S, Pereira AM, Petersenn S, Puig-Domingo M, Salvatori R, Shimon I, Strasburger C, Tsagarakis S, van der Lely AJ, Wass J, Zatelli MC, Melmed S. J Clin Endocrinol Metab. 2020;105(4):dgz096

    Pheochromocytoma: current diagnostics and treatment. Quinkler M, Fassnacht M, Petersenn S, Reisch N, Willenberg HS, Diederich S. MMW Fortschr Med. 2010;152(7):36-38.

    Interessenkonflikte:
    Professor Dr. med. Stephan Petersenn hat für die Firmen HRA-Pharma, Novo Nordisk, Pfizer und Recordati an Advisory Boards teilgenommen und/oder Vorträge bei Workshops gehalten.
    Professor Dr. med. Baptist Gallwitz gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

    Kontakt für Rückfragen:
    Dr. Adelheid Liebendörfer/Katharina Kusserow
    Pressestelle DDG/DGE
    Postfach 30 11 20
    70451 Stuttgart
    Tel.: 0711 8931-173/-703
    Fax: 0711 8931-167
    liebendoerfer@medizinkommunikation.org
    kusserow@medizinkommunikation.org
    www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de
    www.endokrinologie.net


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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