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02.08.2023 11:47

Entwicklung von Viren zur Bekämpfung bakterieller Infektionen

Michael Hesse Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie

    Multiresistente bakterielle Infektionen sind eines der gravierendsten Probleme in der Medizin, eine Situation, die sich in den kommenden Jahrzehnten nur noch verschlimmern dürfte. Das Problem wird nicht nur durch die Entwicklung neuer Antibiotika angegangen, sondern auch durch die Erforschung von Antibiotika-Alternativen, wie zum Beispiel Phagen. Dazu gehört auch die Forschungsgruppe Mikrobielle Molekulare Evolution am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön.

    Es hat sich gezeigt, dass Phagen - Viren, die nur Bakterien infizieren können - einige bakterielle Infektionen sehr wirksam bekämpfen. Über den langfristigen Erfolg der meisten Phagentherapien ist jedoch nur wenig bekannt. Eine erfolgreiche Phagentherapie muss vor allem garantieren, dass die Bakterien gegen eine Phagenbehandlung nicht resistent werden können, oder, dass die Phagen eine solche Resistenz überwinden können. In ihrer kürzlich veröffentlichten Arbeit zeigen Forscher des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie, dass eine bestimmte E. coli-Art leicht gegen den Phagen ΦX174 resistent werden kann. Die Forscher zeigen, dass diese Resistenz durch ΦX174 in bestimmten Evolutionsexperimenten überwunden werden kann. Die Forschungsergebnisse können also dabei helfen, die Entwicklung der bakteriellen Resistenz gegen Phageninfektionen besser zu verstehen, und Phagen zu entwickeln die diese Resistenz überwinden können. Damit sollte es einfacher sein in der Zukunft effizientere Phagentherapien zu entwickeln.

    Vorhersage der Resistenzentwicklung durch Experimente
    Bakterien entwickeln schnell Resistenzen, wenn sie mit einer Bedrohung konfrontiert werden, sei es durch ein Antibiotikum oder eine Phagenbehandlung. Die Art der Bedrohung bestimmt die Art der Resistenz, die die Bakterien entwickeln. In einer Reihe von Experimenten zeigte die Gruppe unter der Leitung von Dr. Frederic Bertels, dass das E. coli Bakterium gegen eine ΦX174-Infektion resistent wird, indem es seine äußeren Membranmoleküle - Lipopolysaccharide (LPS) - verändert. Sobald sich die äußere Membran von E. coli verändert, können sich die Phagen nicht mehr an die Membran anlagern und somit das Bakterium nicht mehr infizieren. Die Sequenzierung des Genoms und die Phänotypisierung der evolvierten Bakterien zeigten, dass es eine große Vielfalt an LPS-Varianten gibt, die eine Infektion durch Wildtyp-Phagen verhindern.

    Überwindung der Phagenresistenz
    Damit Phagentherapeutika wirksam sein können, muss die bakterielle Phagenresistenz überwunden werden. Im Gegensatz zu Antibiotika, bei denen die Resistenz in der Regel durch eine Erhöhung der Antibiotikadosis oder einen Wechsel des Antibiotikums überwunden wird, können sich Phagen selbst so entwickeln, dass sie resistente Bakterien infizieren. Die Forschenden zeigen, dass einige Arten von Resistenzen im Laufe von nur wenigen Phagengenerationen überwunden werden können ("leichte" resistente Bakterienstämme). Andere "schwere" resistente Stämme können nur durch die Rekombination von Phagen infiziert werden, die sich zur Infektion von leicht resistenten Bakterien entwickelt haben.

    Evolutionäre Perspektiven der Phagentherapie
    Derartige Evolutionsexperimente helfen in Zukunft evolutionssichere Therapien zu entwickeln: Therapien gegen die Bakterien nicht resistent werden können. Anstatt immer wieder neue und unbekannte Phagen zu isolieren sollten auch gut untersuchte Phagenmodellsysteme weiterentwickelt werden, um gefährliche bakterielle Krankheitserreger zu infizieren. Modelsysteme sind wesentlich Zeit und Kosteneffizienter, da für diese nicht zusätzliche Sicherheitsstudien durchgeführt werden müssen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Frederic Bertels
    Forschungsgruppenleiter
    Forschungsgruppe Mikrobielle Molekulare Evolution
    Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie


    Originalpublikation:

    https://academic.oup.com/mbe/article/40/7/msad154/7217154


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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