Für die Verwirklichung eines unerfüllten Kinderwunsches stehen Verfahren der Fortpflanzungsmedizin zur Verfügung, die sich seit der Verabschiedung des Embryonenschutzgesetzes 1990 stetig weiterentwickelt haben. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob eine Novellierung des Embryonenschutzgesetzes oder gar ein gänzlich neues Fortpflanzungsmedizingesetz notwendig sind. Nicht nur in Fachkreisen werden Chancen und Risiken der Fortpflanzungsmedizin diskutiert, auch in der Gesellschaft gibt es klare Positionen und Gesprächsbedarf zu Themen wie künstlicher Befruchtung, Eizellspende oder Leihmutterschaft.
Das heute veröffentlichte Diskussionspapier „Ein öffentlicher Dialog zur Fortpflanzungsmedizin“ von der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) wertet ein gemeinsam durchgeführtes Dialogprojekt aus, das Interessierte an der Fortpflanzungsmedizin in einem öffentlichen Online-Diskussionsraum ins Gespräch brachte.
Vom 15. Dezember 2021 bis zum 31. Januar 2022 stand der von der Leopoldina und der KAS eingerichtete Online-Diskussionsraum allen Interessierten für Beiträge und Kommentare offen. Das Projekt hat Nichtfachleute und Betroffene über eine öffentliche Plattform in einen Austausch über Fragen, Interessen, Bedürfnisse und Werthaltungen gebracht. Die insgesamt über 1.500 Wortmeldungen wurden im Nachgang gesichtet und anhand der Argumentationslinien ausgewertet.
Das Diskussionspapier stellt die Hauptaussagen des Online-Forums gegenüber und gibt einen nicht-repräsentativen Überblick über Werthaltungen in der Gesellschaft zum Thema Embryonenschutz. Kontrovers diskutiert wurde beispielsweise der in vielen Ländern bereits erlaubte „elective Single Embryo Transfer" (eSET), der zwar Mehrlingsschwangerschaften vermeidet, die für Mutter und Kind(er) risikoreich sind, jedoch eine Auswahl der in vitro entstandenen Embryonen voraussetzt. Auch Fragen der altruistischen oder kommerziellen Leihmutterschaft und religiöse Vorbehalte wurden diskutiert. Zum Thema Eizellspende gibt das Diskussionspapier einen detaillierten Einblick in die Debatte und stellt differenziert die Hoffnungen, Befürchtungen, religiösen und moralischen Ansichten von Befürwortern und Kritikern vor.
Die Autorinnen und Autoren der Veröffentlichung stellen insgesamt auch ein großes Diskussions- und Informationsbedürfnis der Teilnehmenden fest. Der Austausch auf der Diskussionsplattform offenbarte, dass viele Meinungen zwar fest verankert aber Fakten aus der Fortpflanzungsmedizin nicht immer hinreichend bekannt sind, so die Fachleute. Somit wären intensive Informations- und Aufklärungsmaßnahmen nötig, sollten breite Teile der Gesellschaft in die Debatte um die Novellierung des Embryonenschutzgesetzes einbezogen werden. Das Diskussionspapier ist auf der Website der Leopoldina veröffentlicht: www.leopoldina.org/oeffentlicher-dialog-fortpflanzungsmedizin
Weitere Informationen zu den Empfehlungen der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina zur Fortpflanzungsmedizin und Embryonenforschung sind in den Stellungnahmen „Fortpflanzungsmedizin in Deutschland – für eine zeitgemäße Gesetzgebung“ (2019) und „Neubewertung des Schutzes von In-vitro-Embryonen in Deutschland“ (2021) zu finden.
Publikationen in der Reihe „Leopoldina-Diskussion“ sind Beiträge der genannten Autorinnen und Autoren. Mit den Diskussionspapieren bietet die Akademie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit, flexibel und ohne einen formellen Arbeitsgruppen-Prozess Denkanstöße zu geben oder Diskurse anzuregen und hierfür auch Empfehlungen zu formulieren.
Über die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina:
Als Nationale Akademie der Wissenschaften leistet die Leopoldina unabhängige wissenschaftsbasierte Politikberatung zu gesellschaftlich relevanten Fragen. Dazu erarbeitet die Akademie interdisziplinäre Stellungnahmen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. In diesen Veröffentlichungen werden Handlungsoptionen aufgezeigt, zu entscheiden ist Aufgabe der demokratisch legitimierten Politik. Die Expertinnen und Experten, die Stellungnahmen verfassen, arbeiten ehrenamtlich und ergebnisoffen. Die Leopoldina vertritt die deutsche Wissenschaft in internationalen Gremien, unter anderem bei der wissenschaftsbasierten Beratung der jährlichen G7- und G20-Gipfel. Sie hat rund 1.700 Mitglieder aus mehr als 30 Ländern und vereinigt Expertise aus nahezu allen Forschungsbereichen. Sie wurde 1652 gegründet und 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Die Leopoldina ist als unabhängige Wissenschaftsakademie dem Gemeinwohl verpflichtet.
Über die Konrad-Adenauer-Stiftung:
Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist eine politische Stiftung, die bundesweit in 18 Politischen Bildungsforen und Regionalbüros und weltweit mit über 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv ist. Sie hat ihren Sitz in Berlin und in Sankt Augustin bei Bonn. National und international setzt sich die Stiftung durch politische Bildung für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit ein. Die Festigung der Demokratie, die Förderung der europäischen Einigung, die Intensivierung der transatlantischen Beziehungen und die entwicklungspolitische Zusammenarbeit sind besondere Anliegen der Stiftung.
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Dr. Jochen Blind
Pressesprecher und Leiter Medienzentrum
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Gesellschaft, Medizin, Politik, Recht
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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