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18.06.2004 15:59

Für den Erfolg im Kampf gegen den Krebs - Georg Heberer Award geht an LMU-Medizinerin

Luise Dirscherl Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    München, 18. Juni 2004 - Dr. Evelyn Hartmann, Ärztin der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde am Klinikum der Universität München, hat den Georg Heberer Award 2004 für den Nachweis spezieller Immunzellen in menschlichem Tumorgewebe erhalten. Diese Entdeckung ist ein wichtiger Schritt im Verständnis der Interaktion zwischen Tumoren und dem Immunsystem. Der von der US-amerikanischen Chiles Foundation, Portland, Oregon, gestiftete Preis wurde am heutigen Freitag im Rahmen des 532. Stiftungsfestes der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München verliehen. Der Georg Heberer Award ist mit 25.000 US-Dollar die derzeit höchstdotierte Auszeichnung für Chirurgische Forschung in Deutschland und wird für herausragende Arbeiten auf diesem Gebiet verliehen.

    Dr. Evelyn Hartmann gelang zusammen mit ihrem Ehemann PD Dr. Gunther Hartmann aus der Abteilung für Klinische Pharmakologie am Klinikum der Universität München und weiteren Kollegen erstmals der Nachweis der so genannten plasmazytoiden dendritischen Zellen in menschlichem Tumorgewebe (Cancer Research 63, 6478-6487, October 1, 2003). Diese hoch spezialisierten Immunzellen üben eine Wächterfunktion gegenüber Virusinfektionen aus. Die erstmals vor fünf Jahren beschriebenen plasmazytoiden dendritischen Zellen können Viren anhand bestimmter Merkmale der viralen Erbsubstanz erkennen. Wird ein Virus identifiziert, produzieren die Zellen große Mengen Interferon-alpha. In der Medizin besitzt dieser antivirale Botenstoff nicht nur große Bedeutung bei der Therapie von Virusinfektionen der Leber bei Hepatitis B und C, sondern auch bei der Behandlung bestimmter Tumorerkrankungen. Mit dem Nachweis von plasmazytoiden dendritischen Zellen im Tumorgewebe haben die Forscher die Grundlage für eine neue Form der Krebstherapie geschaffen, die auf die Aktivierung dieser Immunzellen im Tumorgewebe abzielt.

    Im Tumorgewebe befinden sich die plasmazytoiden dendritischen Zellen in einem nicht aktiven Zustand, weil in der Regel keine Infektion vorliegt. Mit speziellen kurzen Nukleinsäuremolekülen ist aber eine Aktivierung möglich. Diese so genannten CpG-Oligonukleotide haben schon eine lange Karriere als potentiell potente Immunstimulantien hinter sich. In den 1890er Jahren bemerkte der New Yorker Knochenchirurg William B. Coley, dass ein Krebspatient, der gleichzeitig an einer Hautinfektion litt, wieder genas. Coley schrieb die Heilung von der Tumorerkrankung den Erregern zu und behandelte in den Folgejahren fast 900 Krebspatienten mit "ColeyŽs Toxin", einer groben Mischung aus bakteriellen Bestandteilen - wobei nach seinen Angaben etwa 40 Prozent wieder genesen sein sollen.

    Erst um 1980 wurde gezeigt, dass die immunstimulierende Wirkung auf die bakterielle Erbsubstanz zurückzuführen ist, und zwar auf Abschnitte in der Erbsubstanz DNA, die vor allem aus zwei ihrer vier Bausteine bestehen, die so genannten CpG-Inseln. Entsprechende Sequenzen der Erbsubstanz in menschlichen Zellen sind stark methyliert, also chemisch verändert. Dringen Bakterien in den Körper ein, erkennt das Immunsystem sie unter anderem aufgrund der nichtmethylierten DNA als fremd. Selbst die nackte Erbsubstanz kann eine starke Immunantwort hervorrufen. Forscher setzen in vielen Bereichen Hoffnung auf die immunstimulierende Wirkung der CpG-Oligonukleotide, etwa bei der Entwicklung neuer Impfstoffe und der Behandlung von Allergien oder eben auch von Krebs.

    Über kleine Abwandlungen in der DNA-Sequenz der CpG-Oligonukleotide erreichen manche Forscher ein "Feintuning" der Therapie: Je nach Abfolge der Bausteine in der Erbsubstanz werden nur bestimmte Immunzellen aktiviert, und damit die Art der Immunantwort kontrolliert. In früheren Arbeiten der Münchner Forscher waren erstmals solche CpG-Oligonukleotide entwickelt worden, die die Immunreaktion der plasmazytoiden dendritischen Zellen maximal stimulieren. Durch Einbringen dieser Substanz in das Gewebe kann dem Immunsystem auf diese Weise künstlich der Eindruck einer Infektion vermittelt werden. Damit wird das Abtöten der Tumorzellen durch Immunzellen gefördert. Die preisgekrönte Arbeit von Dr. Evelyn Hartmann weist damit in eine neue und viel versprechende Forschungsrichtung auf dem Gebiet der Immuntherapie von Tumoren.

    Mit der Verleihung des Georg Heberer Awards wird in diesem Jahr eine junge Ärztin und Nachwuchswissenschaftlerin gewürdigt, die ihre medizinische Ausbildung an der LMU begann und nach Auslandsaufenthalten in der Schweiz und den USA wieder dorthin zurückkehrte. Seit zwei Jahren ist Dr. Evelyn Hartmann, 30, als Assistenzärztin in der Weiterbildung für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Kopf-Hals-Chirurgie tätig. Sie erhielt 1998 den Young Investigator Award der World Apheresis Association und wurde 2001 mit dem Förderpreis für Forschung und Lehre der Medizinischen Fakultät der Universität München ausgezeichnet.

    Georg Heberer Award
    Im Jahr 2000 wurde erstmals an der LMU der nach dem Chirurgen Prof. Dr. Dr. h. c. Georg Heberer (1920 - 1999) benannte Georg Heberer Award der US-amerikanischen Chiles Foundation verliehen. Prof. Dr. Heberer war bis 1989 Ordinarius für Chirurgie und Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik am Klinikum Großhadern. Er beeindruckte als akademischer Lehrer und Forscher durch sein universelles Wirken und genoss als Chirurg große internationale Anerkennung. Mit der jährlichen Preisverleihung soll die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen auf dem Gebiet der Chirurgie gefördert werden.

    Gestiftet wird der Preis von der seit über 50 Jahren bestehenden Chiles Foundation, die die medizinische Forschung vor allem auf dem Gebiet der Krebsforschung unterstützt. Die Stiftung unterhält große Institute an der Boston University und der Stanford University sowie das Krebsforschungszentrum "Earle A. Chiles Research Institute" an der Oregon University in Portland. Seit 1986 wird ein intensiver wissenschaftlicher Austausch zwischen der Chirurgischen Klinik des Klinikums der Universität München und der Harvard Medical School sowie der Oregon Health & Science University gepflegt. Begabte deutsche Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sollen mit der Verleihung des großzügig dotierten Georg Heberer Awards unterstützt und ermuntert werden, ihre wissenschaftlichen Projekte im Rahmen internationaler Kooperationen an ihren Heimathochschulen weiterzuführen.

    Ansprechpartner:

    PD Dr. med. Rudolf A. Hatz, MD, PhD, FACS
    Chirurgische Klinik und Poliklinik des Klinikums der Universität München
    Tel.: 089 / 7095-3511
    Fax: 089 / 7095-3508
    E-Mail: hatz@gch.med.uni-muenchen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte, Personalia
    Deutsch


     

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