Am 27. September 2023 werden der Erweiterungsbau und die neue Dauerausstellung der Dokumentation Obersalzberg in Berchtesgaden mit einem Festakt eröffnet. Im Zuge des Ausbaus des Lern- und Erinnerungsortes hat auch der Außenauftritt eine Umgestaltung in Form eines neuen visuellen Erscheinungsbildes erfahren. Entwickelt haben es Ann-Kathrin Häupl, Anja Seemüller und Lena Wolf, drei Studentinnen der Fachwerkstatt Identity Design an der Fakultät für Gestaltung der Technischen Hochschule Augsburg (THA). Das im Rahmen eines kursinternen Wettbewerbs entwickelte Designkonzept „History Layer by Layer“ verleiht der Bildungs- und Vermittlungsarbeit zur NS-Historie eine neue Sichtbarkeit.
Die Dokumentation Obersalzberg ist ein vom Institut für Zeitgeschichte München-Berlin (IfZ) betreuter Lern- und Erinnerungsort zur Geschichte des Obersalzbergs und der nationalsozialistischen Diktatur. Die Einrichtung besteht seit 1999 an historischer Stelle, mehr als drei Millionen Besucher:innen haben sich dort bereits informiert. Nachdem das bisherige Ausstellungsgebäude den Anforderungen nicht mehr entsprach, gab der Freistaat Bayern einen Erweiterungsbau in Auftrag. Sowohl das Gebäude als auch die neu konzipierte Dauerausstellung „Idyll und Verbrechen“ werden nun eröffnet. Eine zentrale Rolle wird dabei auch die Arbeit von drei inzwischen ehemaligen Studentinnen der THA spielen: Sie haben das neue Identity-Design-Konzept und visuelle Erscheinungsbild der Dokumentation Obersalzberg entworfen.
Über den Entstehungsprozess des neuen Identity Designs
Der Neustart der Dokumentation Obersalzberg, für den der Erweiterungsbau und die neue Dauerausstellung stehen, sollte auch im Außenauftritt sichtbar werden, so Dr. Sven Keller, Leiter der Dokumentation Obersalzberg. Daher trat Keller im Sommer 2021 an Stefan Bufler, Professor für Identity Design an der Fakultät für Gestaltung der THA, heran. Das Ziel: Die Konzeption, Gestaltung und exemplarische Umsetzung von Identity-Design-Konzepten für die Dokumentation Obersalzberg.
Bufler führte das Projekt mit 26 Studierenden der von ihm geleiteten Fachwerkstatt Identity Design im Rahmen eines kursinternen Wettbewerbs im Wintersemester 2021/2022 durch. Als zusätzliche externe Begleiter:innen standen den Studierenden Karin Langeveld und Cuby Gerards von Trapped in Suburbia, Amsterdam, einer der führenden Experience-Design-Agenturen der Niederlande, beratend zur Seite. „Für Kommunikationsdesigner:innen ist das Projekt eine unglaublich spannende, weil sehr anspruchsvolle Aufgabe, der sich die Studierenden mit großer Begeisterung und enormem Einsatz gewidmet haben“, sagt Bufler.
Zum Auftakt des Designprojektes fand im Herbst 2021 eine zweitägige Exkursion auf den Obersalzberg statt. Dabei besuchten die Studierenden die bisherige Dauerausstellung, die Baustelle des Erweiterungsbaus und das ehemalige sogenannte Führersperrgebiet samt Bunkeranlage. In Fachvorträgen gewann die Gruppe wichtige Informationen über den historischen Ort und die Gestaltung der neuen Ausstellung sowie über Berchtesgaden als Tourismusregion.
Aufgeteilt in neun studentische Teams durchliefen die Gestalter:innen in den darauffolgenden Wochen alle Stufen eines professionellen Identity-Design-Prozesses – von der ersten Idee, über die Konzeptentwicklung, Gestaltung und medienübergreifende Ausarbeitung des Erscheinungsbildes, bis hin zur finalen Präsentation vor den Auftraggeber:innen.
Nach einer Zwischenpräsentation erster Leitideen vor Dr. Keller und dem Team der Dokumentation Obersalzberg erfolgte die eigentliche Entwicklung der Identity-Design-Konzepte. Diese umfassen Identifikationselemente wie Wortmarken oder Wort-Bild-Marken, Komponenten der visuellen Sprache inkl. Schrift, Typografie, Farbklima und Bildsprache, sowie exemplarische Anwendungsbeispiele.
Die Abschlusspräsentationen fanden im Januar 2022 vor einer Jury mit Beratungsgremium statt. Dieser Runde gehörten neben Dr. Sven Keller, Prof. Stefan Bufler, Karin Langeveld und Cuby Gerards auch Prof. Dr. Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, Albert Feiber und Leonie Zangerl von der Dokumentation Obersalzberg sowie Dr. Bartl Wimmer, Vorsitzender des Zweckverbands Bergerlebnis Berchtesgaden, an.
Die hohe Qualität der vorgestellten Entwürfe stellte die Juror:innen vor keine einfache Aufgabe. Als Siegerinnen des Wettbewerbs gingen Ann-Kathrin Häupl, Anja Seemüller und Lena Wolf hervor, die die Jury mit ihrem Konzept „History Layer by Layer“ überzeugten und dafür das ausgelobte Preisgeld mit Nutzungshonorar erhielten. Ein daraufhin überarbeitetes und ergänztes Brand Book (Identity Design Toolkit) übergab das Team im Mai 2022 an die Dokumentation Obersalzberg. Diese Designrichtlinien und Musterdateien sind seitdem Grundlage für die Gestaltung aller Anwendungen – von Gebäudebeschriftungen mit Orientierungssystem, über Plakate und alle Druckerzeugnisse, bis zu digitalen Medien (Website, Social Media, etc.).
Alle drei Studentinnen haben im Studiengang Kommunikationsdesign an der THA studiert und ihr Studium inzwischen erfolgreich abgeschlossen.
„History Layer by Layer“
Die dem umgesetzten Entwurf zugrundeliegende Konzeptidee „History Layer by Layer“ geht vom historischen Ort und charakteristischen Terrain der Bergregion aus. Die von topografischen Karten übernommenen Höhenlinien (Isolinien) des Obersalzbergs sind zentrales Motiv und wiedererkennbarer „Fingerabdruck“ des Identity-Design-Systems. Sie sind über den Ortsbezug hinaus auch metaphorisch zu verstehen.
Dazu Dr. Sven Keller: „Die Linien erinnern nicht nur an geologische Schichtung, sondern verweisen auch auf ‚geschichtete Zeit‘, die von diesen Zäsuren, oder besser Transformationen, gegliedert wird: vom ‚alten Obersalzberg‘, über das Führersperrgebiet und die Nachkriegszeit, bis heute.“ Zu den Aufgaben der Dokumentation Obersalzberg gehöre es, so Keller, diese Zeitschichten offenzulegen und sichtbar zu machen – zumal sie im Gelände für die Besucher:innen kaum noch nachzuvollziehen seien.
Die visuelle Sprache des Identity Designs greift diesen Gedanken mit einem Layout-System auf, in dem Text- und Bildelemente entlang der Isolinien von einzelnen „Höhenschichten“ überlagert werden. „Der Obersalzberg gibt also im übertragenen Sinne durch die Vermittlungs- und Bildungsarbeit der Dokumentation seine verborgenen Inhalte preis“, erklärt Prof. Stefan Bufler. Diese ragten nun für das heutige Publikum sichtbar zwischen den „Höhenschichten“ hervor. Auch die Wortmarke folgt diesem Gestaltungsprinzip, indem die Einzelkomponenten des Namens unter gedachten Höhenlinien zum Vorschein kommen.
Für Dr. Keller wird nicht zuletzt auch die Bildungsarbeit der Dokumentation Obersalzberg durch das Erscheinungsbild repräsentiert: „Die isometrische Linienführung ist nicht statisch, sondern vermittelt die Lebendigkeit der täglichen pädagogischen Arbeit und kann sinnbildlich für den Diskurs und den Eindruck von Unruhe und Irritation stehen. Das Design repräsentiert damit einen stetig arbeitenden und sich weiterentwickelnden Ort der Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur.“
Mit der Wahl einer sachlich-modernen Groteskschrift (Suisse Int’l) und einer freundlich anmutenden Farbkombination (Petrol, Lime) findet das Erscheinungsbild zu seiner zeitgemäßen Sprache und grenzt sich eindeutig von Codes mit NS-Bezügen ab.
Flexibles Identity-Design-Konzept für vielfältige Anwendungszwecke
Das neue Erscheinungsbild kommt bereits in unterschiedlichsten Kontexten und Medien zur Anwendung. Es wird zur Eröffnung der Dokumentation Obersalzberg offiziell eingeführt.
Prof. Bufler sagt: „Ein Identity-Design-System, das auf einer inhaltlich stimmigen Konzeptidee fußt und mit einer unverwechselbaren visuellen Sprache ausgestattet ist, lässt sich flexibel an veränderte Gegebenheiten und Erfordernisse anpassen. Damit kann ein Lern- und Erinnerungsort wie die Dokumentation Obersalzberg auf gesellschaftspolitische Strömungen reagieren und sein Publikum immer wieder neu für die Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen zu einer schwierigen Vergangenheit gewinnen. Es freut uns sehr, dass wir der Dokumentation Obersalzberg zu der Sichtbarkeit verhelfen können, die zur Erfüllung dieser wichtigen Aufgabe notwendig ist.”
Technische Hochschule Augsburg
Fakultät für Gestaltung
Prof. Stefan Bufler
E-Mail: bufler@hs-augsburg.de
https://obersalzberg.de Informationen zur Dokumentation Obersalzberg
https://www.tha.de/Gestaltung Fakultät für Gestaltung der THA
https://cloud.hs-augsburg.de/s/DF8oYJBaFiAL9Ta Umfangreiches Bildmaterial zum Designprozess, zur Herleitung und Umsetzung des Designs sowie zu konkreten Anwendungsbeispielen. Falls nicht anders angegeben, ist als Bildnachweis anzugeben: Technische Hochschule Augsburg.
Ann-Kathrin Häupl (rechts), Anja Seemüller (online zugeschaltet) und Lena Wolf (2. v. r.) mit Prof. ...
Verena Kiss
Technische Hochschule Augsburg
Die neue Wortmarke der Dokumentation Obersalzberg mit den verschiedenen Varianten, die künftig zum E ...
Häupl/Seemüller/Wolf
Technische Hochschule Augsburg
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Geschichte / Archäologie, Kulturwissenschaften, Kunst / Design
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Kooperationen
Deutsch
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