idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
10.10.2023 11:34

Mit KI gegen Brustkrebs – h_da-Team forscht in internationalem Konsortium an neuen Diagnosemethoden

Simon Colin Hochschulkommunikation
Hochschule Darmstadt

    Mehr als 70.000 Fälle von Brustkrebs werden in Deutschland jährlich diagnostiziert, weltweit waren es im Jahr 2020 rund 22,3 Millionen. Noch immer ist Brustkrebs die Krebserkrankung, die bei Frauen die meisten Todesfälle verursacht. An der Hochschule Darmstadt (h_da) forschen Wissenschaftler in einem europäischen Konsortium an neuen Diagnosemethoden: Das Großprojekt „BosomShield“ zielt darauf ab, Diagnose-Verfahren wie Ultraschall, Mammografie oder Biopsie miteinander zu kombinieren und in einem KI-gestützten System zu analysieren. Das soll präzisere Diagnosen ermöglichen – und wirksamere Therapien.

    Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen in ganz Europa arbeitet Johannes Gregori, Professor für Physik und Industrielle Bildverarbeitung am Fachbereich Mathematik und Naturwissenschaften, daran, die Brustkrebsdiagnostik auf eine neue Basis zu stellen. Ultraschall, Mammografie, MRT-Bilder, Biopsie, Genanalysen – bislang werden die Ergebnisse aus all diesen Einzeluntersuchungen getrennt betrachtet und bewertet. Eine Schwachstelle, meint Physiker Gregori, der seit zwei Jahren an der h_da lehrt und forscht. „Es gibt eine Lücke zwischen dem, was wir diagnostizieren, und dem, was wir in der Therapie erreichen könnten. Mit dem Projekt BosomShield wollen wir diese Lücke schließen.“ Verschiedene Diagnose-Techniken sollen kombiniert werden, um so zu präziseren Diagnosen zu kommen. Konkret erhoffen sich die Wissenschaftler dadurch exaktere Erkenntnisse über Tumortyp, Rezidiv-Wahrscheinlichkeit und mögliche Therapien. Das Projekt könnte also einen Beitrag dazu leisten, die Überlebenschancen von Brustkrebspatientinnen zu erhöhen.

    Insgesamt acht Universitäten und zwei Industriepartner in Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Schweden, Slowenien, Spanien und Polen sind am Projekt BosomShield beteiligt. Koordiniert wird es von der Universität Rovira i Virgili in Tarragona, Spanien. Gefördert wird das Vorhaben von der Europäischen Union im Rahmen des Marie Sklodowska-Curie Doktorandennetzwerks, das an jedem der zehn Standorte einen Doktoranden bzw. eine Doktorandin finanziert. Da die Nachwuchsforschenden nicht aus dem Land stammen dürfen, in dem sie eingestellt wurden, musste jede Stelle international ausgeschrieben werden. Gregoris Doktorand Yaqeen Ali kommt aus Pakistan, hat den Master in Informatik an der COMSATS University in Lahore gemacht und wurde über eine internationale PhD-Website auf die Ausschreibung aufmerksam.

    Im Projekt bearbeitet jeder der europäischen Partner einen speziellen Aspekt. „Ein Kollege beschäftigt sich zum Beispiel mit dem Thema relapse prediction, also mit der Rückfallwahrscheinlichkeit bei einem Tumor“, erläutert Ali. „Andere konzentrieren sich auf die Auswertung von Mammografiebildern, wieder andere auf histologische Bilder und so weiter.“ Von deutscher Seite ist das auf medizinische Bildgebung spezialisierte Heidelberger Unternehmen "mediri" an Bord, das Gregori vor seinem Wechsel an die h_da acht Jahre lang als Geschäftsführer leitete. Yaqeen Ali ist in Heidelberg angestellt und wird als Doktorand fachlich an der h_da betreut.

    Während die Partnerinstitutionen also einzelne Puzzleteile zuliefern, setzen Gregori, Ali und weitere Teammitglieder in Darmstadt und Heidelberg alles zusammen: „Wir arbeiten an einem computergestützten Diagnose-System (CAD), in dem sämtliche Datensätze zu einer Patientin hochgeladen und für die Auswertung miteinander kombiniert werden können“, berichtet Professor Gregori. Dabei sollen strengste Datenschutzregeln gewahrt bleiben. „Ansätze hierzu gibt es schon, aber in unserem Projekt werden erstmals wirklich alle Daten und Auswertungstechniken in einer cloudbasierten Plattform zusammengeführt.“

    Damit das KI-System später zuverlässig funktioniert, muss es trainiert werden – mit zehntausenden von Tumor-Bildern, die vorab von Hand klassifiziert wurden. Dem System wird die Information, ob ein Bild einen gutartigen oder bösartigen Tumor zeigt, in der Lernphase also mitgeliefert. So lernt die KI, Muster zu erkennen. Für dieses Training nutzt das h_da-Team Bildmaterial aus öffentlich zugänglichen Datenbanken. Aktuelle Patientendaten können in dieser frühen Entwicklungsphase aus Datenschutzgründen nicht verwendet werden. „Wir simulieren in unserem Modell deshalb die verschiedenen Krankenhäuser und weisen ihnen die Daten zu“, beschreibt Gregori die Vorgehensweise.

    Der Schutz extrem sensibler Patientendaten soll auch später im realen Betrieb gewahrt bleiben. Um dieses Dilemma aufzulösen, kommt im Projekt BosomShield ein neuer Ansatz ins Spiel: das federated learning, deutsch: Föderales Lernen. Die Daten, die an den einzelnen Standorten gesammelt werden, werden nicht untereinander ausgetauscht. Trainiert wird mit lokalen Datensätzen jeweils vor Ort. „Erst danach werden die Ergebnisse zusammengeführt.“ Das Prinzip: Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss der Prophet wohl zum Berg kommen. „Zu dieser Technik gibt es noch sehr wenige Publikationen im Be-reich Brustkrebs. Das ist der Kern der wissenschaftlichen Arbeit, die wir in dieser Doktorarbeit angehen.“

    Eine der größten Herausforderungen im Projekt besteht darin, dass jede Klinik ein wenig anders arbeitet – mit anderen MRT- oder Ultraschallgeräten, die unterschiedlich eingestellt sind. Auch die Art und Weise, wie die Daten erfasst werden, kann variieren. Herauszufinden, wie die Verarbeitung solch heterogener Daten die Ergebnisse beeinflusst, ist deshalb einer der Knackpunkte: „Was genau geschieht, wenn wir Bilder aus verschiedenen Quellen miteinander kombinieren, welche Fehler können dadurch entstehen?“ Am Ende, erläutert Yaqeen Ali, muss das System Unterschiede erkennen und ausgleichen, damit alle „Puzzle-teile“ passen und Patientinnen die für sie individuell optimale Therapie bekommen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Fachlicher Ansprechpartner für die Medien
    Hochschule Darmstadt
    Fachbereich Mathematik und Naturwissenschaften

    Prof. Dr. Johannes Gregori
    Schöfferstraße 3 – 64295 Darmstadt
    Tel +49 6151 – 533 68658
    Mail johannes.gregori@h-da.de


    Bilder

    KI-Methoden für eine präzisere Brustkrebs-Diagnostik: Der Physiker Johannes Gregori forscht interdisziplinär an der Schnittstelle zwischen Physik, Informatik und Medizin.
    KI-Methoden für eine präzisere Brustkrebs-Diagnostik: Der Physiker Johannes Gregori forscht interdis ...
    Samira Schulz
    h_da/Samira Schulz

    Eingespieltes Team: Doktorand Yaqeen Ali und Prof. Dr. Johannes Gregori im Optotechnik-Labor an der Hochschule Darmstadt.
    Eingespieltes Team: Doktorand Yaqeen Ali und Prof. Dr. Johannes Gregori im Optotechnik-Labor an der ...
    Samira Schulz
    h_da/Samira Schulz


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    KI-Methoden für eine präzisere Brustkrebs-Diagnostik: Der Physiker Johannes Gregori forscht interdisziplinär an der Schnittstelle zwischen Physik, Informatik und Medizin.


    Zum Download

    x

    Eingespieltes Team: Doktorand Yaqeen Ali und Prof. Dr. Johannes Gregori im Optotechnik-Labor an der Hochschule Darmstadt.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).