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17.10.2023 19:15

Wie emotionale Unterstützung Schmerzen reduzieren kann

Thomas Isenberg Bundesgeschäftsstelle
Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.

    Schmerzen hat man nicht allein. Das soziale Umfeld hat einen Einfluss darauf, wie Betroffene Schmerzen wahrnehmen und erleben. So kann eine soziale Unterstützung das Wohlbefinden von Menschen mit chronischen Schmerzen verbessern. Sind Angehörige und Freunde jedoch übermäßig besorgt, wirkt sich dies negativ auf das Schmerzerleben aus und verstärkt damit die Beeinträchtigungen. „Soziale Aspekte von Schmerz und Schmerztherapie“ ist eines der Schwerpunktthemen des diesjährigen Schmerzkongresses der Deutschen Schmerzgesellschaft und der DMKG. Auf der Pressekonferenz am 19. Oktober 2023 werden Expertinnen und -experten Möglichkeiten zur Verbesserung der Schmerzbewältigung und -therapie vorstellen.

    Schmerz ist ein komplexes und individuelles Phänomen, das nicht nur von körperlichen und psychischen, sondern auch von sozialen Faktoren beeinflusst wird. Forschungsergebnisse zeigen, dass das soziale Umfeld eine wichtige Rolle bei der Schmerzwahrnehmung eines Menschen spielen kann. Laut Studien trägt die Art der Interaktion der Betroffenen mit Ärztinnen und Ärzten, Therapeutinnen und Therapeuten sowie mit dem Freundeskreis oder Angehörigen entscheidend dazu bei, wie stark Schmerzen empfunden werden (1,2). „Schmerzen und deren Bewältigung hängen stark von der Anteilnahme ab, sei es durch die Anwesenheit vertrauter Personen oder durch einfache Gesten wie das Halten einer Hand“, erklärt Dr. Judith Kappesser, Psychologin an der Universität Gießen.

    Obwohl das biopsychosoziale Modell von Schmerz weitgehend anerkannt ist und die Definition der International Association for the Study of Pain von 2020 den Einfluss sozialer Faktoren betont, wurden soziale Faktoren bisher nicht ausreichend erforscht. „Das ist aus wissenschaftlicher und klinischer Perspektive erstaunlich, da das Schmerzerleben in einem sozialen Kontext stattfindet und die soziale Umgebung maßgeblich beeinflusst, wem gegenüber wir mit welchen Verhaltensweisen ausdrücken, dass wir Schmerzen haben“, so Kappesser.

    „Das Vorhandensein unterstützender Beziehungen kann Schmerzen subjektiv weniger intensiv erscheinen lassen, da emotionale Unterstützung Stress und Angst reduzieren kann. Umgekehrt kann soziale Isolation Schmerzen verstärken, da Einsamkeit die psychische Belastung erhöhen kann – wie wir es während der Corona-Pandemie vielfach erlebt haben“, sagt auch Professor Dr. Thomas Fischer, Präsident des diesjährigen Schmerzkongresses, der die sozialen Aspekte von Schmerz und Schmerztherapie zu einem Schwerpunktthema gemacht hat. Während eine positive Unterstützung das Wohlbefinden der Betroffenen verbessern könne, wirke sich eine übermäßige Besorgnis der Angehörigen negativ auf das Schmerzerleben aus. (3)

    In einer Studie wurde beobachtet, dass allergische Hautreaktionen am stärksten zurückgingen, wenn Ärztinnen und Ärzte nicht nur fachliche Kompetenz zeigten, sondern auch empathisch handelten. Dazu gehörten Gesten wie die Betroffenen mit Namen anzusprechen, sich neben sie zu setzen, Blickkontakt zu halten und aufmunternd zu lächeln (4).

    Insgesamt unterstreichen diese Ergebnisse die zentrale Bedeutung des sozialen Kontextes für die Wahrnehmung von Schmerzen und deren Behandlung. „Der soziale Kontext ist ein entscheidender Faktor im gesamten Heilungsprozess“, sagt Kappesser abschließend (5).

    Literatur:
    (1) Krahé, C., Springer, A., Weinman, J. A. & Fotopoulou (2013). The social modulation of pain: others as predictive signals of salience – a systematic review. Frontiers in Human Neuroscience, 7, 386. doi: 10.3389/fnhum.2013.00386

    (2) Hillmer, K., Kappesser, J. & Hermann, C. (2021). Pain modulation by your partner: an experimental investigation from a social-affective perspective. PLoS ONE, 16, e0254069. doi: 10.1371/journal.pone.0254069

    (3) Nicholas, M. K. (2022). The biopsychosocial model of pain 40 years on: time for a reappraisal? Pain, 163, S3-S14. doi: 10.1097/j.pain.0000000000002654

    (4) Howe, L. C., Leibowith, K. A. & Crum, A. J. (2017). When your doctor “Gets It” and “Gets You”: the critical role of competence and warmth in the patient-provider interaction. Frontiers in Psychiatry, 10, 475. doi: 10.3389/fpsyt.2019.00475

    (5) Wampold, B. E. (2021). Healing in a social context: the importance of clinician and patient relationship. Frontiers in Pain Research, 2, 684768. doi: 10.3389/fpain.2021.684768

    Bei Abdruck Beleg erbeten.

    Terminhinweis:

    Hybrid-Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Schmerzkongresses
    (18. bis 21. Oktober 2023) der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. und der
    Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. (DMKG)

    „Im Team Grenzen überwinden“

    Termin: Donnerstag, 19. Oktober 2023, 11.15 bis 12.15 Uhr,
    Bruno-Schmitz-Saal, Congress Center Rosengarten Mannheim
    Online-Anmeldung: https://us06web.zoom.us/webinar/register/WN_hEaVAjgiRKC77OG1n13f_w
    Anmeldung in Präsenz: schoeffmann@medizinkommunikation.org

    Vorläufige Themen und Referierende:

    Der Schmerzkongress 2023 – Highlights und Sitzungsempfehlungen
    Professor Dr. rer. cur. Thomas Fischer, Professor für Pflegewissenschaften, Evangelische Hochschule Dresden und
    Privatdozent Dr. med. Lars Neeb, Facharzt für Neurologie, Helios Global Health Berlin
    Kongresspräsidenten des Deutschen Schmerzkongresses 2023

    Ein Mann kennt keinen Schmerz – eine Frau umso mehr? Welche geschlechtsspezifischen Klischees und Aspekte haben Einfluss auf die Schmerztherapie?
    Dr. med. Bianca Raffaelli, Fachärztin für Neurologie, Charité Universitätsmedizin Berlin, und Mitglied Junge DMKG und
    Dr. med. Daniela Rosenberger, Assistenzärztin der Anästhesie, Universitätsklinikum Münster und Mitglied Junge Schmerzgesellschaft

    Ständig (Kopf-)Schmerzen? Wie können VR-Brillen, Smartphone-Apps und andere digitale Anwendungen helfen?
    Professor Dr. Axel Schäfer, Professor für Therapieforschung und Physiotherapeut, Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim

    Schmerzen hat man nicht alleine – wie das soziale Umfeld das Schmerzerleben beeinflusst und was Partner, Freunde und Kollegen tun können
    Dr. Judith Kappesser, Psychologische Psychotherapeutin und Spezielle Schmerzpsychotherapeutin, Justus-Liebig-Universität Gießen

    Krankenhausreform: die Zukunft der Schmerztherapie bestmöglich gestalten – was es jetzt dafür braucht
    Professor Dr. med. Frank Petzke, Facharzt für Anästhesiologie, Spezieller Schmerztherapeut, Klinik für Anästhesiologie, Universitätsmedizin Göttingen und Designierter Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft

    Moderation: Katharina Weber, Thieme Communications


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Pressetermine
    Deutsch


     

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