Wie lassen sich Entzündungsreaktionen ankurbeln oder hemmen? Wie funktionieren Inflammasome als Entzündungsschalter auf molekularer Ebene? Unter anderem diese Fragen will Prof. Dr. Matthias Geyer vom Institut für Strukturbiologie des Universitätsklinikums Bonn (UKB) und vom Transdisziplinären Forschungsbereich „Life & Health“ sowie vom Exzellenzcluster ImmunoSensation2 der Universität Bonn erforschen. Für dieses Projekt erhält der Wissenschaftler einen begehrten Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC). Die Europäische Union stellt für die nächsten fünf Jahre insgesamt rund 2,5 Millionen Euro bereit.
Mit einer Entzündung schützt sich der Körper vor Krankheitserregern oder Fremdkörpern, wie etwa einem Dorn im Daumen. Das Immunsystem läuft dann auf Hochtouren, um den Eindringling samt geschädigtem Gewebe wieder los zu werden. Doch kann diese Entzündung auch überschießen und etwa körpereigene Zellen angreifen - die Abwehrprozesse bewegen sich auf einem schmalen Grat. „Es geht darum, auf molekularer Ebene zu verstehen, wie bestimmte Entzündungsfaktoren im Menschen aktiviert werden und wie sie sich möglicherweise gezielt hemmen lassen“, sagt Prof. Dr. Matthias Geyer vom Institut für Strukturbiologie des Universitätsklinikums Bonn (UKB), der Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich „Life & Health“ und im Exzellenzcluster ImmunoSensation2 der Universität Bonn ist.
Genau da knüpft das Projekt „Exploring inflammasome activation and targeted inhibition“ (NalpACT) von Prof. Geyer an, mit dem er in den nächsten fünf Jahren vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem Advanced Grant in Höhe von 2,5 Millionen Euro gefördert wird. Dabei geht es um die Erforschung der Aktivierung des Inflammasoms und seiner zielgerichteten Veränderung. „Das Inflammasom ist ein Entzündungsfaktor, der sowohl in akuten als auch in chronischen Entzündungen eine wichtige Rolle spielt“, erklärt der Leiter des Instituts für Strukturbiologie. Der Körper des Menschen verfügt über verschiedene solche Inflammasome, eine Art Entzündungsschalter, von denen das NLRP3 das am besten untersuchte ist.
Gratulation des Rektors
„Wer im europaweiten Wettbewerb um die ERC-Grants erfolgreich ist, der muss wissenschaftliche Spitzenforschung betreiben. Matthias Geyer gehört international zweifelsfrei zu den profiliertesten Forschenden der Strukturbiologie und darüber hinaus“, sagt der Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch. „Im Namen der Universität Bonn gratuliere ich ihm herzlichst zu dieser herausragenden Bestätigung seiner exzellenten Arbeit.“
Wie lässt sich der Entzündungsschalter ausknipsen?
Geyer möchte nun mit zwei Postdocs und drei Doktoranden die dreidimensionale Struktur der Proteine entschlüsseln, die das Inflammasom bilden, und untersuchen, wo genau diese in den Körperzellen vorkommen. Schließlich will der Wissenschaftler erforschen, wie man diesen Entzündungsschalter wieder „ausknipsen“ kann. „Wir haben letztes Jahr eine spezifische Bindestelle entdeckt, an der sich NLRP3 durch kleine Moleküle inaktivieren lässt“, berichtet Geyer. Dabei wird durch einen Wirkstoff die Bewegung in den aktiven Zustand unterbunden und das Protein im inaktiven Zustand eingefroren. „Diese Erkenntnisse wollen wir auf andere Proteine des Inflammasoms übertragen.“
Darüber hinaus geht es darum, wie die vom Inflammasom ausgelösten Entzündungen zum Zelltod führen. Diese Frage ist für die Demenzforschung wichtig, da etwa bei Alzheimer Gehirnzellen absterben. Diese Forschung hat großes Anwendungspotenzial: „Wir sind inzwischen von Firmen kontaktiert worden, die neue Wirkstoffe gegen Entzündungen des Inflammasoms entwickeln“, berichtet Geyer. „Darunter auch solche, die durch die Blut-Hirn-Schranke wandern können.“
Mit Advanced Grants fördert der Europäische Forschungsrat (ERC) herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die neue Forschungsgebiete erschließen möchten. Damit kann der Strukturbiologe konzentriert und frei von kurzfristigen Zwängen an den wichtigen Fragestellungen zur Entzündungsforschung arbeiten. „Das ist ein großer Segen und gibt mir den Freiraum, um unsere Forschung auszugestalten und weiterzubringen.“
Zur Person
Matthias Geyer, geboren 1964 in Aurich, studierte Physik und Mathematik, promovierte in Biophysik am Max-Planck-Institut (MPI) für medizinische Forschung in Heidelberg und habilitierte sich in Biochemie an der Universität Heidelberg. Er forschte an der University of California in San Francisco (USA), am European Molecular Biology Laboratory in Heidelberg, am MPI für Molekulare Physiologie in Dortmund und am Forschungszentrum caesar in Bonn. 2014 nahm er einen Ruf auf eine Professur in der Strukturellen Immunologie an der Universität Bonn an. Seit 2017 ist der Wissenschaftler Direktor des Instituts für Strukturbiologie am UKB. Er ist Mitbegründer der IFM Therapeutics LLC, Boston-Bonn, und hält ein Patent.
Prof. Dr. Matthias Geyer
Institut für Strukturbiologie
Universitätsklinikum Bonn und Universität Bonn
Tel. +49 228 287-51400
E-Mail: matthias.geyer@uni-bonn.de
Prof. Dr. Matthias Geyer vom Institut für Strukturbiologie erhält einen ERC Advanced Grant.
Katharina Wislsperger
Katharina Wislsperger/Universitätsklinikum Bonn
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Medizin
überregional
Forschungsprojekte, Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).