idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
03.11.2023 10:57

Altern in Würde: 30. Nationalerbe-Baum ausgezeichnet – Initiative zum Schutz alter Bäume erreicht Meilenstein

Anne-Stephanie Vetter Pressestelle
Technische Universität Dresden

    Über 14 Meter Stammumfang, 17 Meter hoch und etwa 800 Jahre alt: Die Tassilolinde, gewachsen in idyllischer Hanglage im oberbayerischen Wessobrunn, wurde am 14. Oktober von der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft (DDG) offiziell zum 30. Nationalerbe-Baum Deutschlands gekürt. Damit sind die Gesellschaft und der Ideengeber für die Initiative, der Dresdner Forstwissenschaftler Prof. Andreas Roloff, ihrem großen Ziel, innerhalb von zehn bis 15 Jahren 100 Bäume in allen deutschen Regionen mit diesem Siegel auszuzeichnen, einen großen Schritt nähergekommen.

    Gestartet war die Initiative zum Schutz alter Bäume im Herbst 2019. Vorbild war England, wo seit 40 Jahren teils über 1000 Jahre alte Baum-Methusalems über die Ernennung zum „National Heritage Tree“ besonders geehrt und geschützt werden. „Im Gegensatz dazu gab es in Deutschland bis dato keine passenden Schutzkategorien für besonders alte Bäume“, erklärt Prof. Andreas Roloff, der sich im Laufe seines Wissenschaftlerlebens auf die Erforschung von Alt-Bäumen spezialisiert hatte. „Dass wir hierzulande keine über 1000 Jahre alten Bäume haben, liegt nur zum Teil in unserer Geschichte begründet. Vielmehr werden alte Bäume zunehmend nur noch als Sicherheitsrisiko wahrgenommen und daraufhin zurechtgesägt bzw. gefällt.“ Mit der Initiative „Nationalerbe-Bäume“ will der ehemalige Direktor des Instituts für Forstbotanik und Forstzoologie sowie des Forstbotanischen Gartens in Tharandt den Blick auf den ökologischen, aber auch kulturgeschichtlichen und gesellschaftlichen Wert alter Bäume lenken. In der DDG fand er einen begeisterten Partner mit großer Expertise. Dritte im Bunde ist die Eva Mayr-Stihl Stiftung, die für zunächst 50 Bäume alle Kosten für Pflege- und Sicherungsmaßnahmen sowie die Ausrufungszeremonien übernimmt.

    „Die Pflege solcher Exemplare sollten nur ausgewiesene Experten durchführen, da die Bäume über die Jahrhunderte meist selbst Strategien entwickelt haben, um sich wechselnden Ereignissen, Veränderungen und Variabilitäten von Standort, Umfeld und Klima anpassen zu können“, erläutert Roloff: „Dennoch sind die Kosten für diese Arbeiten an einzelnen dieser Methusalems nicht zu unterschätzen und können für die Gemeinden, Landkreise, Kirchen oder privaten Besitzer allein schwierig zu stemmen sein.“

    Vor Ort ist die Begeisterung dennoch groß, wenn ein Nationalerbe-Baum gekürt wird. „Es war bis jetzt jedes Mal ein besonderes Ereignis für die Fachwelt und die örtliche Bevölkerung. Denn diese alten Bäume haben ihre eigenen Geschichten, die meist sehr bewegend, spannend oder ungewöhnlich sind und in engem Zusammenhang mit ihrem Ort stehen“, erzählt der Forstwissenschaftler.

    Anlässlich der 30. Ehrung haben Roloff und die DDG im Oktober das Buch „Nationalerbe-Bäume“ veröffentlicht, in dem alle bisher Ausgezeichneten mit ihren Geschichten in Wort und Bild vorgestellt werden. Darüber hinaus gibt es eine kurze wissenschaftliche Einordnung, u.a. dazu, welche konkreten Voraussetzungen hinsichtlich Alter und Stammumfang gegeben sein müssen, um als Nationalerbe-Baum infrage zu kommen, und welche Baumarten das Potential haben, jemals 1000 Jahre alt zu werden. Linden zählen auf jeden Fall dazu. Allerdings eher die Sommer- als die Wintervariante. Was auch für die Tassilolinde in Oberbayern gilt. „Es war eine Überraschung als ich festgestellt habe, dass sie bislang fälschlicherweise als Winter-Linde geführt wird. Zu meiner Erleichterung wurde das vor Ort gut aufgenommen“, berichtet Roloff.

    Bei seinen Untersuchungen des Baumes konnte Roloff auch das Alter relativ klar definieren. Es hat mitnichten mit dem Namensgeber Herzog Tassilo III. und der Legende der Klostergründung vor über 1000 Jahren zu tun. Wahrscheinlich ist eher der zeitliche Zusammenhang mit dem Ende des Klosters vor über 750 Jahren. „Die Analyse war für mich spannend wie selten. Bei der Untersuchung der Stammstrukturen bin ich auf ein Überbleibsel des Original-Stammes gestoßen, der auf ein Alter von etwa 700 bis 800 Jahren hinweist“, erklärt der Wissenschaftler begeistert.

    Kontakt:
    Pressestelle TU Dresden
    Tel.: +49 351 46332398
    E-Mail: pressestelle@tu-dresden.de

    Prof. Andreas Roloff
    Professur für Forstbotanik und Deutsches Baum-Institut
    TU Dresden
    E-Mail: andreas.roloff@tu-dresden.de


    Originalpublikation:

    Andreas Roloff / Deutsche Dendrologische Gesellschaft (2023): Nationalerbe-Bäume – Ziele, Konzeption und Stand der Umsetzung – zum Schutz alter Bäume in Deutschland – mit den ersten 30 Kandidaten (Okt. 2023) zum Download: https://nationalerbe-baeume.de/2023/10/15/2-buch-neuerscheinung-zur-initiative


    Weitere Informationen:

    https://nationalerbe-baeume.de/nationalerbe-baeume Überblick zu allen Nationalerbe-Bäumen
    https://nationalerbe-baeume.de/2023/08/11/tassilolinde-wessobrunn-nahe-ammersee-... Die Tassilolinde Wessobrunn


    Bilder

    Nationalerbe-Baum Tassilolinde
    Nationalerbe-Baum Tassilolinde

    A. Roloff


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Tier / Land / Forst
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Nationalerbe-Baum Tassilolinde


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).