Mit einer Studie, die jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurde, hat ein Forschungsteam der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der Universität zu Köln und der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg neue Erkenntnisse über die Funktion eines speziellen Cryptochrom-Proteins gewonnen. Diese Proteine, die in einer Vielzahl von Organismen vorkommen, sind häufig an lichtgesteuerten biologischen Prozessen beteiligt. Der marine Borstenwurm Platynereis dumerilii nutzt etwa ein spezielles Cryptochrom-Protein namens L-Cry, um zwischen Sonnen- und Mondlicht zu unterscheiden.
Forschungsteam der Universitäten Mainz, Köln und Oldenburg kommt zu wichtigen Erkenntnissen für die Erforschung des inneren Mondkalenders von marinen Organismen
GEMEINSAME PRESSEMITTEILUNG DER JOHANNES GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ UND DER UNIVERSITÄT ZU KÖLN
Mit einer bahnbrechenden Studie, die jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurde, hat ein Forschungsteam der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), der Universität zu Köln und der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg neue Erkenntnisse über die Funktion eines speziellen Cryptochrom-Proteins gewonnen. Diese Proteine, die in einer Vielzahl von Organismen vorkommen, sind häufig an lichtgesteuerten biologischen Prozessen beteiligt. Der marine Borstenwurm Platynereis dumerilii nutzt etwa ein spezielles Cryptochrom-Protein namens L-Cry, um zwischen Sonnen- und Mondlicht zu unterscheiden. Diese Fähigkeit ist für die Würmer entscheidend, um ihre Fortpflanzung mit Hilfe eines inneren Mondkalenders, auch circalunare Uhr genannt, mit der Mondphase zu synchronisieren, ohne dabei durch den Tag-Nacht-Zyklus durcheinandergebracht zu werden. Die Forschenden in Köln nutzten die Methode und die vor Ort vorhandene Plattform der Kryo-Elektronenmikroskopie, um die dreidimensionale Struktur des L-Cry-Proteins unter verschiedenen Belichtungszuständen sichtbar zu machen. Diese strukturellen Analysen sowie die vor allem in Mainz durchgeführten biochemischen Untersuchungen enthüllten, dass L-Cry im Dunkeln eine sogenannte dimere Anordnung mit zwei stabil verknüpften Untereinheiten annimmt, aber durch intensive, sonnenlichtartige Belichtung in seine Untereinheiten aufgetrennt werden kann.
Nicht nur die räumliche Anordnung der beiden Untereinheiten im dunklen Zustand ist außergewöhnlich, denn sie wurde bisher bei anderen Cry-Proteinen nicht beobachtet. Auch die Richtung des Übergangs zwischen den lichtabhängigen Zuständen ist unerwartet, da für andere Cry-Proteine bisher nur der umgekehrte Prozess beschrieben wurde: von einzelnen Untereinheiten im Dunkeln zu mehreren assoziierten Untereinheiten im Hellen. Das Forschungsteam konnte weiterhin die für dieses ungewöhnliche Verhalten wichtigen strukturellen Merkmale im Protein identifizieren. Zudem ermöglichte die Kenntnis der dreidimensionalen Struktur, durch Mutationen gezielte Veränderungen an dem L-Cry Protein vorzunehmen, wodurch dessen Funktion als Lichtrezeptor weitergehend aufgeklärt werden konnte. „Anhand dieser Erkenntnisse lässt sich erklären, wie es L-Cry gelingen könnte, zwischen Sonnen- und Mondlicht zu unterscheiden: Das intensive Sonnenlicht aktiviert im Protein immer beide Untereinheiten gleichzeitig, was den Zerfall des Dimers in die einzelnen Untereinheiten einleitet. Im deutlich schwächeren Mondlicht hingegen wird statistisch immer nur eine von zwei Untereinheiten aktiviert“, sagt Prof. Dr. Eva Wolf vom Institut für Molekulare Physiologie der JGU, die die Studie auf Mainzer Seite leitete. Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die Einzigartigkeit von L-Cry unter den funktionell sehr vielfältigen Cry-Proteinen, von denen unter anderem auch angenommen wird, dass sie bei der Magnetrezeption von Vögeln als Sensorproteine dienen.
Die Entschlüsselung der molekularen Prozesse des inneren Mondkalenders hat begonnen
„Die Arbeit mit lichtsensitiven Proteinen ist immer eine Herausforderung“, sagt Hong Ha Vu, Doktorand in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Eva Wolf, der maßgeblich an der Studie beteiligt war. „Schon bei der Herstellung der L-Cry-Proteine müssen wir alle experimentellen Schritte im Dunkeln oder unter gut definierten Rotlichtbedingungen durchführen, um eine unbeabsichtigte Vorab-Aktivierung der sehr lichtempfindlichen Proteine zu verhindern. Für die funktionelle Charakterisierung von L-Cry ist es zudem wichtig, Belichtungsbedingungen zu wählen, die möglichst genau dem natürlichen Sonnenlicht oder dem Mondlicht unter der Wasseroberfläche entsprechen, wie es die Borstenwürmer in ihrer natürlichen Umgebung vorfinden. Nur so können wir die besonderen Eigenschaften von L-Cry als Sonnen- und Mondlichtrezeptor im Vergleich zu anderen Cryptochromen umfassend beschreiben.“ Prof. Dr. Eva Wolf ergänzt: „Unsere Untersuchungen haben wichtige neue Einblicke in die Funktionsweise dieses außergewöhnlichen Sonnen- und Mondlichtrezeptors geliefert. Mit L-Cry haben wir zudem erstmalig ein Protein mit einer Funktion bei der Synchronisation des inneren Mondkalenders mit den Mondphasen auf struktureller und molekular-mechanistischer Ebene beschrieben. Unsere Erkenntnisse eröffnen neue wissenschaftliche Ansätze für die zukünftige Erforschung der weitgehend noch unbekannten molekularen Prozesse, die den inneren Mondkalendern und deren Synchronisation mit dem Mondzyklus zugrunde liegen.“
Prof. Dr. Eva Wolf
Arbeitsgruppe Strukturelle Chronobiologie
Institut für Molekulare Physiologie
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel.: 06131 39-21701
E-Mail: evawolf1@uni-mainz.de
https://iabserv.biologie.uni-mainz.de/arbeitsgruppen/ag-wolf/
H. H. Vu et al., A marine cryptochrome with an inverse photo-oligomerization mechanism, Nature Communications 14, 6918, 30. Oktober 2023,
https://doi.org/10.1038/s41467-023-42708-2
https://presse.uni-mainz.de/wie-erkennt-der-innere-kalender-von-tieren-die-richt... – Pressemitteilung „Wie erkennt der innere Kalender von Tieren die richtige Mondphase?“ (09.09.2022)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie, Chemie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).