idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
08.11.2023 11:21

Historische Blattflohsammlung erweist sich als wertvoller Schatz für die Wissenschaft

Katja Henßel Öffentlichkeitsarbeit
Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns

    Eine historische Blattflohsammlung des deutschen Forstwissenschaftlers Theodor Hartig aus den Jahren 1834 bis 1851 wurde vor Kurzem in der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM) wiederentdeckt und analysiert. Die Sammlung erwies sich nun als wissenschaftlich äußerst wertvolles Archiv sogenannter Originalbelege vieler Blatt- und Schildlausarten. Artenforscher aus Kanada, den USA und Deutschland veröffentlichten ihre Erkenntnisse jetzt im zoologischen Fachjournal Zootaxa.

    Naturkundliche Sammlungen wachsen historisch über sehr lange Zeiträume, so auch die Zoologische Staatssammlung München – dort werden seit über 200 Jahren Tierpräparate gesammelt, aufbewahrt, archiviert und wissenschaftlich bearbeitet. Insgesamt lagern inzwischen über 23 Millionen Sammlungsexemplare in den Münchner Magazinen. Erst kürzlich entdeckten Wissenschaftler:innen dort eine vor 150 Jahren aus den Augen verlorene Kleinsammlung von Blattflöhen des deutschen Forstwissenschaftlers Theodor Hartig (1805-1880) wieder. 155 kleine Blattflöhe versteckten sich offenbar seit über 100 Jahren getrocknet und sicher aufbewahrt in den Beständen der ZSM – um sich nun als wissenschaftliche Schätze für die Artenforscher:innen zu erweisen.

    Eine kürzlich veröffentlichte Forschungsarbeit um Bryan Brunet vom Ottawa Research and Development Centre, Kanada mit Beteiligung von Michael Raupach, Kurator für Hemiptera an der Zoologischen Staatssammlung München belegt den wissenschaftlichen Wert der historischen Blattflohsammlung. Die Sammlung enthält sogenannte Primärtypen für 29 Arten, die einst von Hartig beschrieben wurden. Sieben davon sind nur durch ein einziges Exemplar vertreten, diese werden als Holotypus bezeichnet.

    Sogenannte zoologische „Typen-Exemplare“ sind Originalbelege von Tieren, die Artenfor-scher:innen als Grundlage für die Beschreibung bisher unbekannter Arten dienen. In der Zoologie ist es (wie auch in der Botanik) üblich, dass jede neu entdeckte Art von den Beschreiber:innen anhand eines solchen „Typus-Exemplars“ belegt wird. So hat auch der bedeutende Forstwissenschaftler und Blattflohforscher Theodor Hartig in den Jahren 1834 bis 1851 zahlreiche neue Blatt- und Schildlausarten in mehreren Publikationen wissenschaftlich beschrieben. Die Originalbelege bzw. Referenzexemplare der Insekten galten allerdings nach seinem Tod 1880 als verschollen. Wie sich nun gezeigt hat, gelangte die winzige Blattflohsammlung offenbar zusammen mit der Hautflügler-Sammlung Hartigs durch den ehemaligen ZSM Kurator Joseph Kriechbauer (1819-1902) unerkannt in die Bestände der ZSM.

    Die nun erfolgte Identifizierung der Blatt- und Schildlausarten gelang insbesondere mit Hilfe von Hartigs historischen Tagebuchaufzeichnungen - eine wahre Detektivarbeit. Heinz-Otto Rehage vom LWL-Museum für Naturkunde mit Planetarium Münster entschlüsselte hierfür eine von Hartig selbst entwickelte spezielle Farb- und Zahlenkodierung.

    „Unsere Detektivarbeit hat sich gelohnt. Hartigs Blatt- und Schildlaussammlung ist von großem wissenschaftlichem Wert für uns Artenforscher. Physische Belegexemplare - egal wie alt - sind für unsere Forschung unerlässlich. Sie konservieren nicht nur die sichtbaren Merkmale des jeweiligen Insekts, sondern oft auch mikroskopische Details oder mit etwas Glück sogar noch molekulare Informationen, wie alte DNA-Fragmente. Die sichere und fachgerechte Aufbewahrung insbesondere von Typusexemplaren in naturhistorischen Sammlungen ist Kern unserer Arbeit. Kurator:innen kommen und gehen, die Sammlungen bleiben“, so Michael Raupach von der ZSM, Co-Autor der Studie.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    PD Dr. Michael Raupach
    SNSB - Zoologische Staatssammlung München
    Münchhausenstr.21, 81247 München
    Tel: 089 8107 145
    E-Mail: raupach@snsb.de


    Originalpublikation:

    Bryan M.T. Brunet, Michael J. Raupach, Heinz-Otto Rehage, Nathan P. Havilli, Robert G. Foottit (2023) Discovery of the primary aphid (Hemiptera: Aphidomorpha) and scale insect (Hemiptera: Coccomorpha) type specimens from the collection of Theodor Hartig (1805-1880). Zootaxa 5369 (1): 089–116, https://doi.org/10.11646/zootaxa.5369.1.4


    Weitere Informationen:

    https://zsm.snsb.de - Zoologische Staatssammlung München (SNSB-ZSM)
    https://snsb.de - Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns


    Bilder

    Die historische Blattflohsammlung sowie das Tagebuch des deutschen Forstwissenschaftlers Theodor Hartig (1805-1880).
    Die historische Blattflohsammlung sowie das Tagebuch des deutschen Forstwissenschaftlers Theodor Har ...

    ZSM

    Röhrenschildläuse (Aphididae) aus der historischen Blattflohsammlung des deutschen Forstwis-senschaftlers Theodor Hartig
    Röhrenschildläuse (Aphididae) aus der historischen Blattflohsammlung des deutschen Forstwis-senschaf ...

    ZSM


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Geschichte / Archäologie, Tier / Land / Forst
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Die historische Blattflohsammlung sowie das Tagebuch des deutschen Forstwissenschaftlers Theodor Hartig (1805-1880).


    Zum Download

    x

    Röhrenschildläuse (Aphididae) aus der historischen Blattflohsammlung des deutschen Forstwis-senschaftlers Theodor Hartig


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).