Im Zuge der 4. industriellen Revolution steht ein umfassender Wandel industrieller Wertschöpfung und konventioneller Geschäftsmodelle an, insbesondere im Hinblick auf Resilienz und Nachhaltigkeit. Energie- und Ressourcenengpässe verschärfen den Druck auf die deutsche Industrie, sich flexibler aufzustellen und Nachhaltigkeit ganzheitlich in ihre Wertschöpfungsprozesse zu integrieren. Über diesen sozialen, ökologischen und ökonomischen Transformationsprozess der Industrie spricht Uwe Kubach im Interview. Er ist Mitglied im Forschungsbeirat Industrie 4.0 und Vice President Internet of Things Enablement bei SAP. An der Universität Dresden lehrt Kubach als Honorarprofessor.
Herr Kubach, Industrie 4.0 steht für die vierte industrielle Revolution, die mit einem umfassenden Wandel der gesamten industriellen Wertschöpfung im Kontext der Souveränität, Interoperabilität, Resilienz und Nachhaltigkeit einhergeht. Wie lässt sich auch über neue Geschäftsmodelle der wirtschaftliche Wandel der Wertschöpfung gestalten?
Ein großer Teil des wirtschaftlichen Wandels in der Industrie ist nach wie vor technologiegetrieben. Mit neuen Schlüsseltechnologien wie Künstlicher Intelligenz, dem Internet der Dinge oder dem Breitband-Internet können vorhandene Wertschöpfungsprozesse zum Beispiel im Hinblick auf Verarbeitungszeit, Kosten und Emissionen zum Teil erheblich verbessert werden. Neue Geschäftsmodelle spielen dann eine zentrale Rolle, wenn diese Technologien darüber hinaus genutzt werden sollen, um neue Geschäftsfelder und Märkte zu erschließen oder um im globalen Wettbewerb mit innovativen und attraktiven Angeboten bestehen zu können. Gemeinsam ist diesen Geschäftsmodellen häufig, dass sie sich stärker am individuellen Bedarf der Kunden und Kundinnen orientieren und kundenspezifische Angebote und Lösungen bereitstellen.
Im Zuge des Klimawandels und durch Energie- und Ressourcenengpässe hat auch der Druck auf die Industrie stark zugenommen, sich schnell in Richtung Klimaneutralität zu entwickeln. Wie können über Industrie 4.0 Potenziale gehoben werden, um eine ökologisch nachhaltige Wertschöpfung zu erreichen?
Im Jahr 2020 war die Industrie für 7,9 % der Treibhausemissionen in Deutschland verantwortlich. Darin nicht enthalten sind weitere 16,2 %, die entstehen, um den Energiebedarf der Industrie zu decken. Damit ist die Industrie die zweitgrößte Emissionsquelle und entsprechend groß sind die Einsparpotenziale in diesem Sektor.
Industrie 4.0 kann durch eine vertikale Integration innerhalb eines Unternehmens eine erhöhte Transparenz über Ressourcenbedarfe schaffen und so neue Optimierungs- und Automatisierungsmöglichkeiten bieten. Eine horizontale Integration innerhalb eines Wertschöpfungsnetzwerks kann helfen, eine bessere Balance zwischen Angebot und Nachfrage herzustellen und so Überkapazitäten und unnötige Transporte vermeiden. Nicht zuletzt ist Industrie 4.0 ein wichtiger Enabler für die Kreislaufwirtschaft und kann so helfen, Produkte und Materialien einer Zweit- bzw. Wiederverwendung zuzuführen.
Die industrielle Wertschöpfung durchlebt gegenwärtig die größte Transformation in ihrer Geschichte, in der im Kontext der Nachhaltigkeit neben den ökologischen und ökonomischen Zielen auch soziale Aspekte zu berücksichtigen sind. Welche Faktoren sind zu beachten, um eine soziale und faire Wertschöpfung im Industrie 4.0-Transformationsprozess sicherzustellen?
Unternehmen können Industrie 4.0-Ansätze nutzen, um eine höhere Transparenz in ihren Lieferketten zu schaffen und so eine bessere Fairness bei der Beschaffung von Rohstoffen und Komponenten sicherstellen. Sollten Verfahren der Künstlichen Intelligenz zur Bewertung von Zulieferern, Kunden und Mitarbeitenden verwendet werden, muss garantiert werden, dass sie diskriminierungs- und vorurteilsfrei sind. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die faire Digitalisierung von Arbeitsplätzen. Durch Angebote für ein lebenslanges Lernen muss sichergestellt werden, dass der Wandel von Arbeitsplätzen für alle Mitarbeitenden angstfrei und ohne unnötige Belastungen vollzogen wird.
Über den Forschungsbeirat Industrie 4.0
Der Forschungsbeirat Industrie 4.0 trägt als strategisches und unabhängiges Gremium wesentlich dazu bei, forschungsbasierte Lösungswege für die Weiterentwicklung und Umsetzung von Industrie 4.0 aufzuzeigen – mit dem übergeordneten Ziel das deutsche Innovationssystem und die Wertschöpfung zu stärken. Dafür kommen im Forschungsbeirat aktuell 32 Vertreter*innen aus Wissenschaft und Industrie mit ihrem interdisziplinären Expertenwissen zusammen, formulieren neue, vorwettbewerblich beantwortbare Forschungsimpulse bzw. -bedarfe, zeigen mittel- bis langfristige Entwicklungsperspektiven auf und leiten Handlungsoptionen für die erfolgreiche Umsetzung von Industrie 4.0 ab. Die Arbeit des Forschungsbeirats wird von acatech – Deutsche Akademie der Tech-nikwissenschaften koordiniert, vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Kristina Fornell
Referentin Kommunikation
T +49 89/52 03 09-865
fornell@acatech.de
acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften
Geschäftsstelle
Karolinenplatz 4
80333 München
https://www.acatech.de/publikation/themenfelder-i40-akt/
Dr. Uwe Kubach, Vice President Internet of Things Enablement bei SAP
Ingo Cordes
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Elektrotechnik, Maschinenbau, Politik, Wirtschaft
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch
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