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21.11.2023 08:36

Die Geheimnisse der Fledermaus: neuer Paarungsmechanismus bei Säugetieren entdeckt

Jan Zwilling Wissenschaftskommunikation
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.

    Das Fortpflanzungsverhalten in der Tierwelt ist äußerst vielfältig. Bei Säugetieren galt bisher, dass beim Paarungsverhalten immer ein Eindringen des Penis in den weiblichen Genitaltrakt stattfindet. Eine kürzlich in der Fachzeitschrift „Current Biology“ veröffentlichte wissenschaftliche Untersuchung unter der Leitung der Universität Lausanne und des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) dokumentiert eine völlig andere Vorgehensweise bei Fledermäusen, einer Gruppe von Säugetieren, über deren Sexualverhalten immer noch wenig bekannt ist: Breitflügelfledermäuse paaren sich ohne ein Eindringen des Penis in den Genitaltrakt der Weibchen.

    Die Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) ist eine große insektenfressende Fledermaus, die in Europa, dem Nahen Osten und Asien vorkommt. Der erigierte Penis dieser Art ist im Vergleich zur Größe der Vagina des Weibchens viel zu groß. Um zu verstehen, wie sich diese Fledermäuse paaren, beobachteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihr natürliches Paarungsverhalten auf dem Dachboden einer Kirche und während eines vorübergehenden Aufenthaltes in menschlicher Obhut in einem Fledermaus-Rehabilitationszentrum. Echtzeit-Beobachtungen von fast einhundert Paaren bei der Paarung zeigten, dass die Männchen ihren Penis nicht als intromittierendes Organ benutzten. Vielmehr „bestieg“ das Männchen das Weibchen auf dem Rücken, wie es viele andere Säugetiere tun, und nutzt seinen langen Penis wie einen Arm, um die Flughaut zu umgehen, die eine normale Paarung verhindert. Das Männchen drückt dann seinen Penis fest gegen die Vulva des Weibchens; das Paar kann mehrere Stunden lang in dieser Position bleiben.

    „Die vorliegende Untersuchung dokumentiert etwas Besonderes unter den Säugetieren“, sagen Dr. Susanne Holtze vom Leibniz-IZW und Marcus Fritze von der Universität Greifswald. „Unsere Beobachtungen und die besondere Morphologie des Penis der Breitflügelfledermaus-Männchen sind der erste Beweis für eine Paarung ohne Intromission bei einem Säugetier.“ Es ist schwierig, das Verhalten von nachtaktiven Tieren zu beobachten, erst recht von fliegenden Tieren wie Fledermäusen, schreibt das Autorenteam in ihrem Beitrag in der Fachzeitschrift „Current Biology“. Bei Fledermäusen gebe es noch immer viele Geheimnisse über ihre Biologie. Insbesondere sei wenig über ihre Fortpflanzungsweise bekannt, die bei den 1400 bisher bekannten Fledermausarten mit Sicherheit sehr unterschiedlich ist.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Susanne Holtze
    Wissenschaftlerin in der Abteilung für Reproduktionsmanagement
    Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)
    Tel: +49(0)30 5168436
    E-Mail: holtze@izw-berlin.de

    Dr. Markus Fritze
    Wissenschaftler in der Abteilung Angewandte Zoologie und Naturschutz
    Universität Greifswald, Zoologisches Institut und Museum
    Tel: +49 (0)3834 420-4222
    E-Mail: marcus.fritze@uni-greifswald.de

    Prof. Nicolas Fasel
    Professor am Department für Immunobiologie
    Universität Lausanne, Fakultät für Biologie und Medizin
    Tel: + 41 21 692 5732
    E-Mail: nicolas.fasel@unil.ch


    Originalpublikation:

    Fasel NJ, Jeucken J, Kravchenko K, Fritze M, Ruczyński I, Komar E, Moiseienko M, Shulenko A, Vlaschenko A, Christe P, Glaizot O, Holtze S (2023): Mating without intromission in a bat. Current Biology 33, R1163–R1185. DOI: 10.1016/j.cub.2023.09.054


    Bilder

    Illustration des Penis der Breitflügelfledermaus
    Illustration des Penis der Breitflügelfledermaus
    Taisiia Kravchenko
    Taisiia Kravchenko


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Illustration des Penis der Breitflügelfledermaus


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