Einschränkungen während der COVID-19-Pandemie haben nicht nur das soziale Leben verändert, sondern auch tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesundheit. Eine neue Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) zeigt, dass die körperliche Aktivität von Kindern und Jugendlichen mit Beginn der Pandemie dramatisch gesunken ist. Dies kann langfristige Folgen für die Gesundheit junger Menschen haben.
Die Studie, die kürzlich im internationalen Fachmagazin „International Journal of Behavioral Nutrition and Physical Activity“ erschienen ist, wertet Studien aus, die europaweit Veränderungen der körperlichen Aktivität junger Menschen während der Corona-Pandemie untersuchen. Bereits vor der Pandemie bewegten sich Kinder und Jugendliche in Deutschland und Europa weniger als die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen 60 Minuten am Tag. Während der Pandemie sank diese Aktivität im europäischen Durchschnitt um weitere zwölf Minuten. „Für Deutschland sehen wir einen Rückgang um etwa ein Viertel im Vergleich zu vor der Pandemie“, erläutert Prof. Dr. Martin Bujard, Forschungsdirektor am BiB und Mitautor der Studie. Besorgniserregend sei vor allem, dass diese Entwicklung zudem keine Anzeichen einer Umkehr zeigt: „Die Gefahr besteht, dass die Verhaltensweisen aus der Pandemie zum Teil dauerhaft beibehalten werden.“
Rückgang der Aktivität vor allem bei 8- bis 12-Jährigen
Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren sind der Studie zufolge am stärksten von der Ausdehnung der Inaktivität betroffen. Vor allem zur Zeit der Schulschließungen hat sich der Bewegungsmangel besonders stark bemerkbar gemacht, zumal zu dieser Zeit auch der Vereinssport kaum oder gar nicht möglich war. Die Ergebnisse korrespondieren mit früheren Analysen des BiB zu Depressionen und Angstsymptomen: Als die Schulen geschlossen waren und Vereinssport kaum angeboten wurde, traten diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen erheblich häufiger auf. „Schulschließungen stellen besonders sensible Zeiträume für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen dar“, schlussfolgert Studienleiterin Dr. Helena Ludwig-Walz vom BiB.
Langfristige Folgeschäden sollten vermieden werden
Um den negativen Trend aus der Corona-Pandemie umzukehren, sehen die an der Studie beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Handlungsbedarf. Es müsse dringend verhindert werden, dass aufgrund von Bewegungsmangel eine Generation heranwächst, bei der viele von schweren gesundheitlichen Folgeschäden betroffen sein könnten. „Sport und Bewegung wie Spielen im Freien, Schwimmen oder Turnen sollten wieder fester Bestandteil im Tagesablauf von Kindern und Jugendlichen werden“, so Ludwig-Walz. Körperliche Aktivität könne beispielsweise durch niedrigschwellige Angebote sowie die Stärkung von Vereinen mit Bewegungs- und Sportangeboten gesteigert werden. „Auch Eltern sollten aktiv gegensteuern, Sport der Kinder fördern, wenn möglich Schulwege zu Fuß oder per Fahrrad und selbst durch körperliche Aktivität ein Vorbild geben“, so Ludwig-Walz. Außerdem könnte ein umfassenderes gesundheitliches Monitoring beitragen, Trends rechtzeitig zu erkennen und gezielte Interventionen zu ermöglichen. Maßnahmen wie diese können nicht nur die Gesundheit der jungen Generation schützen, sondern auch langfristig zu einem aktiven und gesunden Lebensstil anregen.
Dr. Helena Ludwig-Walz
helena.ludwig-walz@bib.bund.de
Prof. Dr. Martin Bujard
martin.bujard@bib.bund.de
Ludwig-Walz et al. (2023): How the COVID-19 pandemic and related school closures reduce physical activity among children and adolescents in the WHO European Region: a systematic review and meta-analysis. Int J Behav Nutr Phys Act 20, 149.
https://doi.org/10.1186/s12966-023-01542-x
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Politik, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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