Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat bereits vor Jahren den Verzehr von verarbeitetem Fleisch als krebserregend für den Menschen eingestuft. Doch noch ist der Zusammenhang zwischen möglichen toxischen Inhaltstoffen im Fleisch, den Verdauungsvorgängen im Körper und der Entstehung von Darmkrebs nicht vollständig verstanden. Lücken schließen will Dr. Tina Kostka mit ihrer Forschung zu den zugrundeliegenden Mechanismen der Toxizität von verarbeitetem rotem Fleisch. Hierfür erhält die RPTU-Forscherin bis zu 1,8 Millionen Euro aus dem Emmy Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Einrichtung einer Nachwuchsgruppe am Fachbereich Chemie.
Darmkrebs ist eine der häufigsten Krebsarten. Allein das verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Ursachen zu klären. Beim Verzehr von rotem Fleisch steht die organische, eisenhaltige Verbindung „Häm“ in Verdacht, Schäden am Erbgut der Darmzellen auszulösen. Bei verarbeitetem Fleisch richtet sich das Augenmerk vor allem auf toxische Nitroso-Verbindungen (u.a. Nitrosamine), die beim Verdauungsvorgang aus dem Konservierungsstoff Natriumnitrit entstehen. „Zusätzlich weiß man, dass nicht nur Verdauungsenzyme, sondern auch das Mikrobiom, also die Gesamtheit der Darmbakterien, am Entstehen der Nitroso-Verbindungen beteiligt ist“, erklärt Kostka. „Und was die Situation noch komplexer macht: Bei rotem verarbeitetem Fleisch, in dem Häm(-Eisen) und Nitrit vorkommen, wurde beobachtet, dass die beiden Inhaltstoffe sich gegenseitig in ihrer Wirkung beeinflussen.“
Verdauung ins Reagenzglas übertragen
Die Toxikologin will im Rahmen der Forschungsarbeit ihrer Emmy Noether-Gruppe am Fachbereich Chemie zunächst die Bildung und Wirkung der toxischen Nitroso-Verbindungen umfassend untersuchen. „Wir wollen Schritt für Schritt verstehen, was mit den Substanzen, die als toxisch gelten, beim Verdauen passiert. Die Inhaltstoffe im Fleisch sind bekannt. Man kann die Nitroso-Verbindungen im Darm nachweisen. Unklar ist jedoch, wann und wo genau diese Substanzen entstehen. Daher simulieren wir alle Schritte eines Verdauungsvorgangs im Reagenzglas. Uns interessiert, was chemisch und enzymatisch gesehen mit den Substanzen passiert und wie sie sich verändern.“
Im nächsten Schritt wird die Wissenschaftlerin mit der ETH Zürich zusammenarbeiten. Dort steht ein Fermenter als künstlicher Dickdarm zur Verfügung, der ein menschliches Mikrobiom enthält. „Damit wollen wir erforschen, wie die Substanzen mit dem Mikrobiom wechselwirken und umgekehrt“, ergänzt Kostka.
Schutzmechanismus von Darmzellen
Im zweiten Teil des Projekts steht die Toxizität im Fokus. Es soll genauer untersucht werden, wie Nitrit die Toxizität des Häms beeinflusst. „Unsere Zellen besitzen einen Schutzmechanismus, der Häm abbaut und so die toxische Wirkung reduziert. Hierfür verantwortlich ist ein Enzym, das als Hämoxygenase-1 bezeichnet wird. Nitrit und Nitroso-Verbindungen könnten die Funktion der Hämoxygenase-1 beeinflussen. Im Fall von Darmkrebs sind bisher keine umfassenden Erkenntnisse vorhanden“, so die Forscherin. Deswegen wird sie mit ihrer Nachwuchsgruppe die Interaktion der Fleischinhaltsstoffe mit der Hämoxygenase-1 in verschiedenen Versuchsumgebungen – in zellfreien Systemen und in Darmzellen – mit biochemischen und bioanalytischen Methoden untersuchen. Nachfolgende Analysen sollen zeigen, ob dabei tumorrelevante Proteine aktiviert werden. Ebenso werden Gewebeproben von Darmkrebspatienten untersucht. Hierzu wird es Kooperation mit anderen Arbeitsgruppen am Fachbereich Chemie, am Fachbereich Biologie sowie der Universitätsmedizin Mainz geben.
Potenzial von Nitrit-Alternativen
Zusätzlich möchte die Wissenschaftlerin andere Konservierungsstoffe untersuchen, die als mögliche Alternativen für Natriumnitrit zur Haltbarmachung von Fleisch diskutiert werden. Auch in diesen Fällen ist eine toxikologische Begutachtung unabdingbar. "Es ist bereits bekannt, dass eine der aktuell diskutierten Nitrit-Alternativen die Hämoxygenase-1 als Schutzmechanismus der Darmzellen hemmt. Das könnte die toxische Wirkung vom Häm und verarbeitetem roten Fleisch deutlich steigern. Genau Aussagen können wir allerdings erst treffen, wenn wir das Zusammenspiel der einzelnen Faktoren genauer untersucht haben“, erklärt Kostka.
Synergien in der Forschung heben
Das Emmy Noether-Programm der DFG richtet sich an hervorragend qualifizierte Postdocs sowie befristet beschäftigte Juniorprofessorinnen und -professoren in einer frühen Phase ihrer wissenschaftlichen Karriere. Es ermöglicht ihnen, sich durch die eigenverantwortliche Leitung einer Emmy Noether-Gruppe über einen Zeitraum von sechs Jahren für den nächsten Karriereschritt, eine Hochschulprofessur, zu qualifizieren.
Dr. Tina Kostka ist Mitte 2022 als Postdoktorandin in die Arbeitsgruppe von Professor Dr. Jörg Fahrer an die RPTU gewechselt, dessen Forschung sich mit den Mechanismen der Darmkrebsentstehung und der Lebertoxizität beschäftigt. „Ich bin überwältigt, dass ich die Bewilligung für die Emmy Noether-Gruppe erhalten habe und habe mir viel vorgenommen“, freut sich Kostka. „Hierfür bietet mir die RPTU beste Forschungsbedingungen. Der Fachbereich Chemie und Biologie haben mich sehr gut im Rahmen der Antragstellung unterstützen und bieten mir zugleich viele Kooperationsmöglichkeiten. So sind inhaltlich zahlreiche Synergien zu meinem Forschungsthema vorhanden, auf denen ich bereits aufbauen konnte. Zudem habe ich 2023 eine Forschungsförderung vom TU-Nachwuchsring erhalten, mit deren Hilfe ich erste Vorversuche machen konnte. Das hat sich bei der Bewerbung ausgezahlt.“
Pressekontakt
Dr. Tina Kostka
Fachrichtung Lebensmittelchemie und Toxikologie, Fachbereich Chemie, RPTU in Kaiserslautern
Tel.: 0631/205- 3043
E-Mail: kostka@rptu.de
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Thomas Koziel
RPTU, Koziel
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
RPTU-Forscherin Dr. Tina Kostka wird mit ihrer Emmy-Noether-Gruppe untersuchen, welche Mechanismen d ...
Thomas Koziel
RPTU, Koziel
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