Statt Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung wie bisher geplant über ein Klimageld an die Bevölkerung zurückzugeben, könnte dies rascher und einfacher über allmählich sinkende Strompreise geschehen. Dadurch würden sowohl die Verbraucher entlastet als auch die Energiewende vorangebracht. Nach den Ergebnissen einer aktuellen Befragung im Rahmen des Sozialökologischen Panels würde dies auch dem Bürgerwillen entsprechen. In einer Erhebung unter rund 4.500 Befragten vom Herbst 2023 wünschte sich lediglich ein Drittel eine Auszahlung des Klimageldes. Die absolute Mehrheit sprach sich dafür aus, die CO₂-Preis-Einnahmen für Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende zu verwenden. ...
... Das ergaben Auswertungen des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung im Rahmen des von der E.ON Stiftung geförderten Projektes „Sozialökologisches Panel – Fortführung und Weiterentwicklung“.
Das Wichtigste in Kürze:
- Im Jahr 2021 wurde in Deutschland die sogenannte CO₂-Bepreisung für fossile Kraft- und Brennstoffe eingeführt, um deren Verbrauch zum Zwecke des Klimaschutzes zu reduzieren. Um bei weiter steigenden CO₂-Preisen eine breite Akzeptanz zu sichern, sollte die Politik die daraus resultierenden Einnahmen wieder komplett an die Verbraucher zurückgeben, so wie seit Jahren versprochen. Dazu angedacht ist bisher ein jährlicher Pauschalbetrag, der unter dem Begriff Klimageld bekannt ist.
- Das Klimageld ist jedoch nicht die von der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürgern bevorzugte Verwendung der aus der CO₂-Bepreisung stammenden Einnahmen (Abbildung 1). Das zeigen die Ergebnisse einer von der E.ON Stiftung im Rahmen des Projekts „Sozialökologisches Panel – Fortsetzung und Weiterentwicklung“ geförderten Erhebung, die das RWI ausgewertet hat. Hierzu wurden im Herbst 2023 rund 4.500 Mitglieder des forsa-omninet-Panels befragt.
- Statt des Klimageldes wünscht sich die Mehrheit der Befragten, dass die CO₂-Preis-Einnahmen für Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende wie den Ausbau der erneuerbaren Energien verwendet werden sollen. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der robusten Evidenz der empirischen umweltökonomischen Literatur zum „green spending“. Die CO₂-Preis-Einnahmen für die Finanzierung der Energiewende zu verwenden, die ansonsten die Verbraucher mit höheren Strompreisen bezahlen müssten, wäre auch angesichts eines weiteren Erhebungsergebnisses geboten: Knapp drei Viertel der Befragten sind besorgt, dass die Stromkosten weiter steigen könnten (Abbildung 2).
- Um die Akzeptanz der Energiewende zu erhöhen, plädieren RWI-Energieexperte Manuel Frondel und RWI-Präsident Christoph M. Schmidt in einem RWI-Positionspapier dafür, die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung nicht durch Auszahlung eines Klimageldes, sondern durch eine jederzeit mögliche schrittweise Senkung des Strompreises an die Bevölkerung zurückzugeben. Erstens sollten Strompreiskomponenten gesenkt werden, vor allem die Netzentgelte, mit denen der für die Energiewende unabdingbare Netzausbau finanziert wird. Zweitens sollten Umlagen auf den Strompreis wie die KWK-Abgabe zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung komplett abgeschafft werden. Diese Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende sollten fortan aus dem für diesen Zweck geschaffenen Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanziert werden, nicht mehr von den Stromverbrauchern.
- Die RWI-Wissenschaftler empfehlen: In Zeiten massiver finanzieller Engpässe sollten die Mittel des Klima- und Transformationsfonds möglichst für beides eingesetzt werden: die Umsetzung der Energiewende und die Entlastung der Verbraucher. Das bedeutet: Die Fondsmittel sollten zur Senkung der Netzentgelte und zur Abschaffung der zahlreichen Umlagen auf den Strompreis eingesetzt werden und so die Bürgerinnen und Bürger entlasten, statt ihnen ein Klimageld auszuzahlen. So könnte ein durchschnittlicher 4-Personen-Haushalt mit einem Stromverbrauch von etwa 4.250 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr durch die Absenkung der Netzentgelte und Umlagen jährlich um etwa 400 Euro entlastet werden.
„Unsere empirischen Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Auszahlung eines Klimageldes keine breite Mehrheit in der Bevölkerung hat“, sagt RWI-Energieexperte Manuel Frondel. „Die Politik wäre angesichts großer finanzieller Engpässe gut beraten, mit den Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung sowohl die Verbraucher zu entlasten als auch die Energiewende voranzubringen. Dadurch entstünde eine doppelte Dividende: Beide Ziele würden durch eine Verwendung der CO₂-Preis-Einnahmen für den für die Energiewende unabdingbaren Netzausbau bei gleichzeitiger Senkung der Netzentgelte erreicht werden.“
Der Geschäftsführer der E.ON Stiftung, Stephan Muschick, ergänzt: „Das Klimageld lässt nun schon so lange auf sich warten und seine Auszahlung scheitert noch immer an bürokratischen Hürden. Nun wissen wir, dass der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger echte Investitionen in die Energiewende wichtiger sind als individuelle Rückzahlungen à la Klimageld.“
RWI-Präsident Christoph M. Schmidt betont die hohen Opportunitätskosten, also den entgangenen Nutzen, des Klimageldes: „Würde mit den Mitteln des Klima- und Transformationsfonds nicht das Klimageld finanziert, sondern Maßnahmen wie die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung und der Ausbau der Netze, würden diese Mittel exakt für den Zweck verwendet, für den dieser Fonds geschaffen wurde: die Transformation des Energiesystems zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes. Diese Maßnahmen sollten daher fortan nicht mehr allein von den Stromverbrauchern finanziert werden, sondern in zunehmend stärkeren Maße aus dem Klima- und Transformationsfonds. Das würde die Bürgerinnen und Bürger ähnlich wie das Klimageld entlasten, aber zusätzlich die Energiewende voranbringen.“
Prof. Dr. Manuel Frondel (RWI), Tel.: (0201) 81 49-204, Manuel.Frondel@rwi-essen.de
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Abbildung 1
RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e.V.
Abbildung 2
RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e.V.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Energie, Politik, Wirtschaft
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