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15.12.1998 14:35

Forscher suchen neue Arzneistoffe in Schwämmen

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Seit die Ozeane als reichhaltige Quelle für neue Arzneimittel entdeckt wurden, suchen viele Forscher dort nach geeigneten Naturstoffen. Vor diesem Hintergrund beschäftigen sich Wissenschaftler der Universität Würzburg mit zwei vielversprechenden Meeresschwämmen.

    Beide Schwämme gehören zu einer Familie, die sich durch die Produktion von Naturstoffen auszeichnet, welche sich gegen Bakterien und Pilze richten und zudem für bestimmte Brustkrebszellen toxisch sind, wie Dr. Ute Hentschel vom Institut für Molekulare Infektionsbiologie sagt. Außerdem haben diese Stoffe eine abschreckende Wirkung auf Fraßfeinde der Schwämme, wie Schnecken und Fische, dienen also der "chemischen Verteidigung".

    Nicht nur Schwämme, auch andere Bewohner der Korallenriffe greifen auf eine solche Verteidigung zurück - schließlich bleiben ihnen kaum andere Möglichkeiten: Den Riffbewohnern fehlen meist Abwehrmechanismen wie Krallen, Panzer oder Zähne. Zudem sind sie seßhaft, können also ungünstigen Umweltbedingungen oder Feinden nicht ausweichen. Die chemische Verteidigung verhindert auch, daß die Riffbewohner von Bakterien überwachsen werden - das wäre besonders für solche Organismen lebensbedrohlich, die das Meerwasser filtrieren, um daraus ihre Nahrung zu gewinnen.

    Etliche Naturstoffe aus dem Meer werden in Medizin, Pharmazie und Lebensmitteltechnologie bereits verwendet. Als Beispiele nennt Dr. Hentschel die Substanz Discodermolid, die aus einem Tiefseeschwamm isoliert wurde und die Teilung von Krebszellen hemmt. Ebenfalls aus einem Meeresschwamm stammt der Naturstoff Manoalid, der bei der Behandlung von Entzündungen eine wichtige Rolle spielt. Ein weiteres Beispiel: der Bohrschwamm, der in Korallenstöcken lebt, scheidet einen giftigen Schleim aus. Damit unterdrückt er die Photosynthese von Kleinstlebewesen und verhindert somit, daß diese seinen Körper verstopfen. Eine aus dem Schleim isolierte Substanz werde nun eingesetzt, so die Würzburger Wissenschaftlerin, um die Unterseite von Schiffen vor Bewuchs zu schützen. Dies sei vorher nur mit hochgiftigen Farben machbar gewesen.

    Auch ein anderes Beispiel zeigt, daß die Ozeane als Quelle für neue Substanzen erfolgversprechend sind: Mehr als die Hälfte der Naturstoffe, die am amerikanischen Nationalen Krebsinstitut (NCI) auf ihre Eignung als Medikament untersucht werden, stammt aus dem Meer. Mindestens sechs marine Naturstoffe befinden sich derzeit in der Phase der klinischen Prüfung.

    An der Universität Würzburg werden die Naturstoffe aus den Schwämmen Aplysina aerophoba und Aplysina cavernicola am Institut für Molekulare Infektionsbiologie von der Arbeitsgruppe von Dr. Ute Hentschel und Prof. Dr. Jörg Hacker in Zusammenarbeit mit der Gruppe um Prof. Dr. Peter Proksch aus der Pharmazeutischen Biologie untersucht. Im Körper dieser Schwämme lebt eine außergewöhnlich hohe Menge von Mikroorganismen, die bis zu 40 Prozent der Biomasse des Tieres ausmachen können. Deshalb vermuten die Wissenschaftler, daß Bakterien an der Naturstoff-Produktion der Schwämme beteiligt sind.

    Die Arbeitsgruppe um Dr. Hentschel will erstmals die Bakterienpopulation von Aplysina aerophoba taxonomisch bestimmen. Nach der Isolierung und Kultivierung der Bakterien sollen diese auf eine mögliche Produktion von Naturstoffen mit antimikrobieller Wirkung hin untersucht werden. Im Erfolgsfall ist geplant, die möglicherweise pharmazeutisch relevanten Stoffe in Zusammenarbeit mit Prof. Proksch und einer biotechnologischen Firma zu identifizieren und zu charakterisieren. Fernziel dieser Verknüpfung von meeresbiologischer Grundlagenforschung mit anwendungsorientierten Testverfahren ist die Entwicklung neuer Arzneimittel.

    Weitere Informationen: Dr. Ute Hentschel, T (0931) 31-2581, Fax (0931) 31-2578, E-Mail:
    ute.hentschel@mail.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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