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06.07.2004 09:05

Neue Diagnostik ermöglicht verbesserte Behandlung der Harninkontinenz

Isa Berndt Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V.

    Deutschland, Österreich und Schweiz im Konsens und international führend

    Ca. 4 Mill. Frauen leiden in Deutschland an einer Harninkontinenz, einem ungewollten Wasserlassen. Nur jede zweite Frau unterzieht sich allerdings derzeit einer ärztlichen Behandlung, und bis vor kurzem haben zudem die Möglichkeiten der exakten Krankheitserkennung oft nicht ausgereicht, um eine gezielte Behandlung durchzuführen.

    Seit vielen Jahren arbeiten Frauenärztinnen und -ärzte deshalb daran, die Ultraschall-Diagnostik (= Sonographie) auch für die Diagnostik der Harninkontinenz einzusetzen und zu einer etablierten Methode auszuarbeiten. Deutschland, Österreich und die Schweiz sind hierbei international führend. Das aktuelle Konsensuspapier wurde vor kurzem in der Fachzeitschrift "Frauenarzt" veröffentlicht.

    Der Schallkopf des Ultraschall-Geräts wird bei dieser Methode nicht auf dem Bauch, sondern aussen auf den Scheideneingang aufgesetzt. Dadurch können die Ärztinnen und Ärzte Harnröhre, Blase und den Beckenbodenmuskel darstellen. Neben Veränderungen der Harnröhren- und Harnblasenwand können durch dynamische Untersuchungen - die Patientinnen werden während der Untersuchung zum Pressen bzw. Zusammenkneifen des Beckenbodenmuskels aufgefordert - Ursachen der Harninkontinenz objektiviert werden. Durch die Ultraschall-Untersuchung kann dann die Erkrankung in eine Beckenbodenmuskelschwäche bzw. in eine Bindegewebeschwäche untergliedert werden: Bei der Beckenbodenmuskelschwäche können Harnblase und -röhre nicht bewusst angezogen werden; bei der Bindegewebeschwäche senken sich beim Pressen Harnblase und -röhre bis weit unter den Schambeinknochen.

    Die Beckenbodenschwäche erfordert ein entsprechendes Training der Beckenboden-Muskulatur. Hierzu gehört je nach Reaktionsfähigkeit des Beckenbodens auch eine Schulung und Konditionierung des "Beckenboden-Bewusstseins". In vielen Fällen hat ein solches Training bei regelmäßigem Engagement der Frauen sehr gute Erfolge. Die Sonographie hilft hier nicht nur bei der Therapieentscheidung, sondern dient auch als Therapieüberprüfung zur Beurteilung des Erfolges, da die Patientin am Bildschirm mitverfolgen kann, ob eine gezielte Beckenbodenkontraktion ausgelöst werden kann.

    Steht die Bindegewebsschwäche für die Entstehung der Harninkontinenz im Vordergrund, wird eine Operation geplant. Im Rahmen der Operationsplanung müssen die Bindegewebsdefekte genau lokalisiert werden. Denn dies hat entscheidenden Einfluss auf die Wahl der Operationstechnik, wodurch das Operationsergebnis verbessert und die Komplikationsrate gesenkt werden können.

    - Ist das Bindegewebe unterhalb der Harnröhre geschwächt (zentraler Defekt), ist die Einlage eines Kunststoffbändchens (z.B. TVT-Plastik) geeignet, was minimal invasiv in Lokalanästhesie durchgeführt wird. Nach der Operation wird kein Katheter benötigt.
    - Hat sich das seitliche Scheidenbindegewebe vom Beckenbodenmuskel gelöst (lateraler Fasziendefekt), wird durch einen kleinen Schnitt oberhalb der Symphyse (des Schambeinhöckers) das Scheidenbindegewebe mittels Kunststofffäden zum Schambein hin stabilisiert (Kolposuspension). Nach der Operation wird nur der Katheter nur für ein Tag benötigt.
    - Ist weder seitlich noch zentral ein Bindegewebsdefekt erkennbar - meist nach mehrfachen Voroperationen-, sind Harnröhrenunterspritzungen mit einem Medikament geeignet, um eine Besserung der Inkontinenzsituation zu erreichen. Dies erfolgt ebenfalls in Lokalanästhesie und erfordert postoperativ keinen Katheter zur Harnableitung.

    In der Kontrolle des Heilungsverlaufs nach der Operation hat sich die Sonographie gleichermaßen bewährt, um Ursachen bei fortbestehenden Beschwerden bzw. bei Komplikationen objektiv herauszufinden und gezielt zu beseitigen.

    1995 fand das erste deutschsprachige Konsensusmeeting zur Urogenitalsonographie unter der Schirmherrschaft der Deutschen, Österreichischen und Schweizer Arbeitsgemeinschaft für Urogynäkologie und plastische Beckenbodenrekonstruktion statt. Die im Rahmen des Meetings ausgearbeiteten Empfehlungen zur standardisierten Untersuchungstechnik wurden in deutsch- und englischsprachigen Zeitschriften publiziert und blieben weltweit bisher einzigartig. Im November 2003 haben sich Experten aller drei Arbeitsgemeinschaften erneut getroffen und die Empfehlungen anhand der aktuellen Literatur und den Erfahrungen aktualisiert, sie sind in der Mai-Ausgabe der Fachzeitschrift "Frauenarzt" am 15. Mai 2004 erschienen. Grundtenor des Konsensusmeeting und der aktualisierten Empfehlungen ist die standardisierte Anwendung der Sonographie im Rahmen der prä- und postoperativen Diagnostik stressharninkontinenter Patientinnen, was bisher nur an wenigen Kliniken bzw. Ambulanzen umgesetzt wurde.

    Ultraschall-Abbildungen zu dieser Pressemitteilung stehen auf der Homepage der DGGG unter http://www.dggg.de zur Verfügung

    Abdruck honorarfrei, Belegexemplar erbeten

    Ansprechpartner: Prof. Dr. Klaus Diedrich, Präsident der DGGG, Direktor der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Lübeck, Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck.

    Priv.-Doz. Dr. Ralf Tunn, Vorsitzender der AG Urogynäkologie und plastische Beckenbodenrekonstruktion e.V. (AGUB), Deutsches Beckenbodenzentrum, St. Hedwig-Krankenhaus, Große Hamburger Str. 5 - 11,10115 Berlin. Tel 030 2311 2106 oder -2878. E-mail: r.tunn@alexius.de

    verantwortlich:
    DGGG Redaktion, Susanna Kramarz, Bayernallee 18, 14052 Berlin. Tel. 030-308 123 11, E-mail: redaktion@dggg.de


    Weitere Informationen:

    http://www.dggg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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