Masterstudent der Friedrich-Schiller-Universität Jena kann koloniale Familiengeschichte dank einer Förderung durch die Initiative Wissenschaft im Dialog aufbereiten. Sein Ururgroßvater diente als Soldat in Deutsch-Ostafrika. Entstehen sollen eine Ausstellung sowie eine Station für einen Stadtrundgang in Göttingen.
Welche Rolle spielt der Einzelne in den Wirren der Zeit, welche Spuren hinterlässt er? Diesen Fragen kann Nicolai Messerschmidt am Beispiel seines Ururgroßvaters Theodor Schneemann nachgehen. Der Vorfahr diente mehrere Jahre als Soldat in Deutsch-Ostafrika und damit war er in die deutsche Kolonialgeschichte verstrickt. Sein Ururenkel, ein 27-jähriger Masterstudent von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, erhält nun 10.000 Euro von der Initiative Wissenschaft im Dialog. Nicolai Messerschmidt möchte mit dieser Förderung eine Ausstellung und eine Station einer Stadtführung in Göttingen gestalten. Als Grundlage dienen ihm Fotografien, Briefe und Postkarten Schneemanns, die sich im Besitz der Familie befinden. „Ziel ist es, die privaten Bilder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, sagt Nicolai Messerschmidt. Die Ausstellung mit dem Titel „Koloniale (Un)freiheiten – Freiheit und Knechtschaft in Deutsch-Ostafrika“ soll von April an bis Juli in Göttingen gezeigt werden. Zudem soll es eine wissenschaftliche Tagung zur Kolonialgeschichte geben. Nicolai Messerschmidt möchte dazu Nachkommen jener Menschen einladen, die einst unter der Kolonialherrschaft in Afrika zu leiden hatten.
Eine Ausstellung und eine Station für eine Stadtführung in Göttingen
Theodor Schneemann (1879 - 1937) stammte aus einer Bauernfamilie aus Rittmarshausen in der Nähe von Göttingen. Er diente drei Jahre beim preußischen Militär und ging dann als Soldat nach Deutsch-Ostafrika. Diese deutsche Kolonie umfasste die heutigen Staaten Tansania, Burundi, Ruanda und Teile Mosambiks. „Geschichten über den Aufenthalt in Afrika gehören zu unseren Familienüberlieferungen“, sagt Nicolai Messerschmidt. Einst habe es noch ausgestopfte Tiere und ein Löwenfell gegeben, diese Sachen seien aber inzwischen verschollen. Übrig blieben zahlreiche Fotografien, Briefe und Postkarten. Wie Messerschmidt erläutert, seien die Zustände in der deutschen Kolonie auf den Bildern eher am Rande sichtbar. Viele der Fotos zeigten Pferde und Stallungen, da der Vorfahr als Stallmeister tätig war. Es gebe aber auch Aufnahmen, die „deutlich koloniale Machtphantasien widerspiegeln“, wie Nicolai Messerschmidt es sieht. In einem der Briefe an Theodor Schneemann schreibe zudem ein Bekannter von den gängigen Preisen für afrikanische Waffen oder rituelle Masken.
Dank der Förderung durch die Initiative Wissenschaft im Dialog bietet sich nun die Gelegenheit, die privaten Zeitzeugnisse einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nicolai Messerschmidt kooperiert dabei mit dem Verein „Göttingen postkolonial“, der sich für Aufklärung über die koloniale Geschichte im Raum Göttingen einsetzt. Als Ort für die Ausstellung „Koloniale (Un)freiheiten – Freiheit und Knechtschaft in Deutsch-Ostafrika“ soll das „Stadtlabor Göttingen“ dienen. Zudem möchte Nicolai Messerschmidt eine thematische Station zur Kolonialgeschichte für einen bestehenden Stadtrundgang erstellen. Ort dieser Führungsstation soll das einstige Wohnhaus Theodor Schneemanns sein. Der Ururgroßvater Nicolai Messerschmidts war nach seiner Afrikazeit in Göttingen Stadtbadehausoberinspektor und wohnte in der Nähe des Bades.
Nicolai Messerschmidt
Seminar für Volkskunde der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Zwätzengasse 3, 07743 Jena
Telefon: 0177 / 7713158
E-Mail: nicolai.messerschmidt@uni-jena.de
Masterstudent Nicolai Messerschmidt erforscht die Geschichte seines Ururgroßvaters Theodor Schneeman ...
Foto: Anne Günther/Uni Jena
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften
regional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch
Masterstudent Nicolai Messerschmidt erforscht die Geschichte seines Ururgroßvaters Theodor Schneeman ...
Foto: Anne Günther/Uni Jena
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