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05.03.2024 13:33

Innovatives Forschungsprojekt zur Optimierung der Gewässerqualität in der Schussen

Camilla Schulz Referat für Hochschulkommunikation und Marketing
HBC Hochschule Biberach

    Die 60 Kilometer lange Schussen durchquert die Landkreise Biberach, Ravensburg und den Bodenseekreis, bevor sie bei Eriskirch in den Bodensee mündet. In einem Bestreben, die Gewässerqualität im Verbandsgebiet zu verbessern und die EU-Wasserrahmenrichtlinie im Einzugsgebiet der Schussen zu erfüllen, hat der Abwasserverband Unteres Schussental (AUS) ein gewässerökologisches Gutachten beauftragt. Dieses wurde 2020 abgeschlossen und zeigt die Notwendigkeit ingenieurtechnischer Maßnahmen auf den letzten 17,5 Kilometern vor der Mündung. Die wissenschaftliche Konzeption dieser Maßnahmen wird in Zusammenarbeit mit der Hochschule Biberach (HBC) und anderen Projektpartnern umgesetzt.

    Die Schussen durchquert auf ihrem etwa 60 Kilometer langen Weg die drei Landkreise Biberach, Ravensburg und den Bodenseekreis und mündet bei Eriskirch in den Bodensee. Auf den letzten 17,5 Kilometern vor ihrer Mündung ins schwäbische Meer nimmt die Schussen etwa 20 Zuflüsse auf. Im Bestreben, den Zustand der Gewässer im Verbandsgebiet zu verbessern und die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie im Einzugsgebiet der Schussen im Bodenseekreis zu erreichen, hat der Abwasserverband Unteres Schussental (AUS) ein umfassendes gewässerökologisches Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses wurde 2020 abgeschlossen und zeigt, dass ingenieurtechnische Maßnahmen notwendig sind. Für die wissenschaftliche Konzeption dieser Maßnahmen erhält der Verband Unterstützung von der Hochschule Biberach (HBC) und weiteren Projektpartnern.

    Unter der Leitung von Professorin Dr.-Ing. Ulrike Zettl und dem Team des Instituts für Geo und Umwelt (IGU) arbeitet die HBC an einem innovativen Forschungsprojekt zur Verbesserung der Wasserqualität durch die Entwicklung eines Retentionsbodenfilters zur weitergehenden Regenwasserbehandlung, der gezielt Mikroschadstoffe entfernen kann. Die innovative Komponente des Projekts liegt in der Nutzung von Aktivkohleverfahren zur Spurenstoffelimination. Durch die gezielte Anwendung von Aktivkohle soll die Effizienz der Retentionsbodenfilter zur Rückhaltung von Mikroschadstoffen wie TCPP, Diclofenac, Carbamazepin und Metoprolol erhöht werden. „Ein erheblicher Anteil schlechter Wasserqualität ist auf die Siedlungsentwässerung zurückzuführen“, erklärt Prof. Zettl. Das Problem: „Während bei trockenem Wetter sämtliches Abwasser zur Kläranlage abgeleitet und dort gereinigt wird, gelangt bei Regen hingegen ein Teil der Siedlungsabflüsse direkt in die Gewässer“.

    Um die Belastung der Gewässer zu reduzieren, werden Speicherbecken errichtet, dadurch werden Schmutz- und Regenwasser seltener und in geringerem Umfang in die Gewässer entlastet. Trotzdem reiche das nicht aus, weshalb Bodenfilter zur weitergehenden Behandlung eingesetzt werden. Durch die Bodenpassage werden Feststoffe zurückgehalten und es zeigt sich eine biologische Reinigungswirkung. Jedoch bleiben problematische Stoffe, insbesondere wasserlösliche und schwer abbaubare Mikroschadstoffe, die sich nicht an Feststoffe binden, weiterhin im Wasser und gelangen in die Gewässer. Um diesem Umstand zu begegnen, untersucht das Forschungsteam der HBC zunächst den im Einzugsgebiet der Schussen eingesetzten konventionellen Bodenfilter (Baujahr 2004) in der Gemeinde Tettnang um ihn im nächsten Schritt weiterzuentwickeln. Entscheidend für den Forschungsprozess ist die Auswahl von Leitsubstanzen. Das Team identifiziert dabei relevante Substanzen für die beiden Eintragswege aus Schmutzwasser und Niederschlagsabflüssen und stimmt diese mit bereits bekannten Spurenstofflisten aus der Literatur, unter anderem der Liste B des Kompetenzzentrum Spurenstoffe Baden-Württemberg (KomS BW) ab. Die Untersuchung der Eliminationsleistung des bestehenden Filters bildet einen weiteren Schwerpunkt der Forschung. Hier analysiert das Team gezielt die ausgewählten Leitsubstanzen sowie das Adsorptionsverhalten der unzureichend eliminierten Stoffe an verschiedenen marktgängigen Aktivkohleprodukten.

    „Aus den Betriebsdaten dieses bestehenden Retentionsbodenfilters der letzten 5 Jahren werden die Anzahl der Einstauereignisse bestimmt, sowie deren Dauer berechnet und mit der zu erwartenden Wasserbeaufschlagung des zu konzipierenden Filters verglichen. Des Weiteren werden Spurenstoffe aus Abwasserproben am Zulauf und Ablauf des bestehen Filters identifiziert und bilanziert, um das Eliminationsverhalten des Filters zu evaluieren. Die Stoffe, die nicht von diesem gewöhnlichen Bodenfilter zurückgehalten werden, sind besonders für dieses Projekt interessant. Sie sollen durch den Einsatz von Aktivkohle, die im „neuen“ Bodenfilter geplant ist, weiter reduziert werden, um so den Spurenstoffeintrag in die Gewässer weiter zu reduzieren.“, beschreiben die Forscherinnen ihre Vorgehensweise. Die gewonnenen Erkenntnisse zum Eintrags- und Eliminationsverhalten der Leitsubstanzen sollen in das bestehende Schmutzfrachtmodell des AUS integriert werden.

    Unterstützung erhalten Ulrike Zettl und ihre Mitarbeiterin Birgit Kornmann bei ihrer Arbeit sowohl von Studierenden der Fakultät Bauingenieurwesen und Bau-Projektmanagement als auch von Prof. Dr. Chrystelle Mavoungou und ihrem Mitarbeiter Tim Hamann vom Institut for Applied Biotechnology (IAB). Denn das Pilotprojekt wird an der HBC interdisziplinär behandelt. Das IAB stellt hierfür u.a. hochmoderne Messgeräte wie z.B. Py-GC-MS (Gaschromatograph mit Pyrolyse und einem MS-Detektor, Fluoreszenzmikroskopen, UV-Sonden und HPLC etc. für die Spurenstoffanalytik bereit und ist an der Optimierung und ggfs. der Erweiterung der Screeningverfahren beteiligt. Die AG von Prof. Mavoungou war von Anfang an in die Gewässeruntersuchungen eingebunden. „Alle Beteiligten setzen sich nachdrücklich für eine Verbesserung der Gewässergüte und des Umweltschutzes ein. Wir freuen uns umso mehr auf die hochschulinterne Zusammenarbeit und den Austausch mit allen anderen Expert*innen in unserem Projektteam“, freut sich die Projektleiterin über die Kooperation.

    Neben den Expert*innen der Hochschule Biberach sind noch weitere Partner*innen an der Entwicklung des Bodenfilters beteiligt. Kern ist die Zusammenarbeit mit Fachleuten, die lokale Kenntnisse zum Entwässerungssystem des Abwasserverbands (Wasser-Müller Ingenieurbüro GmbH in Biberach) und dem Gewässer haben (Büro Gewässerplan in Kressbronn a.B.) sowie große Erfahrung mit der Anwendung von granulierter Aktivkohle in der Abwasserreinigung mitbringen (Ingenieurbüro Jedele und Partner in Wangen im Allgäu). Ebenso ist die Einbindung der Wasserwirtschaftsbehörde (Landratsamt Bodenseekreis) und des Betriebspersonals vor Ort (Abwasserverband Unteres Schussental) für die Projektbeteiligten von großer Bedeutung.

    Zudem ist das KomS BW am Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte und Abfallwirtschaft (ISWA) der Universität Stuttgart involviert, um das Forschungsteam bei der Beprobung und der Spurenstoffanalytik zu unterstützen, genauso wie das Lehr- und Forschungslabor des Instituts für Siedlungswasserbau, Wassergüte und Abfallwirtschaft (ISWA, Universität Stuttgart).

    Grundsätzlich soll die innovative Filtertechnologie zur weitergehenden Regenwasserbehandlung eingesetzt werden, aber auch im Ablauf von kleineren Kläranlagen in Gebieten, in denen eine gezielte Spurenstoffelimination erforderlich ist. Die langfristigen Perspektiven dieses Ansatzes umfassen die mögliche Integration solcher Bodenfilter in die landesweite Wasserinfrastruktur, um die Wasserqualität zu verbessern und den Herausforderungen im Zusammenhang mit Mikroverunreinigungen zu begegnen. „Der Bau eines Retentionsbodenfilters mit einer zusätzlichen gezielten Spurenstoffelimination gilt als Schlüssel für eine nachhaltige Verbesserung der gewässerökologischen Situation. Gleichzeitig stellt die Verwendung eines mit Aktivkohle ausgestatteten Retentionsbodenfilters zur weitergehenden Regenwasserbehandlung eine technische Neuerung dar, die bislang nur in Versuchsanlagen zur Anwendung kam“, betont das Projektteam die Relevanz und Innovation seiner Arbeit.

    Das Forschungsprojekt wird vom Regierungspräsidium Tübingen sowie dem Umweltministerium Baden-Württemberg gefördert.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    zettl@hochschule-bc.de , kornmann@hochschule-bc.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Bauwesen / Architektur, Geowissenschaften, Gesellschaft, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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