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06.03.2024 15:39

Zusammenstehen gegen Hass: eine kollektive Verantwortung

LMU Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Einzelne Stimmen, die sich Hassrede entgegenstellen, reichen nicht aus, um deren wahrgenommenen Schaden abzumildern. Das hat eine neue LMU-Studie herausgefunden.

    Vorfälle von Hatespeech sind in verschiedensten Bereichen der Gesellschaft weit verbreitet und bleiben von unbeteiligten Zuhörenden häufig unwidersprochen. LMU-Forschende haben untersucht, welche Bedeutung die Reaktionen von Umstehenden auf verbale Angriffe für die Bildung sozialer Normen haben. Die in der Fachzeitschrift Humanities & Social Sciences Communications veröffentlichte Studie wirft Zweifel an der gängigen Hypothese auf, der zufolge es ausreicht, wenn nur eine einzelne Person sich dem Hass entgegenstellt. „Es ist wichtig, die Reaktionen von Unbeteiligten auf der Gruppenebene und nicht individuell zu untersuchen“, sagt Dr. Jimena Zapata, Hauptautorin der Studie. „Eine kollektive Reaktion, insbesondere eine einstimmige, spielt eine entscheidende Rolle bei der Bildung gesellschaftlicher Normen, wie auf Hassreden zu reagieren ist, indem sie entweder eine billigende (durch Schweigen oder Gleichgültigkeit) oder eine ablehnende soziale Norm (durch Widerstand) zum Ausdruck bringt.“ Das ist besonders wichtig, da die Meldung und Erfassung von Hassverbrechen in den meisten Alltagssituationen von der Wahrnehmung der Opfer und der Umstehenden abhängen.

    Für ihre Studie führten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Online-Experimente durch, in denen normale Bürgerinnen und Bürger mit Schaubildern konfrontiert wurden, die Vorfälle von Hassrede im Beisein unbeteiligter Personen abbildeten, die entweder nicht darauf reagierten oder ihren Widerstand dagegen zum Ausdruck brachten. So fanden sie heraus, dass das Schweigen oder Eingreifen einer Gruppe von Umstehenden den wahrgenommenen Schaden durch Hassreden beeinflusst. Die Reaktion eines einzelnen Zuschauers hingegen hatte kaum einen Einfluss. Außerdem konnten sie zeigen, dass die schadensmindernde Wirksamkeit des Widerstands von Unbeteiligten davon abhängt, wie stark dieser ausfällt: Nur einstimmige Ablehnung, die soziale Missbilligung signalisiert, wird als hilfreich empfunden, den durch die gezeigten Vorfälle verursachten Schaden zu verringern.

    Die Studie unterstreicht laut den Autoren die Notwendigkeit, die vorherrschende passive Haltung gegenüber Hatespeech zu überwinden und betont die Bedeutung des kollektiven Widerstands von Unbeteiligten bei Hassredenvorfällen. „Die Implikationen unserer Forschung gehen über den akademischen Bereich hinaus und haben Auswirkungen auf die öffentliche Politik, die Moralphilosophie und den breiteren gesellschaftlichen Diskurs über Hatespeech“, so Zapata. Die Ergebnisse unterstützen die Notwendigkeit von Maßnahmen, die das öffentliche Engagement gegen Hassreden fördern und die weit verbreiteten sozialen Normen in Frage stellen, die das Schweigen angesichts von Diskriminierung aufrechterhalten. „Eine zentrale Erkenntnis unserer Arbeit ist, dass unbeteiligte Zeugen bei der Gestaltung gesellschaftlicher Normen gegen Hassrede eine große Rolle spielen.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Jimena Zapata
    Cognition, Values & Behaviour Lab
    Ludwig Maximilians Universität München
    J.Zapata@campus.lmu.de


    Originalpublikation:

    Jimena Zapata, Justin Sulik, Clemens von Wulffen & Ophelia Deroy: Bystanders’ collective responses set the norm against hate speech. Humanities and Social Sciences Communications 2024
    https://doi.org/10.1057/s41599-024-02761-8


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Philosophie / Ethik, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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