Eine slawistische Arbeit, die vom Osteuropa-Institut München veröffentlicht worden ist, arbeitet die Rezeption von zeitgenössischer Medizin und Psychologie im klassisischen russischen Roman des 19. Jh. auf.
Sabine Merten: Die Entstehung des Realismus aus der Poetik der Medizin. Die Russische Literatur der 40er bis 60er Jahre des 19. Jahrhunderts. - 2003. 330 S. Euro 74,00. - ISBN 3-447-048328.
(= Schriften zur Geistesgeschichte des östlichen Europa 26
Vor dem Hintergrund der russischen Medizin- und Psychologiegeschichte um die Mitte des 19. Jahrhunderts zeigt Sabine Merten die vielfältigen Schnittpunkte zwischen Literatur und Medizin auf. Ausgangspunkt ist die literarische Programmatik der "Natürlichen Schule" bzw. der "Physiologischen Skizzen", wo medizinisches Wissen als grundlegend für die literarische Typenbeschreibung erkannt wird. Die diagnostische Funktion der Literatur sowie ihr Weg zum Psychologismus werden anhand von A. Gercens Roman "Wer ist schuld" verdeutlicht; hier fungiert die Literatur gleichzeitig als literar-psychologisches Experiment und als aktuelle Gesellschaftsdiagnose. Die Verselbständigung literarischen Psychologisierens wird am Beispiel von F. Dostoevskijs Frühwerk "Arme Leute" demonstriert: im Roman "Der Doppelgänger" erscheint erstmals der Diskurs der Krankheit zu einem neuen literarischen Stil umfunktioniert. Das utopisch-ideologische Potential der Medizin zeigt sich deutlich in den literarischen Debatten der Nihilisten und Radikalen der 50er Jahre und wird anhand N. Cernysevskijs Roman "Was tun?" nachgezeichnet. I. Turgenevs Generationenroman "Väter und Söhne" verinnerlicht den Konflikt zwischen Ideologie und Subjektivität zu einem Problem der Erzählperspektive, und die im 19. Jahrhundert dominante Hypochondrie spielt als Körperdiskurs in I. Gonc¡arovs "Oblomov" eine tragende Rolle.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Geschichte / Archäologie, Medizin, Psychologie, Sprache / Literatur
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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