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21.03.2024 10:32

Toxin von Candida albicans spielt besondere Rolle bei der Besiedelung des Verdauungstrakts

Friederike Gawlik Pressestelle
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI)

    Candida albicans ist ein Hefepilz, der im Verdauungstrakt der meisten
    Menschen vorkommt. Jedoch ist der Pilz nicht immer harmlos. Er kann leichte bis schwere
    Infektionen im ganzen Körper auslösen. Bei diesen Infektionen ist ein Toxin, das
    Candidalysin, beteiligt. Es scheint vor allem bei vaginalen Infektionen von zentraler
    Bedeutung zu sein. Dass das Toxin ebenso eine wichtige Rolle bei der Besiedlung des
    Verdauungstrakts spielt, hat nun ein Team des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung
    und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI) in Zusammenarbeit mit Forschenden der
    amerikanischen Brown University herausgefunden. Die Studie erschien im renommierten
    Fachjournal „Nature”.

    „In unserer Studie haben wir uns auf Candida albicans und die Bedeutung seines
    Toxins Candidalysin fokussiert. Der Hefepilz ist ein natürlicher Teil des
    menschlichen Mikrobioms und koexistiert mit zahlreichen anderen
    Mikroorganismen wie Bakterien in unserem Magen-Darm-Trakt”, sagt Richard
    Bennett, Professor an der Brown University in Providence, Rhode Island, USA.

    Dabei vermehrt sich C. albicans in zwei verschiedenen Wachstumsformen: einer
    runden Hefeform und einer länglichen Hyphenform. „Bisherige Studien bei
    Mäusen deuteten darauf hin, dass die Hefeform vorteilhaft für die Besiedlung
    des Darms ist”, sagt Bernhard Hube. Er ist Abteilungsleiter am Leibniz-HKI und
    Professor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Seine krankmachende
    Wirkung entwickelt der Pilz vor allem in der Hyphenform. Diese sondert
    Candidalysin ab und schädigt damit Wirtszellen”, erklärt Hube. „Wenn C. albicans
    vor allem als Besiedler des Darms existiert, also als runde Hefeform, warum sind
    dann fast alle Isolate des Pilzes in der Lage, Hyphen zu bilden?”, fragten sich
    Bennett und Hube. „Welcher Selektionsdruck sorgt dafür, dass die Pilze die
    Fähigkeit, Hyphen zu bilden, nicht verlieren?”

    Vergleichende Studien an Mäusen mit vollständigem und durch Antibiotika
    reduziertem Mikrobiom zeigen nun, dass die bisherige Annahme, wonach die
    Hefeform besser für die Besiedelung geeignet ist, revidiert werden muss. Sobald
    eine komplexe Bakteriengemeinschaft vorhanden ist, nutzt C. albicans sowohl
    die Hefe- als auch die Hyphenformen, um den Darm effizient zu besiedeln. Aber
    warum ist die Hyphenform vorteilhaft, wenn Bakterien vorhanden sind?

    „Nur in der Hyphenform produziert der Pilz das Toxin Candidalysin, und das
    wirkt antibakteriell. Damit ermöglicht die Hyphenform, mit Bakterien im MagenDarm-Trakt zu konkurrieren. Das Toxin hemmt den Stoffwechsel und damit die
    Vermehrung der Bakterien. Das gibt dem Pilz einen Konkurrenzvorteil. Die mit
    der Hyphenbildung assoziierte Ausschüttung von Candidalysin trägt also wohl
    dazu bei, dass der Pilz ein so erfolgreicher Besiedler des Menschen ist. Dies kann
    erklären, warum die Hyphenform von C. albicans auch während der Besiedlung
    des Darms so wichtig ist”, sagt Hube. Wird die Hyphenbildung blockiert, kann der
    Pilz den Darm auch weniger gut besiedeln.

    „Der Pilz hat das Toxin also nicht in erster Linie entwickelt, um menschliche
    Zellen zu schädigen, sondern um auf Schleimhäuten mit Bakterien konkurrieren
    zu können”, fasst Hube die Kernaussage der Studie zusammen. Das Zusammenspiel zwischen Pilzen und Bakterien und deren Auswirkungen auf den
    Wirt wollen die Forschenden genauer untersuchen. „Dafür bietet uns der
    Exzellenzcluster ,Balance of the Microverse‘ der Friedrich-Schiller-Universität
    Jena mit seinem Fokus auf mikrobiellen Interaktionen ein optimales Umfeld”,
    sagt Hube.

    Beteiligte Institutionen

    Brown University, Providence, USA
    New York University School of Medicine, New York City, USA
    Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie, Jena, Deutschland
    Friedrich-Schiller-Universität Jena, Jena, Deutschland
    McGovern Medical School am University of Texas Health Science Center, Houston, USA
    Université Paris Cité, Paris, Frankreich

    Förderung

    Exzellenzcluster „Balance of the Microverse“
    Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
    National Institutes of Health (NIH)
    Charles H. Revson Foundation
    National Science Foundation (NSF)
    Institut Pasteur Paris

    Exzellenzcluster „Balance of the Microverse“

    Der Exzellenzcluster „Balance of the Microverse“, in dessen Rahmen die Arbeit entstand,
    bringt Forschende verschiedener Disziplinen in Jena zusammen und vereint dabei eine
    große Vielfalt an unterschiedlichen Kompetenzen in der Thüringer Universitätsstadt.
    Derzeit ist er der einzige Exzellenzcluster im Freistaat. Gemeinsam erforschen die
    Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Dynamik mikrobieller Gemeinschaften auf
    der Erde. Mikroorganismen sind praktisch überall vorhanden und leben in Harmonie mit
    anderen großen und kleinen Organismen. Gerät diese Koexistenz jedoch aus dem
    Gleichgewicht, kann dies schwerwiegende Folgen haben: Wetterextreme, Ernteausfälle
    oder die Verbreitung von Krankheiten sind nur einige der möglichen Auswirkungen. Ziel des Clusters ist es deshalb, ein tiefes Verständnis der Wechselwirkungen von Mikroorganismen untereinander und mit anderen Lebewesen zu gewinnen. Mit diesem Wissen wollen die Forschenden die Ursachen für eine gestörte Balance ermitteln und herausfinden, wie ein solches System wieder ins Gleichgewicht gebracht werden kann.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Bernhard Hube
    Mikrobielle Pathogenitätsmechanismen
    +49 3641 532-1401
    bernhard.hube@leibniz-hki.de


    Originalpublikation:

    Liang SH, Sircaik S, Dainis J., Kakade P, Penumutchu S, McDonough LD, Chen YH, Frazer C, Schille TB, Allert S, Elshafee O, Hänel M, Mogavero S, Vaishnava S, Cadwell K, Belenky P, Perez JC, Hube B, Ene IV, Bennett RJ (2024) The hyphal-specific toxin candidalysin promotes fungal gut commensalism. Nature, https://doi.org/10.1038/s41586-024-07142-4


    Weitere Informationen:

    https://www.microverse-cluster.de/en/


    Bilder

    Candida albicans in der Hefe- und Hyphenform auf menschlichen Epithelzellen.
    Candida albicans in der Hefe- und Hyphenform auf menschlichen Epithelzellen.
    Holland/Özel/Zakikhany/Hube
    Gudrun Holland, Muhsin Özel, Katherina Zakikhany und Bernhard Hube / Leibniz-HKI


    Anhang
    attachment icon Pressemitteilung | Leibniz-HKI | 21.03.2024

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Kooperationen
    Deutsch


     

    Candida albicans in der Hefe- und Hyphenform auf menschlichen Epithelzellen.


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