Internationales Symposium an der Heidelberger Akademie des Wissenschaften über neu entdeckte Inschriften in China - Professor Lothar Ledderose: "Wir konnten einen Quantensprung in der Feldforschung erzielen"
Vor kurzem wurden in einem entlegenen Bergtal in der chinesischen Provinz Shandong in den Fels gemeißelte Inschriften aus der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts entdeckt. Bis zu zehn Meter hoch sind die einzelnen Schriftzeichen. Die umfangreichen historischen und biografischen Texte erzählen detailreich vom Leben im damaligen China. Aber auch heilige Sutren und die Namen von 'Erleuchteten', von Buddhas der verschiedenen Weltzeitalter, wurden auf diese ungewöhnliche Art und Weise verewigt. "Wir erfahren aus ihnen recht präzise wie der Alltag der Menschen vor 1500 Jahren aussah. Doch diese monolithischen Zeichen hatten auch noch eine andere, eine tief religiöse Bedeutung", so Lothar Ledderose, Professor für Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg und Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. "Mit ihnen wollten die Mönche eine heilige Landschaft erschaffen. Sie planten Berge und Täler in ein Land des Buddha zu verwandeln."
Vom Montag 12. Juli bis Mittwoch 14. Juli kommen an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften nun rund 30 internationale Wissenschaftler zusammen, um über diese Entdeckung und andere, mit ihr zusammenhängende chinesische Felsinschriften, zu diskutieren. "Die Erforschung dieser Inschriften ist nur möglich in enger Zusammenarbeit mit chinesischen Wissenschaftlern. Spezialisten aus der Provinz Shandong und von der Akademie für Sozialwissenschaften in Beijing teilen ihr Know-how mit Wissenschaftlern aus Deutschland und anderen Ländern", so Ledderose. Etwa ein Drittel von ihnen sind Nachwuchswissenschaftler, die ihre Forschungsergebnisse auf dem Symposium erstmals zur Diskussion stellen. Aber auch Gelehrte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, die über lateinische Inschriften der Antike und über Felsinschriften am Karakorum Highway arbeiten, werden vergleichende Perspektiven aus ihren Forschungsgebieten eröffnen.
Ähnliche Inschriften finden sich in den Wände von Kultgrotten, wo sie im architektonischen Zusammenhang Teil des ikonographischen Programms sind. Das umfangreichste Corpus bilden 15.000 Steinplatten mit den gesamten Texten des buddhistischen Kanons. Dieses Projekt im Wolkenheimkloster bei Beijing begann im 7. Jahrhundert. Als es um das Jahr 1180 zum Stillstand kam, hatten die Mönche im ganzen nicht weniger als 25 Millionen Schriftzeichen eingemeißelt! Sie vergruben alle Platten unter der Erde in der Hoffnung, daß die Schriften so das von ihnen als unmittelbar bevorstehend erwartete Ende der Welt überdauern würden und so die Lehre des Buddha den Menschen eines künftigen Weltzeitalters kundgetan werden könne. Die Steinplatten im Wolkenheimkloster wurden bereits 1956-58 ausgegraben, aber 1999 wieder vergraben. 2001 wurden sie vollständig publiziert und damit der Wissenschaft zugänglich gemacht.
"Bei der Lesung und Dokumentation der gemeißelten Zeichen ist neuerdings ein Arbeitsinstrument verfügbar geworden, welches für uns einem Quantensprung in der Erschließung buddhistischer Texte gleichkommt: Nämlich die elektronische Erfassung von circa 40 Millionen Zeichen des Kanons auf CD-Rom", so Ledderose. Mit einem Notebook ausgestattet, versuchen die Forscher nun direkt im Feld jene Texte zu identifizieren, aus denen die oft schwer lesbaren eingemeißelten Passagen stammen. Diese einzigartige Diskette, an der mehrere Dutzend Wissenschaftler bereits Jahre gearbeitet haben, wird nun von einer buddhistischen Organisation kostenlos verteilt.
Vermessungstechniker der Fachhochschule Karlsruhe haben vor kurzem damit begonnen, die Inschriften zu vermessen. Sie erstellen derzeit ein dreidimensionales Modell, welches es dem Benutzer in Zukunft ermöglichen wird, im Tal von Dongping die einzelnen Inschriften virtuell aufzusuchen und zu untersuchen. Jeder kann so im Internet die Steinoberflächen betrachten und sich selbst eine Vorstellung von den Umständen der Forschertätigkeit vor Ort machen. Die chinesische Umschrift und die Übersetzung werden ebenfalls sichtbar gemacht. Zudem kann der wissenschaftlich interessierte Benutzer im Modell die Lage und Entfernung der einzelnen Inschriften zueinander erkennen und sogar selbst abmessen.
Ort: Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Karlstraße 4, 69117 Heidelberg
Datum: Montag 12. Juli bis Mittwoch 14. Juli
Uhrzeit: Beginn am Montag um 9 Uhr
Teilnahmegebühr: 65 Euro
Rückfragen bitte an
Dr. Johannes Schnurr
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
Telefon: 06221 / 54 34 00
Fax: 06221 / 54 33 55
E-Mail: johannes.schnurr@urz.uni-heidelberg.de
Internet: www.haw.baden-wuerttemberg.de
sowie
Prof. Dr. Lothar Ledderose
Tel.: 06221 / 54 23 52
E-Mai: ledderose@gw.sino.uni-heidelberg.de
Anmeldung und Information:
Frau Shu Lang
Tel.: 06221 / 54 23 52
Fax: 06221 / 54 23 84
E-Mail: oakg@gw.sino.uni-heidelberg.de
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Informationstechnik, Philosophie / Ethik, Psychologie, Religion, Sprache / Literatur
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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