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08.04.2024 11:16

Mit dem Knipsen eines Schalters: Zellen mit Licht gestalten

Miriam Franchina Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung

    Ein Licht anknipsen und die innere Dynamik einer Zelle verstehen und steuern – das ist der Dimova-Gruppe gelungen. Das Team bestrahlte Zellreplikate mit verschiedenfarbigem Licht und veränderten dadurch die Wechselwirkungen zwischen den Zellelementen. Die Steuerung dieser komplexen Prozesse könnte es in Zukunft ermöglichen, Medikamente gezielt in die Zellen einzubringen. Auf Knopfdruck ließe sich diese Verabreichung anpassen oder sogar umkehren, was die Behandlung von Zellen auf intelligente, präzise und nicht-invasive Weise revolutionieren könnte

    Zellen sind elementare Bausteine unseres Körpers und setzen sich aus Bestandteilen zusammen, die jeweils eine bestimmte Funktion haben. Die meisten dieser Bestandteile sind von einer Schutzmembran aus Fetten umgeben,mit Ausnahme der biomolekularen Kondensate. Diese winzigen, dynamischen Tröpfchen bereiten die Zelle auf eine schnelle Stressreaktion vor, indem sie unter anderem Reparaturmoleküle sammeln und organisieren. Rumiana Dimova und ihr Team am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung untersuchen die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Kondensaten und Membranen sowie deren gegenseitigen Einfluss auf Form und Struktur. In ihrer letzten Arbeit konzentrierte sich das Forschungsteam auf den Prozess der Endozytose. Dabei umschließt eine Zelle Nährstoffe oder Krankheitserreger mit ihrer äußeren Membran, um sie zu ‚fressen‘.

    Die Forschenden entwarfen im Labor vereinfachte Versionen von Zellen (‚Riesenvesikel‘), um zelluläre Prozesse zu simulieren und diese unter dem Mikroskop zu analysieren. Sie verwendeten dabei lichtempfindliche Fette (‚photoschaltbare Lipide‘). Dimova und ihr Team beobachteten das Verhalten der Membranen, als sie mit Licht verschiedener Farben bestrahlt wurden: sie veränderten ihre Größe und lösten verschiedene Wechselwirkungen mit den Kondensaten aus.

    „Wenn wir eine Membran mit ultraviolettem Licht bestrahlen, wächst sie und ‚verschluckt' die Kondensate", erklärt Agustín Mangiarotti. "Und wir können den Prozess auch umkehren, indem wir auf blaues Licht umschalten", fügt Mina Aleksanyan hinzu. "Dann schrumpft die Membran und stößt das Kondensat aus." Dies ist in dem mit einem Fluoreszenzmikroskop aufgenommenen Video deutlich zu sehen.

    Diese Forschung hat ein enormes Potenzial für die Entwicklung neuer Therapien. Die kombinierte Verwendung von Riesenvesikeln und Licht könnte eine nicht-invasive medizinische Behandlung zur Steuerung der Zelldynamik darstellen. Licht ist kostengünstig und nachhaltig. Und da Riesenvesikel synthetisch im Labor hergestellt werden, können Forschende damit verschiedene Dynamiken untersuchen, ohne auf Kulturzellen von lebenden Organismen zurückgreifen zu müssen. Aber das ist noch nicht alles. Riesenvesikel sind biomimetisch: sie bestehen aus im menschlichen Körper vorkommenden Molekülen, wie Fette und Proteine. Sie funktionieren wie winzige Kapseln, die Medikamente transportieren und dann organisch mit Zellen verschmelzen.

    "Jetzt wissen wir, dass wir durch die Steuerung von Licht die Gestaltung der inneren Umgebung einer Zelle beeinflussen können, was bei der Behandlung von Zellkrankheiten hilfreich sein könnte," schlussfolgert Dimova. "Es ist, als würde man eine Zelle mit dem Knipsen eines Schalters von innen gestalten."


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Rumiana Dimova
    Max Planck Institute of Colloids and Interfaces
    Am Mühlenberg 1
    14476 Potsdam
    Germany
    rumiana.dimova@mpikg.mpg.de
    +49 331 567-9615


    Originalpublikation:

    A. Mangiarotti, M. Aleksanyan, M.Siri, T. Sun, R. Lipowsky, R.Dimova, Photoswitchable Endocytosis of Biomolecular Condensates in Giant Vesicles, Advanced Science (2024)

    https://doi.org/10.1002/advs.202309864


    Bilder

    Mina Aleksanyan und Agustín Mangiarotti bei der Aufnahme einer Membranreaktion mit einem Konfokalmikroskop
    Mina Aleksanyan und Agustín Mangiarotti bei der Aufnahme einer Membranreaktion mit einem Konfokalmik ...

    @MPIKG


    Anhang
    attachment icon Wechselwirkungen zwischen einem Riesenvesikel und einem biomolekularen Kondensat bei UV- und Blaulichteinwirkung

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Mina Aleksanyan und Agustín Mangiarotti bei der Aufnahme einer Membranreaktion mit einem Konfokalmikroskop


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