Wie lassen sich komplexe Fragestellungen, etwa bei der Transportplanung, bestmöglich lösen – insbesondere, wenn mehrere Kriterien bzw. Ziele wie Zeit und Kosten ins Spiel kommen, die sich widersprechen? Das gelingt mit Mathematik. Ein neues Graduiertenkolleg der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) will auf Basis der multikriteriellen oder Mehrziel-Optimierung die mathematische Entscheidungshilfe für derartige Anwendungsfälle bereitstellen und damit theoretisch beschriebene Methoden in die Praxis überführen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Vorhaben die nächsten fünf Jahre mit rund sieben Millionen Euro.
„Bei fast allen praktischen Fragestellungen gibt es Zielkonflikte, allen voran zwischen Qualität und Kosten“, erklärt Professor Dr. Stefan Ruzika, Sprecher des Graduiertenkollegs und Teil der Arbeitsgruppe „Optimierung“ an der RPTU. „Beim Abwägen kann die multikriterielle Optimierung unterstützen, indem sie die bestmöglichen Kompromisse berechnet.“
Im Rahmen von „MIMO“ (Mathematics of Interdisciplinary Multiobjective Optimization) wird Ruzika gemeinsam mit Forscherkolleginnen und Forscherkollegen aus Mathematik, Informatik und Ingenieurwissenschaften der RPTU und des Fraunhofer Instituts für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) in Kaiserslautern künftig die mathematischen Grundlagen für anwendungsspezifische Rechenmodelle erarbeiten. „Unsere Theorie ist vielfältig anwendbar. So befassen wir uns nicht nur mit der systematischen Planung von Transportprozessen, sondern ebenso mit der Optimierung der Strahlentherapie für die Krebsbehandlung. Hier geht es darum, individualisierte Behandlungspläne zu berechnen, die den Tumor zerstören, aber umliegendes gesundes Gewebe und Organe möglichst schonen“, sagt Professorin Dr. Anita Schöbel, stellvertretende Sprecherin des Graduiertenkollegs und Leiterin des ITWM. Beide Teilprojekte setzen an Vorarbeiten der RPTU und des Fraunhofer ITWM an und werden die Grundlagen für Software-Entwicklung liefern.
Weitere Teilprojekte befassen sich mit der Optimierung von Molekülmodellen und von mikroelektronischen Bauteilen, die in Computern zum Einsatz kommen. „Nicht zuletzt beschäftigen wir uns auch mit einem noch nahezu unerschlossenen Themenbereich: Der Frage, wie sich in multikriteriellen Optimierungsproblemen gute Entscheidungen treffen lassen, wenn Daten vage oder unsicher sind“, ergänzt Ruzika.
Pareto-Optimierung heißt der mathematische Ansatz, den sich das Forschungsteam zunutze macht: „Wir berechnen eine Menge von möglichen Lösungen“, erläutert der Mathematiker. „Diese Menge kann in Form von verteilten Punkten oder kontinuierlichen Strukturen vorliegen. Wir greifen uns daraus diejenigen Lösungsmöglichkeiten heraus, die nicht von anderen dominiert werden – das heißt, die nicht in allen Zielen gleichzeitig verbessert werden können.“
Forschungsnachwuchs qualifizieren
„Die Bewilligung des Graduiertenkollegs MIMO ist für uns ein großer Erfolg, auf den wir intensiv hingearbeitet haben. Es zeigt die hohe Qualität der Forschung am Fachbereich Mathematik und die tolle Vernetzung mit anderen Disziplinen“, freut sich Professor Dr. Werner R. Thiel, Vizepräsident für Forschung an der RPTU in Kaiserslautern. „Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerforschen forschen schon lange gemeinsam. Sichtbarkeit verschafft ihnen unter anderem die enge Zusammenarbeit im Rahmen der Forschungsinitiative des Landes, die uns hilft, Brücken von der mathematischen Theorie hin zu realen Anwendungsfällen zu schlagen.“
Ziel des Graduiertenkollegs ist es darüber hinaus, die nächste Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf hohem Niveau zu qualifizieren. „Wir bilden Experten aus, die nicht nur das Handwerkszeug der mathematischen Optimierung beherrschen, sondern auch die zugrundeliegende Systematik je nach Anwendung immer wieder neu denken“, unterstreicht Ruzika. Dank der Förderung kann die RPTU gemeinsam mit den Fraunhofer ITWM unter dem Dach von MIMO bis zu 20 Doktorandenstellen schaffen.
Clemens Hoch, der rheinlandpfälzische Wissenschaftsminister, fügt hinzu: „Ich freue mich, dass es der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik in Kaiserslautern gelungen ist, ein neues Graduiertenkolleg und damit Drittmittel in Höhe von sieben Millionen Euro einzuwerben. Der Standort Kaiserslautern konnte durch seine interdisziplinäre Ausrichtung in der Mathematik sowie die Verknüpfung von Grundlagen- und angewandter Forschung überzeugen. Durch die Forschungsinitiative des Landes haben wir diesen Potentialbereich unterstützt; daher freue ich mich besonders über den jetzigen Drittmittelerfolg. Das Graduiertenkolleg wird nicht nur enormes Anwendungspotenzial aus seiner Forschung erzeugen, sondern auch wissenschaftliche Fachkräfte hervorragend ausbilden. Ich gratuliere allen, die an diesem Erfolg beteiligt sind.“
Über Graduiertenkollegs der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
Graduiertenkollegs sind Einrichtungen der Hochschulen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die von der DFG für maximal neun Jahre gefördert werden. Im Mittelpunkt steht die Qualifizierung von Doktorandinnen und Doktoranden im Rahmen eines thematisch fokussierten Forschungsprogramms sowie eines strukturierten Qualifizierungskonzepts. Eine interdisziplinäre Ausrichtung der Graduiertenkollegs ist erwünscht. Ziel ist es, die Promovierenden auf den komplexen Arbeitsmarkt „Wissenschaft“ intensiv vorzubereiten und gleichzeitig ihre frühe wissenschaftliche Selbstständigkeit zu unterstützen.
Mehr unter: dfg.de/foerderung/programme/koordinierte_programme/graduiertenkollegs/
Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Stefan Ruzika
Fachbereich Mathematik / RPTU in Kaiserslautern
T: 0631 205-4423
E: stefan.ruzika@math.rptu.de
Professor Stefan Ruzika ist Sprecher des neuen Graduiertenkolleg.
Thomas Koziel
RPTU, Koziel
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