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13.06.2024 10:56

G-BA empfiehlt duale Lotsenstruktur bei unklarer Diagnose

Kirstin Linkamp Stabsstelle Kommunikation
Universitätsklinikum Würzburg

    Fachärztinnen und Fachärzte für psychische Gesundheit verbessern diagnostischen Prozess in Zentren für Seltene Erkrankungen

    Würzburg. ZSE-DUO ist eine vom Uniklinikum Würzburg geleitete multizentrische Studie, in der eine neue Versorgungsform zur besseren Betreuung von Menschen mit unklaren und komplexen Beschwerden und Verdacht auf eine Seltene Erkrankung umgesetzt und untersucht wurde. Kern des Projekts war eine duale Lotsenstruktur an insgesamt elf deutschen Zentren für Seltene Erkrankungen (ZSE), bei der die Patientinnen und Patienten von Anfang an eine kombinierte Betreuung durch somatische und psychiatrisch-psychosomatische Fachärztinnen und Fachärzte erhielten.

    Aufnahme der dualen Betreuung in die Regelversorgung

    Die im EClinicalMedical publizierte Evaluation zeigt, dass die Einbeziehung einer Fachärztin beziehungsweise eines Facharztes aus dem Bereich Psychiatrie oder Psychosomatik die Diagnosefindung verbessert und beschleunigt, mehr Patientinnen und Patienten in die Regelversorgung überführt werden können, und die Zufriedenheit bei einer dualen Betreuung steigt. Nun hat auch der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zum Projekt ZSE-DUO einen äußerst positiven Beschluss veröffentlicht. Er empfiehlt den relevanten Entscheidungsträgern eine Integration der neuen Versorgungsform in bestehende Vertrags- und Gesetzesregelungen zu prüfen.

    Anteil der Diagnosen in Interventionsgruppe mehr als doppelt so hoch

    Insgesamt erhielten Patientinnen und Patienten mit dualer Betreuung ihre Diagnose schneller und wurden häufiger zur Weiterbehandlung überwiesen als die Personen mit Standardversorgung. Der Anteil der Patientinnen und Patienten, die innerhalb von zwölf Monaten eine Diagnose erhielten, die ihre Symptome vollständig erklärte, war mit der innovativen dualen Versorgung mit 42 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in der Standardversorgung durch nur einen somatischen Facharzt mit 19 Prozent. Die Zahl der Erkrankten, die erfolgreich in die Regelversorgung überführt wurden, verdoppelte sich von 12,3 auf 27,5 Prozent. Während der Anteil der Seltenen Erkrankungen in beiden Gruppen ähnlich war, wurden in der Interventionsgruppe signifikant mehr psychische Störungen und nicht-seltene somatische Erkrankungen diagnostiziert. Und trotz der zusätzlichen Termine durch die psychiatrisch-psychosomatische Betreuung war die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten aus der Interventionsgruppe höher.

    Psychische Symptome bis hin zu psychischen Erkrankungen

    Weltweit sind schätzungsweise 300 Millionen Menschen von einer der rund 7.000 bis 10.000 Seltenen Erkrankungen betroffen. Aufgrund der unspezifischen Symptome und der Auswirkungen auf mehrere Organsysteme gleicht der Weg zur Diagnose oft einer Odyssee. Die komplexe Symptomatik umfasst häufig auch psychische Symptome bis hin zu psychischen Erkrankungen. Manchmal entwickeln sich die Symptome erst im Laufe der langwierigen Diagnostik, manchmal treten sie unabhängig von der Seltenen Erkrankung auf oder imitieren diese sogar. Aber: eine Seltene Erkrankung kann auch als psychische Erkrankung fehldiagnostiziert werden.

    „Die Ergebnisse unserer Studie sind eindeutig und legen eine interdisziplinäre Herangehensweise nahe. Die frühzeitige Einbeziehung einer Spezialistin oder eines Spezialisten für psychische Gesundheit sollte ein integraler Bestandteil der Diagnostik und Behandlung von Personen mit einer vermuteten Seltenen Krankheit sein“, sagt Prof. Dr. Helge Hebestreit, Direktor des Zentrums für Seltene Erkrankungen (ZESE) am UKW.

    Der Ergebnis- und Evaluationsbericht sowie der Beschluss des G-BA zum Projekt ZSE-DUO können hier eingesehen werden: https://innovationsfonds.g-ba.de/beschluesse/zse-duo-duale-lotsenstruktur-zur-ab...

    Beteiligte Einrichtungen:
    Für die Studie wurden Patientinnen und Patienten in den Zentren für Seltene Erkrankungen an den (Universitäts-)Klinika in Aachen, Bochum, Frankfurt/Main, Hannover, Magdeburg/Halle, Mainz, Münster, Regensburg, Tübingen Ulm und Würzburg rekrutiert. An der Datenanalyse waren Einrichtungen des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, der Medizinische Hochschule Hannover und der Universität Würzburg beteiligt. Weitere Konsortialpartner waren ACHSE e.V., die Techniker Krankenkasse; IKK gesund plus. Die AOK Hessen war als Kooperationspartner dabei.

    Die Studie wurde durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses in Deutschland finanziert, Förderkennzeichen 01NVF17031.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Helge Hebestreit <zese@ukw.de > Telefon: +49 931 201-29029


    Originalpublikation:

    Helge Hebestreit et. al. Effect of the addition of a mental health specialist for evaluation of undiagnosed patients in centres for rare diseases (ZSE-DUO): a prospective, controlled trial with a two-phase cohort design, eClinicalMedicine, Volume 65, 2023, 102260, ISSN 2589-5370, https://doi.org/10.1016/j.eclinm.2023.102260.


    Weitere Informationen:

    https://www.ukw.de/behandlungszentren/zentrum-fuer-seltene-erkrankungen-zese/akt... - Ausführliche Pressemeldung zur Publikation
    https://innovationsfonds.g-ba.de/beschluesse/zse-duo-duale-lotsenstruktur-zur-ab... - Ergebnisse und Evaluationsbericht


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    Prof. Dr. Helge Hebestreit (2.v.l.) hat in einer multizentrischen Studie gezeigt, dass die Beurteilung einer Seltenen Erkrankung mit der Einbeziehung einer/s Expertin/en für psychische Gesundheit in die Diagnostik besser gelingt.
    Prof. Dr. Helge Hebestreit (2.v.l.) hat in einer multizentrischen Studie gezeigt, dass die Beurteilu ...
    Kirstin Linkamp
    UKW


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

    Prof. Dr. Helge Hebestreit (2.v.l.) hat in einer multizentrischen Studie gezeigt, dass die Beurteilung einer Seltenen Erkrankung mit der Einbeziehung einer/s Expertin/en für psychische Gesundheit in die Diagnostik besser gelingt.


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