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13.06.2024 16:35

Zucker aus dem Labor und Nanokörper von Alpakas gegen Krebs: Oren Moscovitz erhält den Hermann-Neuhaus-Preis

Miriam Franchina Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung

    Dr. Oren Moscovitz wurde von der Max-Planck-Gesellschaft mit 25.000 Euro für seine vielversprechenden Forschungsergebnisse zur Behandlung und nicht-invasiven Diagnostik von Krebs ausgezeichnet, die künftig die Zahl der krebsbedingten Todesfälle senken könnten. Moscovitz und sein Team nutzen einzigartige Zuckermuster auf Krebszellen und entwickeln ultrakleine Antikörper (sogenannte Nanokörper) aus Alpakas, die spezifisch an diese Zucker binden. Zwei Start-ups arbeiten bereits daran, diese Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen.

    Dr. Oren Moscovitz ist seit 2018 Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPIKG) und beschäftigt sich mit der Krebsforschung. “Ich bin fest davon überzeugt, dass die Zuckerschicht um unsere Zellen die Lösung ist, um die Zahl der jährlich fast 10 Millionen Krebstodesfälle drastisch zu senken", erklärt er. "Wir brauchen nur die richtigen Ansätze, um sie zu entschlüsseln." Moscovitz hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: den Werkzeugkasten im Kampf gegen Krebs zu erweitern, von der nicht-invasiven Früherkennung bis hin zu maßgeschneiderten Therapien. Die Max-Planck-Gesellschaft würdigte das Potenzial seiner Forschung und der von ihm gegründeten Start-ups mit dem Hermann-Neuhaus-Preis (25.000 Euro).

    Einfach ausgedrückt ist Moscovitz ein Zuckerdetektiv, der glykanbasierte Lösungen entwickelt. Glykane sind komplexe Zucker, die die Zellen aller lebenden Organismen umhüllen und die unser Körper wie einen eingebauten Strichcode ständig scannt, um die Gesundheit der Zellen zu überwachen. Krebszellen bilden da keine Ausnahme, aber ihre Zuckerhülle enthält veränderte Glykanstrukturen (sogenannte Tumor-Associated Carbohydrate Antigens, oder TACAs), die auf vielfältige Weise zum Krebswachstum beitragen. Moscovitz verwendet diese abnormen Zuckermarker zur Krebsdiagnose und zur Herstellung von Antikörpern.

    "Wir haben festgestellt, dass das Immunsystem die Veränderungen in den Zuckermustern bereits im Frühstadium einer Krebserkrankung erkennt und daraufhin spezifische Antikörper bildet", erläutert er. "Wir wollten eine verbesserte Version dieser Antikörper für therapeutische Zwecke herstellen." Zu diesem Zweck nutzen Moscovitz und sein Team die am MPIKG entwickelte schnelle und präzise Technologie der automatisierten Glykan-Assemblierung (Automated Glycan Assembly), um abnorme TACAs im Labor nachzubauen. Unerwartete Verbündete kamen in Form von Alpakas ins Spiel. Ihr Immunsystem produziert Nanokörper, die etwa zehnmal kleiner sind als herkömmliche Antikörper. Moscovitz und sein Team injizieren den Alpakas synthetische TACAs (ohne den Tieren Schaden zuzufügen) und beobachten sorgfältig ihre Reaktion. Aus dem Blut der Tiere isolieren sie Nanokörper, die als Bausteine für künftige Krebstherapien dienen sollen.

    Der Weg von den Alpakas zum Menschen ist natürlich langwierig und erfordert zahlreiche Versuche sowie eingehende Forschung. Aber Moscovitz ist zuversichtlich, dass der Fokus auf die einzigartigen Zuckersignaturen von Krebs mit Nanokörpern vielversprechend ist. Aufgrund ihrer Größe können Nanokörper Ziele erreichen, die für herkömmliche Antikörper unzugänglich sind, wie etwa dichtes Krebsgewebe. In Kombination mit spezifischen Proteinen oder Medikamenten könnten Nanokörper Therapien ermöglichen, die auf das Glykanprofil eines Patienten zugeschnitten sind. Angetrieben von dieser Vision gründete Moscovitz 2019 gemeinsam mit Prof. Peter Seeberger die Tacalyx GmbH, um vielversprechende Anti-TACA-Antikörper weiterzuentwickeln und zu vermarkten. Eine weitere geplante Ausgründung, AGAS Theranostics (derzeit im Rahmen des Max-Planck-Start-up-Inkubators Maximize), wird Anti-Zucker-Antikörper im Patientenblut erforschen, um Krebs und andere Krankheiten schnell und zuverlässig zu erkennen.

    Moscovitz plant, seine Forschung am Scojen Institut für Synthetische Biologie an der Reichman Universität in Israel fortzusetzen. "Das Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, insbesondere die Abteilung Biomolekulare Systeme, hat sich für mich lange Zeit wie ein Zuhause angefühlt, wofür ich sehr dankbar bin. Aber jetzt ist es Zeit, nach Israel zurückzukehren. Der Hermann-Neuhaus-Preis ist eine große Ehre, aber vor allem eine Ermutigung, meine lange, aber faszinierende Suche weiterzuverfolgen", resümiert er mit einem Lächeln.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Oren Moscovitz
    oren.moscovitz@mpikg.mpg.de


    Bilder

    Oren Moscovitz erhält den Hermann-Neuhaus-Preis
    Oren Moscovitz erhält den Hermann-Neuhaus-Preis

    © David Ausserhofer / Max-Planck-Gesellschaft

    Von synthetischen Glykanen zu glykanbindenden Nanokörpern
    Von synthetischen Glykanen zu glykanbindenden Nanokörpern

    © Oren Moscovitz– stock.adobe.com


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Chemie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

    Oren Moscovitz erhält den Hermann-Neuhaus-Preis


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