Nürnberg. Anlässlich des Tags der Intensivmedizin am Samstag, 15. Juni, würdigt die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) gemeinsam mit dem Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten e.V. (BDA) die herausragende Arbeit aller Fachkräfte auf den Intensivstationen in Deutschland. Jährlich werden auf deutschen Intensivstationen etwa zwei Millionen Patientinnen und Patienten behandelt, von denen weit über 90 Prozent zurück ins Leben gebracht werden.
60 Prozent der Intensivpatientinnen und -patienten werden von Anästhesistinnen und Anästhesisten betreut. Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Versorgung kritisch kranker Patientinnen und Patienten und haben besonders während der Corona-Pandemie außergewöhnliche Leistungen erbracht.
Die Pandemie hat auch die immense Bedeutung der Intensivmedizin in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Intensivmediziner standen im Zentrum der Bemühungen, die Versorgung der schwersten COVID-19-Fälle sicherzustellen. „Die pandemiebedingten Herausforderungen haben gezeigt, wie wichtig es ist, gut ausgebildete Fachkräfte und moderne Technologien in der Intensivmedizin zu haben“, betont DGAI-Präsident Professor Dr. Benedikt Pannen.
Intensivzentren ermöglichen digital vernetzte Patientenversorgung
Vor diesem Hintergrund sei die Einführung der sogenannten „Intensivzentren“, die im vergangenen Herbst vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossen wurde, ein bedeutender Fortschritt in der Intensivmedizin. Kliniken, die die strengen Anforderungen erfüllen, können nun künftig finanzielle Zuschläge erhalten, wenn sie besondere Aufgaben wahrnehmen. Dazu zählen die Übernahme einer Mentorenfunktion für andere Kliniken, das Angebot von Fort- und Weiterbildungen sowie die Beratung anderer Krankenhäuser via telemedizinischer Fallkonferenzen und Visiten. „Der Beschluss ermöglicht eine innovative und digital vernetzte Patientenversorgung und gewährleistet, dass Intensivmedizin dauerhaft und strukturell fest verankert zur Stabilität des deutschen Gesundheitssystems beiträgt“, erklärt der DGAI-Präsident.
Durch die strukturierte Vernetzung von regionalen Versorgern mit den intensivmedizinischen Leuchttürmen können auch hochkomplexe Therapieverfahren zeitnah allen Patientinnen und Patienten innerhalb des Netzwerkes zur Verfügung gestellt werden. „So wird z.B. auch die Durchführung der ECMO-Therapie beim akuten Lungenversagen, welche während der Pandemie eine genuine Aufgabe der größeren Kliniken war, Bestandteil des Portfolios dieser intensivmedizinischen Zentren sein. Dies wird die Versorgungsqualität sowohl bei der initialen Patientenauswahl, als auch bei der eigentlichen ECMO-Behandlung nachhaltig verbessern“, ist sich Prof. Dr. Thorsten Brenner, Sprecher der Sektion Intensivmedizin der DGAI, sicher.
Einsatz von Tele-Intensivmedizin kann Sterblichkeit signifikant reduzieren
Die Einführung der Intensivzentren wird auch der Telemedizin einen deutlichen Vorschub leisten, zeigt sich Prof. Dr. Gernot Marx überzeugt. Er ist Leiter der Klinik für Intensivmedizin und Intermediate Care am Universitätsklinikum Aachen und wird ab 2025 die Präsidentschaft der DGAI übernehmen. „Telemedizin ermöglicht eine direkte Interaktion rund um die Uhr über weite Entfernungen zwischen Intensivmedizinern und medizinischen Teams, die Patienten in Krankenhäusern oder Arztpraxen ohne direkten Zugang zu den intensivmedizinischen Experten betreuen.
Auf diesem Weg kann höchste medizinische Expertise schnell und unkompliziert flächendeckend verfügbar gemacht werden“, erläutert er. Studien konnten bereits zeigen, dass sich durch Tele-Intensivmedizin sowohl die Sterblichkeit als auch die Komplikationsrate und die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation sowie im Krankenhaus signifikant reduzieren lassen. „Dies macht Telemedizin in der Intensivmedizin zu einer der beeindruckendsten Innovationen der letzten 20 Jahre“, unterstreicht Prof. Dr. Hendrik Bracht, Schriftführer des wissenschaftlichen Arbeitskreises Intensivmedizin (WAKI) der DGAI.
Als federführende Fachgesellschaft arbeitet die DGAI daher derzeit auch am Update der Leitlinie „Telemedizin in der Intensivmedizin“, die in diesem Zusammenhang gleich auf S3-Niveau angehoben werden soll. Ziel ist es, eine nationale standardisierte elektronische Datenerfassung mittels Telemedizin für die universitäre Forschung zu etablieren und dauerhaft zu unterstützen. „Pro Patient und Stunde erheben wir 1000 Daten, das ist ein Datenschatz, den wir natürlich schützen müssen, aber der uns zugleich enorme Möglichkeiten bietet – zum Beispiel, um bestimmte Muster zu erkennen und genau danach zu behandeln“, erläutert Prof. Marx. „Das hilft uns in der Zukunft, Patientinnen und Patienten so individuell wie möglich zu behandeln und ihre Überlebenschancen somit deutlich zu erhöhen.“
Finanzielle Sicherheiten sind wichtig
Als Präsidentin des Berufsverbandes Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten e.V. (BDA) warnt Prof. Dr. Grietje Beck jedoch im Zuge der bevorstehenden Krankenhausreform vor finanziellen Engpässen auch in der Intensivmedizin. „Wir haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass Anästhesiologie und Intensivmedizin im Gesetzesentwurf nicht ausreichend abgebildet werden“, erklärt sie. Ändere sich an dieser Ausgestaltung nichts, droht dem Fachbereich eine Unterfinanzierung. BDA und DGAI haben daher vorgeschlagen, anästhesiologische und intensivmedizinische Kosten im Zuge der Reform als separate Vorhaltekostenanteile zusätzlich zu den sonstigen Vorhaltekosten auszugliedern.
Anlässlich des Tages der Intensivmedizin macht Prof. Beck deutlich: „Die Arbeit aller Fachkräfte in der Anästhesiologie und Intensivmedizin verdient höchste Anerkennung und Unterstützung – sowohl auf fachlicher als auch auf politischer Ebene.“ Die Einführung von Intensivzentren und die Förderung von Telemedizin seien wichtige Schritte in die richtige Richtung. Nun liege es an der Politik, die finanziellen Sicherheiten dafür zu schaffen.
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Dr. Christian Hermanns/DGAI
DGAI e.V.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
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Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
Jährlich werden auf deutschen Intensivstationen etwa zwei Millionen Patientinnen und Patienten behan ...
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