idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
21.06.2024 09:46

Wie Algen ihr Zellwachstum optimieren

Meike Drießen Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Lebewesen bestehen zu einem großen Anteil aus Kohlenstoff- und Stickstoff-Verbindungen. Diese müssen mit der Nahrung aufgenommen oder bei Pflanzen durch die Fotosynthese hergestellt werden. Eine bislang rätselhafte Verlängerung an einem stärkeabbauenden Enzym könnte bei Algen eine Art Fühler sein, wie viel Stickstoff gerade vorhanden ist. Gibt es davon reichlich, setzen die Algenzellen schnell viele Bausteine für ihr Wachstum frei. Das Forschungsteam um Privatdozentin Dr. Anja Hemschemeier und Dr. Lisa Scholtysek aus der Photobiotechnologie-Gruppe an der Ruhr-Universität Bochum berichtet in der Zeitschrift Plant Direct vom 20. Juni 2024.

    Ein stärkeabbauender Biokatalysator als Stickstoffsensor

    Die optimale Zusammensetzung einer lebenden Zelle beruht auf einem bestimmten Verhältnis von Kohlenstoff und Stickstoff, doch die Mengen dieser Elemente in unserer Nahrung oder in der Umwelt von Pflanzen und Algen sind meistens nicht so perfekt ausbalanciert. Daher müssen Lebewesen ihren Stoffwechsel und ihre chemische Zusammensetzung auf die Verfügbarkeit dieser und anderer chemischer Baustoffe abstimmen.

    In Pflanzen werden kohlenstoffhaltige Verbindungen, die nicht sofort verwertet werden, als Stärke gespeichert. Verschiedene Biokatalysatoren – auch Enzyme genannt – setzen Kohlenstoffgerüste wieder aus der Stärke frei, wenn sie als Baustoffe oder Energiequelle gebraucht werden. Eines dieser Enzyme ist die Alpha-Amylase, die das Bochumer Forschungsteam aus der Mikroalge Chlamydomonas reinhardtii untersucht hat.

    Dabei machten die Forschenden eine überraschende Entdeckung: „Das Enzym hat eine Verlängerung, die für den Stärkeabbau nicht benötigt wird“, erklärt Anja Hemschemeier, Leiterin der Studie. „Dieser Proteinteil wurde in ähnlicher Form schon in vielen Enzymen entdeckt, und er hat dort meistens die Funktion, die Biokatalyse zu regulieren“, berichtet sie. „Oft erkennt dieser Proteinteil kleine Verbindungen, die in dem entsprechenden Stoffwechselweg eine Rolle spielen, sodass etwa die Geschwindigkeit dieses Stoffwechsels angepasst und mit anderen koordiniert werden kann.“

    Lisa Scholtysek, Erstautorin der Studie, testete den Effekt vieler verschiedener Substanzen auf die Amylase-Aktivität, bis sie schließlich eine fand, welche die Enzymaktivität deutlich erhöhte, und zwar die Aminosäure Glutamin. Diese stickstoffhaltige Verbindung ist ein Baustein von Proteinen. In vielen Lebewesen ist Glutamin aber auch das erste Produkt der Stickstoffaufnahme und dient gleichzeitig als Signal dafür, wieviel Stickstoff für Biosynthesezwecke zur Verfügung steht.

    Eine Alpha-Amylase als Wachstums-Booster?

    Bisher ist diese Kombination aus stärkeabbauendem Enzym und Glutamin-Sensor nicht beschrieben worden. Allerdings scheinen anhand bioinformatischer Analysen der Forschenden viele Mikroalgen diese spezielle Kombination zu besitzen. „Wir sind hier noch ganz am Anfang der Forschung“, sagt Anja Hemschemeier. „Bisher haben wir diesen Effekt nur auf der Ebene des isolierten Biokatalysators aus Chlamydomonas untersucht. Ein wichtiger nächster Schritt ist es, dies in der lebenden Algenzelle zu analysieren.“

    Allerdings haben die Forschenden eine Hypothese: „Es könnte sein, dass diese Alpha-Amylase registriert, wenn viel Stickstoff vorhanden ist, um daraufhin schneller Kohlenstoff-Gerüste für die Herstellung stickstoff- und kohlenstoffhaltiger Zellbausteine aus der Stärke freizusetzen.“ Damit könnte das Zellwachstum optimiert werden, wenn Algen optimale Bedingungen vorfinden.

    Förderung

    Die Arbeiten wurden gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (Graduiertenkolleg Research Training Group „Microbial substrate conversion (MiCon)“, RTG 2341) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (033RU011B).


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Privatdozentin Dr. Anja Hemschemeier
    Arbeitsgruppe Photobiotechnologie
    Fakultät für Biologie und Biotechnologie
    Ruhr-Universität Bochum
    Tel.: +49 234 32 23830
    E-Mail: anja.hemschemeier@ruhr-uni-bochum.de


    Originalpublikation:

    Lisa Scholtysek, Ansgar Poetsch, Eckhard Hofmann, Anja Hemschemeier: The Activation of Chlamydomonas reinhardtii Alpha Amylase 2 by Glutamine Requires its N-terminal Aspartate Kinase–Chorismate Mutase–tyrA (ACT) Domain, in: Plant Direct 2024, DOI: 10.1002/pld3.609, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/pld3.609


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).