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21.12.1998 10:25

Der Raumfahrttransport der Zukunft

Ramona Ehret Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    Billiger, umweltschonender und sicherer sollen Trägersysteme der Zukunft ins All fliegen. Mit "AQUARIUS X-RATOS", einer an der TU Berlin entwickelten Starthilfe, könnte das bald möglich sein. Wie das aussieht, wenn ein Trägersystem mit Heißwasserantrieb sekundenschnell von Null auf Hundert durchstartet, wird bei einer Präsentation am Institut für Luft- und Raumfahrt am 23.12.98 gezeigt.

    Der Raumfahrttransport der Zukunft
    Neue Starthilfe AQUARIUS X-RATOS an der TU Berlin entwickelt

    Einladung zur Präsentation am 23. Dezember 1998

    Billiger, umweltschonender und sicherer sollen Trägersysteme der Zukunft ins All fliegen. Mit "AQUARIUS X-RATOS", einer an der TU Berlin entwickelten Starthilfe, könnte das bald möglich sein. Wie das aussieht, wenn ein Trägersystem mit Heißwasserantrieb sekundenschnell von Null auf Hundert durchstartet, wird bei einer Präsentation am Institut für Luft- und Raumfahrt gezeigt.

    Die Eroberung des Weltalls durch den Menschen schreitet voran, mit dem Aufbau der International Space Station (ISS) hat eine neue Phase begonnen. Heute gibt es nur einen Weg, Gegenstände in den Orbit zu bringen: Konventionelle Trägersysteme wie die europäische Weltraumrakete Ariane bringen ihre Nutzlasten (meistens Satelliten) als Gepäckträger in die Erdumlaufbahn und verglühen anschließend in der Erdatmosphäre.

    Solche Missionen sind teuer und nicht ohne Risiko. Für jeden Start einer Ariane muß eine neue Rakete gebaut und in den Orbit gebracht werden, das kostet rund 275 Millionen Mark. Fehlfunktionen während des Flugs können den milliardenschweren Verlust der Satelliten bedeuten oder gar zu Tragödien wie die vom 28. Januar 1986 führen. Kurz nach dem Start explodierte damals in 16 Kilometern Höhe das amerikanische Space-Shuttle "Challenger", alle sieben Besatzungsmitglieder kamen bei dem Unglück ums Leben.

    Derzeit denken europäische Forscher im Rahmen des "Future European Space Transportation Investigations Programme" (FESTIP) darüber nach, wie das Trägersystem der Zukunft aussehen könnte. Die Raumfahrt im kommenden Jahrhundert soll vor allem sicherer und billiger werden. Die Lösung, die die Europäische Raumfahrtbehörde ESA anstrebt, lautet wiederverwendbare Trägersysteme. Außerdem wird nach neuen leistungsstärkeren und umweltfreundlicheren Treibstoffen gesucht.

    Die meisten der FESTIP-Konzepte sehen die Verwendung von geflügelten Raumtransportern vor. Diese können vertikal - wie beispielsweise die aktuelle NASA-Entwicklungen X-33 - oder horizontal wie konventionelle Flugzeuge gestartet werden. Horizontal startende Systeme nutzen bereits mit dem Abheben aerodynamische Auftriebskräfte aus. Diese wirken sich reduzierend auf den Treibstoffbedarf und somit auf die Gesamtmasse aus. Durch die Verwendung einer Starthilfe, die nach Erreichen der Startgeschwindigkeit am Boden verbleibt, ließe sich dieser Effekt noch verstärken.

    Für diese Anforderungen gibt es eine Lösung an der TU Berlin. Sie heißt "AQUARIUS X-RATOS (eXperimental Rocket-Assited Take-Off System)". Es handelt sich um den Entwurf einer Starthilfe, die mit Heißwasser angetrieben wird und vom TU-Absolventen Harry Adirim zusammen mit dem Bochumer Studenten Martin Schwarz unter Mithilfe der Instituts-Werkstatt entworfen und gebaut wurde. Sie ist eine Weiterentwickung der Heißwasserrakete "Aquarius", an der die 1991 auf studentische Initiative hin gegründete Arbeitsgemeinschaft Thermische Wasserrakete (AGTWR) am Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin seit sieben Jahren erfolgreich forscht. Inzwischen gibt es eine eigene Lehrveranstaltung, die sich mit der Heißwasserraketen-Technologie auseinandersetzt.

    Die Idee ist, einen Raumgleiter mittels einer Starthilfe zunächst parallel zum Boden zu beschleunigen, ehe dieser gen Himmel emporsteigt. Das Antriebssystem ist dabei komplett auf einem Schlitten montiert, der entweder auf einer Schiene oder frei auf Rollen läuft. Wenn eine bestimmte Geschwindigkeit erreicht ist, löst sich der Orbiter und steigt durch den eigenen Antrieb nach oben. Zusätzlich zum Antrieb des Orbiters wird das System durch die Heißwasserrakete beschleunigt. Die Geschwindigkeit des Startsystems wird durch die Energie des überhitzten Wassers erzeugt. Dieses wird so lange erhitzt, bis es den vorgegebenen Druck erreicht hat. Denn in dem geschlossenen Tank kann sich das Wasser nicht ausdehnen, es entsteht ein ungeheurer Druck im Innern. Wird der hinten am Tank befindliche Verschluß geöffnet, strömt das überhitzte Wasser durch eine Düse aus, wobei es teilweise verdampft und beschleunigt wird. Die Folge: Der Schlitten mit dem Antrieb und dem Orbiter setzt sich mit unglaublicher Beschleunigung in Bewegung.

    Der Heißwasserantrieb erfüllt alle Ansprüche, die an ein solches System der Zukunft gestellt werden: Er ist sehr umweltfreundlich, da die Rakete wiederverwendbar ist und lediglich Wasser als Treibstoff benötigt wird. Berücksichtigt man zudem den geringen Aufwand für Anschaffung und Betrieb, ist Aquarius gegenüber anderen Systemen extrem kostengünstig. Auch in Sachen Sicherheit hat der Heißwasserantrieb ganz entscheidende Vorteile. Selbst wenn der Druckbehälter beim Aufheizen des Wassers platzen sollte, wären die Folgen gering. Das austretende Wasser würde sofort verdampfen und auf Umgebungstemperatur abkühlen. Ein ausreichender Sicherheitsabstand zur Strecke reicht aus, um vor Verletzungen sicher zu sein. Eine Explosionsgefahr wie bei chemischen Treibstoffen gibt es nicht. Dieses System ist nicht ausschließlich für die Raumfahrt entwickelt worden. Auch denkbar ist ein Einsatz in anderen schubintensiven Anwendungen, wie beispielsweise beim Start von Segelflugzeugen oder bei Crashversuchen von Pkw, wie sie mit Heißwasserantrieben in den 60er Jahren bereits durchgeführt wurden.

    Der Demonstrator, den Harry Adirim und Martin Schwarz konzipiert haben, kann mit einer Nutzlast von einem Kilogramm innerhalb von 1,5 Sekunden von Null auf 100 km/h beschleunigen. Die Wassermenge im Tank beträgt knapp 1 Liter. Würde man eine Nutzlast von 200 Kilogramm auf eine Endgeschwindigkeit von 600 km/h bringen wollen, wäre eine Wassermenge von etwa 300 Litern nötig. Das entspricht dem Volumen eines handelsüblichen Kühlschranks.

    Wir möchten Sie hiermit ganz herzlich zu der Vorführung des Technologiedemonstrators AQUARIUS X-RATOS einladen. Leider stand kein anderer Termin für die Präsentation zu Verfügung. Wir hoffen, daß Sie trotz des vorweihnachtlichen Trubels teilnehmen können.

    Um vorherige Anmeldung wird gebeten. (TU-Pressestelle: Tel.: 030/314-23922 oder -22919 oder Fax: -23909).
    Ohrenschützer stehen Ihnen zur Verfügung!

    Zeit: am Mittwoch, dem 23. Dezember 1998, 11.00 Uhr

    Ort: TU Berlin, Institut für Luft- und Raumfahrt, Werkstatthalle, Marchstr. 12, 10587 Berlin

    Weitere Informationen erteilen Ihnen gern: Dipl.-Ing. Harry Adirim, Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin, und Martin Schwarz, Tel.: 030/314-22826 oder -21305 (Handy: 0171-3174553), Fax: -21 306,
    E-Mail: Aquarius@viking.fb12.tu.berlin,


    Weitere Informationen:

    http://vulcain.fb12.tu-berlin.de/ILR/Aquarius/Aquarius-home.html
    http://www.tu-berlin.de/presse/pi/1998/pi289.htm


    Bilder

    1 Verschluß; 2 Düse; 3 Tank; 4 Heizelement; 5 Thermoelement; 6 Isolation; 7 Drucksensor; 8 Gleiter
    1 Verschluß; 2 Düse; 3 Tank; 4 Heizelement; 5 Thermoelement; 6 Isolation; 7 Drucksensor; 8 Gleiter

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Elektrotechnik, Energie, Gesellschaft, Informationstechnik, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    1 Verschluß; 2 Düse; 3 Tank; 4 Heizelement; 5 Thermoelement; 6 Isolation; 7 Drucksensor; 8 Gleiter


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