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11.07.2024 12:10

Neues Präventionsmaterial // Kein Kopfsprung in flaches Wasser: erst prüfen, dann springen

Susanne Herda, Swetlana Meier Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V.

    Kein Kopfsprung in flaches Wasser: erst prüfen, dann springen. So lautet der Rat der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU). Denn Leichtsinn, Übermut und Alkohol führen jedes Jahr zu Badeunfällen, darunter zahlreiche Querschnittlähmungen. „Schwere Verletzungen durch einen Sprung in ein ungeprüftes Gewässer sind ein wiederkehrendes Problem in der Badesaison“, sagt DGOU-Präsident Prof. Dr. Andreas Seekamp.

    Daher hat die DGOU ein neues Schaubild entwickelt, das auf die Gefahren hinweist und Tipps zur Vermeidung von Verletzungen gibt. Ein YouTube-Film mit DGOU-Experten zeigt zudem, was es bedeutet, wenn der Sprung ins Wasser mit einer Schädigung der Wirbelsäule im Rollstuhl endet. Dabei kommen nicht nur Ärzte, sondern auch ein Betroffener zu Wort. Das Material steht ab sofort kostenfrei zum Download auf der DGOU-Website zur Verfügung und kann auf Social-Media-Plattformen geteilt werden.

    Schlägt beim Sprung der Kopf auf einen harten Untergrund, kann es durch die starke Gewalteinwirkung zu einer Querschnittlähmung kommen. Gründe dafür können eine zu geringe Wassertiefe oder Hindernisse am Gewässerboden sein. Jedes Jahr kommen mit Beginn der Badesaison Patienten mit schwersten Rückenmarkverletzungen nach einem unbedachten Kopfsprung in die Notfallaufnahmen. „In den meisten Fällen sind es junge Männer, die sich auf diese Weise verletzen, aber auch ältere Familienväter mussten schon mit solchen Unfallmustern behandelt werden“, sagt PD Dr. Matthias Königshausen, DGOU-Mitglied und Leitender Oberarzt in der Unfallchirurgie und Orthopädie, Universitäts- und Poliklinik am BG Klinikum Bergmannsheil Bochum.

    Die Unfälle passieren in Flüssen, Seen, Kanälen und in öffentlichen Schwimmbädern genauso wie in Pools im heimischen Garten. Übermut und mangelndes Risikobewusstsein verleiten Menschen häufig zu waghalsigen Aktionen. Aber auch Alkohol oder Drogen senken Hemmschwellen und Sicherheitsbewusstsein. „Wer die Tiefe eines Gewässers nicht kennt oder nicht einschätzen kann, sollte niemals den Kopfsprung wagen. Denn wer kopfüber in ein flaches oder unbekanntes Gewässer eintaucht, riskiert lebensgefährliche Verletzungen. Wer einen solchen Unfall überlebt, der bereut es meist ein Leben lang. Sind die Nervenbahnen im Rückenmark erheblich geschädigt, bedeutet dies in aller Regel eine lebenslange Lähmung, da die Schäden nicht heilbar sind“, sagt PD Dr. Mirko Aach, Leitender Arzt der Abteilung für Rückenmarkverletzte, Universitäts- und Poliklinik BG Klinikum Bergmannsheil Bochum.

    Besonders tragische Verletzungen betreffen dabei die Halswirbelsäule, die dann zu einer sogenannten Tetraplegie führen. Dabei können die betroffenen Patienten beide Arme und Beine gar nicht oder nur teilweise bewegen. In den meisten Fällen ergibt sich eine lebenslange Rollstuhl- und erhebliche Pflegeabhängigkeit. „Das ist ein Schicksalsschlag, der zu einer absoluten Veränderung der gesamten Lebensumstände führt, körperlich, psychisch und sozial. Der Betroffene befindet sich von einer Sekunde auf die andere in nahezu vollständiger Abhängigkeit und ist lebenslang auf fremde Hilfe angewiesen“, sagt Dr. Doris Maier, Leiterin der DGOU-Sektion Paraplegiologie (DMGP- Deutschsprachige Medizinische Gesellschaft für Paraplegiologie), Chefärztin des Zentrums für Rückenmarkverletzte der BG Unfallklinik Murnau.

    Experten rufen daher Jahr für Jahr dazu auf, Kopfsprünge in unbekannte, flache oder trübe Gewässer grundsätzlich zu vermeiden. „Der kurze Kick, den vielleicht ein akrobatischer Kopfsprung verspricht, steht in keinem Verhältnis zum Risiko für Leib und Leben“, macht Königshausen klar.

    Die DGOU gibt folgende Tipps zur Vermeidung von Badeunfällen:

    • Kein Sprung in ein ungeprüftes Gewässer!
    • Kein Sprung in trübes Wasser!
    • Kein Sprung in eine Wassertiefe unter 1,5 m!
    • Kein Sprung in ein Gewässer mit Hindernissen am Gewässerboden!
    • Jeder in einer Gruppe trägt Verantwortung für die anderen.
    • Und: Kein Alkohol und keine Drogen vor dem Sprung!

    Hintergrund:
    Wie groß das Problem von Querschnittlähmungen nach Kopfsprüngen ist, zeigt unter anderem eine Datenanalyse von Betroffenen am Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil in Bochum. Laut Studie wurden dort in den vergangenen 18 Jahren 60 Menschen behandelt, die nach einem Kopfsprung eine Rückenmarkverletzung erlitten hatten. Der Anteil an männlichen Patienten lag bei 98,7 Prozent. Das heißt, von 60 Patientinnen und Patienten waren 59 männlich. Sie wurden mit schweren Stauchungs- und Verrenkungsbrüchen der Halswirbelsäule eingeliefert, die eine traumatische Schädigung des Rückenmarks zur Folge hatten. Mehr als die Hälfte der Patienten sah sich sogar mit einer vollständigen Rückenmarkschädigung konfrontiert. Das bedeutet ein Leben im Rollstuhl, Arme und Beine können nicht mehr bewegt werden. Bei keinem der Betroffenen kam es zu einer vollständigen neurologischen Genesung, das führte zu einem Leben mit deutlichen Einschränkungen und einer bleibenden Behinderung. Das Alter lag zum Unfallzeitpunkt im Mittel bei 28 Jahren. Auffällig ist, dass in knapp 42 Prozent der Fälle Alkohol im Zusammenhang mit dem Unfallereignis dokumentiert wurde. Eine bundesweite Statistik gibt es nicht.

    Referenzen:
    Spinal Cord Injury With Tetraplegia in Young Persons After Diving Into Shallow Water: What Has Changed in the Past 10 to 15 Years?
    https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32909818/

    Kostenfreie Verwendung und DOWNLOAD von:
    1) Schaubild (A4)
    2) Schaubild (Social Media)
    3) Film Langfassung
    4) Film Kurzfassung (1:30 Minuten)
    unter : https://dgou.de/presse/pressemitteilungen/detailansicht-pressemitteilungen/artik...

    Kontakt für Rückfragen:
    Susanne Herda, Swetlana Meier
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) e.V.
    Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin
    Telefon: +49 (0)30 340 60 36 -06/-00
    E-Mail: presse@dgou.de
    www.dgou.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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