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15.07.2024 11:38

Große Waldbrände wirken sich komplex auf die Ozonschicht aus

Dr. Susanne Benner Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Chemie

    Riesiger Rauchwirbel verdoppelt die Aerosolbelastung in der mittleren Stratosphäre und puffert den Ozonabbau

    Forschende aus Deutschland, China und den USA haben einen unerwarteten Zusammenhang zwischen massiven Waldbränden und der Chemie der Ozonschicht aufgedeckt. Er verdeutlicht das fragile Gleichgewicht der Atmosphäre unseres Planeten. Mithilfe von Satellitendaten und numerischen Modellen konnte das Team nachweisen, dass ein riesiger, mit Rauch beladener Wirbel die Aerosolbelastung in der mittleren Stratosphäre über der Südhalbkugel der Erde nahezu verdoppelt und den Ozonabbau puffert.

    Die Ozonschicht, die das Leben auf der Erde vor schädlicher UV-Strahlung bewahrt, erholt sich dank des Montrealer Protokolls von 1987. Mit diesem bahnbrechenden internationalen Vertrag wurde die Produktion zahlreicher Stoffe, die die Ozonschicht schädigen, schrittweise eingestellt. Die Stabilität der lebenswichtigen Schicht der Atmosphäre steht nun jedoch vor einer neuen, unerwarteten Herausforderung. Während der katastrophalen australischen Waldbrände in den Jahren 2019 und 2020 beobachteten Forschende einen dramatischen Anstieg stratosphärischer Aerosole ‒ das sind winzige Partikel, die nicht nur die Gesundheit und das Klima, sondern auch die Atmosphärenchemie und somit die Ozonschicht beeinflussen können.

    Rauchwirbel transportiert Aerosolpartikel bis zu 35 Kilometer hoch

    Ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Chemie sowie chinesische und amerikanische Wissenschaftler entdeckte nun mit Hilfe von aktuellen Satellitendaten und atmosphärischen Modellen, dass bei großen Buschbränden ein riesiger Rauchwirbel in der Stratosphäre entstehen kann.

    „Ein gigantischer Wirbel transportiert Rauch aus Waldbränden in die mittlere Stratosphäre und erreicht dabei Höhen von bis zu 35 Kilometern", erklärte Hang Su vom Institut für Physik der Atmosphäre an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, einer der leitenden Autoren der nun in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlichten Studie. „Dieser Prozess führte mindestens zur Verdoppelung der Aerosolbelastung in der mittleren Stratosphäre der Südhalbkugel. Sobald die Aerosole diese großen Höhen erreichten, setzten sie eine Reihe von chemischen Reaktionen in Gang, die sich auf die Ozonkonzentration auswirkten.“ Su und seinen Kollegen fanden heraus, dass diese Reaktionen gegensätzlich wirken: Paradoxerweise führten sie in verschiedenen atmosphärischen Schichten sowohl zu einem Ozonabbau als auch zu einem Anstieg der Ozonkonzentration.

    Komplexes Zusammenspiel von Ozonabbau und -anstieg

    Während in der unteren Stratosphäre ein signifikanter Ozonabbau zu beobachten war, stellten die Forscher:innen fest, dass die Zunahme von Rauchaerosolpartikeln in der mittleren Stratosphäre die Aufnahme von Stickstoffverbindungen fördert. Das führt zu einem Rückgang reaktiver Stickstoffgase und letztendlich zu einem Anstieg der Ozonkonzentration. In den mittleren Breiten der Südhalbkugel führte dieses komplexe chemische Zusammenspiel jedoch dazu, dass etwa 40 bis zu 70 Prozent des in der unteren Stratosphäre beobachteten Ozonabbaus in den Monaten nach den Mega-Buschfeuer abgepuffert wurde.

    „Unsere Studie enthüllt einen unerwarteten, aber bedeutenden Mechanismus. Aerosole im Rauch von Waldbränden, wie Ruß, können, da sie Licht- und Wärmeenergie absorbieren, gewaltige Rauchwirbel erzeugen und aufrechterhalten, die sich über tausende Kilometer erstrecken und monatelang bestehen bleiben können. Sie verändern die stratosphärische Zirkulation grundlegend“, sagt Yafang Cheng, Leitautorin vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz. „Angesichts des fortschreitenden Klimawandels ist es wichtig, dass wir diesen Mechanismus im Auge behalten und genau erforschen", ergänzt die Aerosolexpertin.

    Klimawandel könnte Effekt der Rauchwirbel verstärken

    Die Forschenden erwarten, dass durch immer häufigere und mächtigere Waldbrände infolge des globalen Klimawandels die Rauchwirbel und deren Auswirkungen auf die Stratosphäre zu einem häufigen Phänomen werden und so das empfindliche Gleichgewicht der Ozonschicht gefährden könnten.

    „Für mich ist die Studie bedeutsam, weil sie einmal mehr zeigt, wie eng verschiedene Teile des Erdsystems miteinander verbunden sind. Der Rauch eines Waldbrandes kann die Zirkulation in Dutzenden von Kilometern über der Erde und die Ozonschicht massiv verändern, wodurch er das Leben auf unserem Planeten beeinflussen kann", sagt Chaoqun Ma, Erstautor der Studie und Postdoc in Chengs Team am Mainzer Max-Planck-Institut.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Yafang Cheng
    Max-Planck-Institut für Chemie
    E-Mail: yafang.cheng@mpic.de

    Prof. Hang Su
    Institute for Atmospheric Physics, Chinese Academy of Science
    Beijing, China
    E-Mail: suhang@mail.iap.ac.cn


    Originalpublikation:

    Smoke-charged vortex doubles hemispheric aerosol in the middle stratosphere and buffers ozone depletion
    Chaoqun Ma, Hang Su, Jos Lelieveld, William Randel, Pengfei Yu, Meinrat O. Andreae, Yafang Cheng
    Science Advances, 12. Juli 2024, DOI: 10.1126/sciadv.adn3657


    Weitere Informationen:

    https://www.mpic.de/5558477/impact-of-wildfires-on-ozone-layer?c=3477744


    Bilder

    Ende 2019 - Anfang 2020 wüteten im Südosten Australiens verheerende Buschfeuer, deren Rauchfahnen aus dem Weltall deutlich zu erkennen waren wie hier in auf einem Satellitenbild vom 4 Januar 2020.
    Ende 2019 - Anfang 2020 wüteten im Südosten Australiens verheerende Buschfeuer, deren Rauchfahnen au ...
    Earthobservatory
    NASA


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Ende 2019 - Anfang 2020 wüteten im Südosten Australiens verheerende Buschfeuer, deren Rauchfahnen aus dem Weltall deutlich zu erkennen waren wie hier in auf einem Satellitenbild vom 4 Januar 2020.


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