Grauer Star: Vergleich einer Femtosekundenlaser-unterstützten Operation mit einer Standard-Operation
ThemenCheck-Bericht zeigt: Beide Verfahren sind sicher und wirksam, der Femtosekundenlaser hat keine zusätzlichen Vor- oder Nachteile für die Betroffenen.
Im Auftrag des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter der Federführung der Medizinischen Universität Graz und der Gesundheit Österreich GmbH, Wien, die Vor- und Nachteile zweier Operationsmethoden beim Grauen Star (Katarakt) untersucht. Verglichen wurde die Femtosekundenlaser-unterstützte Kataraktoperation mit einer Standard-Kataraktoperation bei erwachsenen Personen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die Ergebnisse von 35 Studien ausgewertet, in denen rund 7200 Augen von 5510 Patientinnen und Patienten mit einer der beiden Operationstechniken behandelt wurden. Diese Studien zeigen weder Vor- noch Nachteile der laserunterstützten Operation gegenüber dem Standardverfahren –beide Verfahren sind sicher und wirksam.
Anfrage eines Bürgers war Ausgangspunkt des ThemenCheck-Berichts
Der Graue Star ist eine Augenerkrankung, die sich meist bei Menschen über 50 Jahren entwickelt. Bei den über 74-Jährigen sind etwa 50 Prozent betroffen. Beim Grauen Star werden eine oder beide Augenlinsen trübe, das Sehvermögen lässt dadurch nach und die Betroffenen sehen zunehmend unscharf und verschwommen. Die einzige wirksame Behandlungsmöglichkeit ist eine Operation, bei der die trübe Linse durch eine neue, künstliche Linse ersetzt wird. Die Operation des Grauen Stars zählt zu den häufigsten Eingriffen in Deutschland – Schätzungen belaufen sich auf zwischen 700 000 und 900 000 Operationen pro Jahr in Deutschland. Normalerweise werden bei dieser Augenoperation mit einem Skalpell feine Schnitte in die Hornhaut und in die Linsenkapsel gesetzt, die trübe Linse per Ultraschall zerkleinert und dann abgesaugt. Anschließend setzen die Augenärzte oder -ärztinnen eine künstliche Linse an deren Stelle.
Der Themenvorschlagende berichtet, dass manche Ärztinnen und Ärzte als Alternative eine laserunterstützte Operation anbieten, bei der die feinen Schnitte in die Hornhaut und die Zerkleinerung der Linse nicht mit dem Skalpell bzw. per Ultraschall, sondern per Femtosekundenlaser erfolgen. Die Operation solle so präziser und schonender durchgeführt werden können. Er fragt, ob das laserunterstützte Verfahren Vorteile gegenüber anderen operativen Verfahren hat.
Vor diesem Hintergrund beauftragte das IQWiG die externen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen damit, zu untersuchen, ob eine laserunterstützte Operation für die Betroffenen Vorteile haben kann, wie etwa eine bessere Sehschärfe in der Ferne, weniger Komplikationen während oder nach der Operation oder auch eine Verbesserung der sehkraftbezogenen Lebensqualität.
Beide Verfahren sind sicher und wirksam – der Femtosekundenlaser bietet keine zusätzlichen Vor- oder Nachteile für die Betroffenen
Die Expertinnen und Experten werteten insgesamt 35 Studien aus, in denen 7189 Augen von 5510 Betroffenen mit einer der beiden Operationstechniken behandelt wurden. Diese randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) analysierten hauptsächlich die Endpunkte Sehkraft, Erreichen der gewünschten Sehstärke nach der Operation und Komplikationen während oder nach der Operation.
Das Wissenschaftsteam fasste die Ergebnisse der Auswertung wie folgt zusammen: Die Studien zeigen weder Vor- noch Nachteile der laserunterstützten Operation gegenüber dem Standardverfahren. Vielmehr sind beide Verfahren sicher und ähnlich wirksam. Die Sehkraft der Studienteilnehmenden war einen Monat bis zwölf Monate nach der Operation unabhängig vom Operationsverfahren meist wieder im Normalbereich. Die Lebensqualität verbesserte sich ebenfalls durch beide Verfahren. Auch bezüglich der Sicherheit zeigten sich keine Unterschiede: Komplikationen wie Entzündungen, Schwellungen oder Verletzungen der Linsenkapsel traten bei beiden Verfahren nur selten auf.
Die Kosten für eine Standard-Operation betragen pro Auge etwa 900 bis 1000 €; diese kann zulasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden. Bei einer Laser-Operation belaufen sich die Kosten auf etwa 700 bis 2100 €. Hinzu kommen meist Sachkosten zum Beispiel für Einweg-Materialien, die während des Eingriffs verbraucht werden Die Laseroperation kann in der Regel nicht ohne eigene Zuzahlung erbracht werden.
Bei der Entscheidung für ein Operationsverfahren beim Grauen Star ist eine objektive Beratung und Aufklärung der Betroffenen für die informierte Entscheidungsfindung wichtig. Dies gilt umso mehr, da Patientinnen und Patienten, die sich für eine laserunterstützte Operation entscheiden, die Kosten dafür zumindest teilweise selbst tragen müssen.
Der ThemenCheck Medizin
Interessierte können im Rahmen des ThemenCheck Medizin Vorschläge für die Bewertung von medizinischen Verfahren und Technologien einreichen. In einem zweistufigen Auswahlverfahren, an dem auch Bürgerinnen und Bürger beteiligt sind, werden aus den eingereichten Vorschlägen pro Jahr bis zu fünf neue Themen ausgewählt. Laut gesetzlichem Auftrag sollen dies Themen sein, die für die Versorgung von Patientinnen und Patienten von besonderer Bedeutung sind. Die ThemenCheck-Berichte werden nicht vom IQWiG selbst verfasst, sondern von externen Sachverständigen. Deren Bewertung wird gemeinsam mit einer allgemein verständlichen Kurzfassung und einem IQWiG-Herausgeberkommentar veröffentlicht.
Die vorläufigen Ergebnisse des Berichts „Grauer Star: Bietet die Operation mit dem Femtosekundenlaser für die Betroffenen Vorteile gegenüber anderen Verfahren?“ hatte das Institut im Januar 2024 als vorläufigen ThemenCheck-Bericht veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach Ende des Stellungnahmeverfahrens wurde der Bericht überarbeitet und jetzt in seiner finalen Fassung veröffentlicht.
https://www.iqwig.de/sich-einbringen/themencheck-medizin/berichte/ht22-04.html
https://www.iqwig.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-detailseite_12...
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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