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30.07.2024 11:06

Den Datendschungel durchschauen

Dr. Charlotte Schwenner Presse und Kommunikation
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

    Forschungsteam des HIRI und der THWS entwickelt Anwendung zur Veranschaulichung von Einzelzelldaten

    Moderne Spitzenforschung geht mit enormen Datenmengen einher – und stellt die Wissenschaft vor die Herausforderung, diese zu visualisieren und zu analysieren. Forschende des Würzburger Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) und der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) haben ein Instrument zur Veranschaulichung großer Datenmengen entwickelt. Das Programm sCIRCLE erlaubt es, Daten der Einzelzellanalyse interaktiv und nutzerfreundlich zu betrachten. Die Erkenntnisse wurden im Fachmagazin NAR Genomics and Bioinformatics publiziert.

    Antibiotikaresistenzen sind weltweit auf dem Vormarsch und stellen das Gesundheitswesen vor große Herausforderungen. Es gilt also herauszufinden, wie und warum manche Bakterien Resistenzen entwickeln. Dafür ist es wichtig, die zugrundeliegenden Prozesse zu verstehen. Unterschiede in der bakteriellen Genexpression, bei der die Information eines Gens abgelesen wird, könnten Hinweise liefern. Als bedeutendes Hilfsmittel für deren Analyse hat sich die bakterielle Einzelzell-RNA-Sequenzierung, kurz „scRNA-seq“ (von engl. single-cell RNA sequencing), erwiesen. Diese Technologie liefert ein genaues Abbild der Expression von Genen in einer einzelnen Zelle zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sie ermöglicht so Rückschlüsse auf die molekularen Grundlagen der Zellaktivität – mit einem großen Manko: Sie erzeugt riesige Datensätze, die für Forschende schwer zu visualisieren und zu analysieren sind. Entsprechend groß ist der Bedarf an neuen Ansätzen und Werkzeugen, um diese Informationen zu veranschaulichen und verstehen.

    Eine solche Anwendung haben nun Forschende vom Würzburger Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI), einem Standort des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Kooperation mit der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU), und Designer der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) gemeinsam entwickelt. Deren Desktop-Anwendung, genannt sCIRCLE (single-Cell Interactive Real-time Computer visualization for Low-dimensional Exploration), ermöglicht eine interaktive 3D-Visualisierung von Daten, die mithilfe von scRNA-seq erzeugt wurden. Damit können Nutzer:innen Daten einzelner Zellen, inklusive Metadaten, aus verschiedenen Blickwinkeln und in Echtzeit betrachten. Sie können auf eine Variation an Filtern und Einstellungen zurückgreifen, um zu sehen, welche Gene in den einzelnen Zellen zu bestimmten Zeitpunkten exprimiert wurden. Auf diese Weise können Forschende bestimmte Zellpopulationen oder Gene von Interesse genauer untersuchen. „sCIRCLE ist zudem ein gutes Kommunikationsmittel, wenn es darum geht, Datensätze gemeinsam zu prüfen oder Ergebnisse zu kommunizieren“, sagt Lars Barquist. Der Bioinformatiker hat die Studie initiiert und leitet eine Forschungsgruppe am Helmholtz-Institut Würzburg. Barquist ist außerdem Professor an der University of Toronto in Kanada. sCIRCLE ist bereits mit Virtual Reality-Geräten kompatibel und stellt somit einen Schritt in Richtung immersiver 3D-Datenvisualisierung und -interaktion dar.

    Eine fächerübergreifende Zusammenarbeit mit Zukunft

    Dabei überzeugt sCIRCLE durch seine Benutzerfreundlichkeit: „Die Benutzeroberfläche der Anwendung ist einfach zu bedienen und intuitiv gestaltet. sCircle ist daher besonders für Biolog:innen ohne umfassende Bioinformatik-Kenntnisse von Nutzen“, ergänzt Barquist. Daten möglichst einfach und dennoch visuell ansprechend darzustellen und damit zugänglich zu machen, stand im Vordergrund der gemeinsamen Arbeit: „Die Zusammenarbeit zwischen den Disziplinen Bioinformatik und Design ist enorm wichtig, da unsere Datensätze immer umfangreicher werden und wir neue Wege brauchen, um sie für den Menschen verständlich zu machen“, sagt Barquist.

    Um das Projekt zu realisieren, verbrachte der THWS-Masterstudent Maximilian Seeger einige Zeit als Gast in der HIRI-Forschungsgruppe. Dort hatte er die Möglichkeit, direkt mit den Wissenschaftler:innen zusammenzuarbeiten. „So konnte ich verstehen, welche Fragestellungen sie mit ihren Daten erforschen wollen und eine Benutzeroberfläche entwickeln, die dies ermöglicht“, berichtet Seeger. In Testläufen mit Daten, die HIRI-Forschende aus verschiedenen Gruppen selbst erhoben hatten, konnten sie sCircle ausprobieren und Rückmeldung geben. Die Ergebnisse hat das Forschungsteam in der Fachzeitschrift NAR Genomics and Bioinformatics veröffentlicht.

    „Die gemeinsame Entwicklung von sCIRCLE zeigt, wie wichtig fach- und institutionsübergreifende Kooperationen sind. Ich freue mich, dass wir in diesem Projekt die Expertise zweier Würzburger Institutionen so erfolgreich bündeln konnten. Ich hoffe auf weitere Kooperationen in der Zukunft“, sagt Erich Schöls. Der Professor für Interaktive Medien an der THWS hat Maximilian Seeger gemeinsam mit Lars Barquist betreut.

    „Dies ist hoffentlich nur ein erster Schritt auf dem Weg zur Entwicklung intuitiver, interaktiver Werkzeuge für die Datenanalyse“, sagt Barquist optimistisch und blickt bereits in die Zukunft: „Wir werden auf dieser Grundlage aufbauen, um unsere Tools noch immersiver und benutzerfreundlicher zu gestalten.“ Während diese Anwendung derzeit nur eine Basisintegration von Virtual Reality bietet, will das Team zukünftig weitere einfach nutzbare virtuelle Räume für die Datenerkundung schaffen.

    Förderung
    Die Studie wurde aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst im Rahmen des Forschungsnetzwerks bayresq.net und des kanadischen National Science and Engineering Research Council gefördert.

    Diese Pressemitteilung finden Sie auch auf unserer Homepage unter dem Link: https://www.helmholtz-hzi.de/media-center/newsroom/news-detailseite/den-datendsc...

    Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung:
    Wissenschaftler:innen am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersuchen in Braunschweig und an anderen Standorten in Deutschland bakterielle und virale Infektionen sowie die Abwehrmechanismen des Körpers. Sie verfügen über fundiertes Fachwissen in der Naturstoffforschung und deren Nutzung als wertvolle Quelle für neuartige Antiinfektiva. Als Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) betreibt das HZI translationale Forschung, um die Grundlagen für die Entwicklung neuartiger Therapien und Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten zu schaffen. https://www.helmholtz-hzi.de

    Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung:
    Das Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) ist die weltweit erste Einrichtung ihrer Art, die die Forschung an Ribonukleinsäuren (RNA) mit der Infektionsbiologie vereint. Auf Basis neuer Erkenntnisse aus seinem starken Grundlagenforschungsprogramm will das Institut innovative therapeutische Ansätze entwickeln, um menschliche Infektionen besser diagnostizieren und behandeln zu können. Das HIRI ist ein Standort des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Kooperation mit der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und befindet sich auf dem Würzburger Medizin-Campus. Weitere Informationen unter https://www.helmholtz-hiri.de.

    Medienkontakt:
    Luisa Macharowsky
    Manager Communications
    Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI)
    luisa.macharowsky@helmholtz-hiri.de
    +49 (0)931 31 86688


    Originalpublikation:

    Seeger M, Schöls E, Barquist L. sCIRCLE—An interactive visual exploration tool for single cell RNA-Seq data. NAR Genomics and Bioinformatics (2024), DOI: 10.1093/nargab/lqae084 https://dx.doi.org/10.1093/nargab/lqae084


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie, Informationstechnik, Medien- und Kommunikationswissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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