Migration und der Umgang mit Flüchtlingen war und ist eines der bestimmenden politischen Themen der letzten Jahre. Gefühlt wächst die Polarisierung. Forscher der Universität Rostock und des Instituts für Weltwirtschaft Kiel sind der Thematik auf den Grund gegangen.
„Ausgangspunkt war eine Binsenweisheit“, sagt Professor Philipp C. Wichardt vom Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Rostock, der federführend an der Studie beteiligt war, die in der sozialwissenschaftlichen Zeitschrift „Social Forces“ erschienen ist. „Wer Sorgen hat, der möchte gehört werden. Und wer mit Sorgen ignoriert wird, schreit dann oft einfach lauter.“
In ihrer Studie gehen Professor Philipp C. Wichardt (Universität Rostock und Institut für Weltwirtschaft, Kiel) und Professor Tobias Heidland (Institut für Weltwirtschaft, Kiel) davon aus, dass Menschen nicht nur Angst vor Fremdem haben, was beispielsweise zur Ablehnung von Migrantinnen und Migranten führt, sondern grundsätzlich auch offen für Neues sind und Menschen in Not gern helfen würden – soweit es für sie sinnvoll machbar ist. „Vereinfacht gesprochen: Wir haben zwei Seelen in unserer Brust, die beide gehört werden wollen. Die Idee war zu sehen, ob wir die eine Seele – Offenheit für Neues – stärker hervorholen können, wenn wir der anderen Seele – der Angst – bereits von außen Raum bieten", so Philipp Wichardt weiter.
In der Studie, die zur Zeit des größten Zustroms syrischer Geflüchteter nach Deutschland entstand, wurde dazu Teilnehmenden ein Bild einer arabisch aussehenden Person gezeigt. In der Darstellung der Person als Flüchtling wurde unterschiedlich darauf eingegangen, ob dieser die Sorgen der Deutschen in Bezug auf Überfremdung, Kosten und zunehmende Kriminalität thematisiert. „Tut er dies, so zeigen die Daten, dass die Teilnehmer offener reagieren“, so Professor Heidland. „Das reine Benennen und Akzeptieren möglicher Sorgen durch Geflüchtete fördert also Offenheit.“
Auch wenn die Studie erst einen Anfang darstellt, ist sich Professor Wichardt nahezu sicher: „Wenn wir Gräben verringern wollen, ist es wichtig, die Sorgen der anderen ehrlich zu hören. Das heißt ja nicht, dass man ihnen folgen muss. Nur ein reines "Wir schaffen das!", so richtig es sein mag und so gut es gemeint war, vergisst leider genau das."
Professor Philipp C. Wichardt
Universität Rostock
Institut für Volkswirtschaftslehre
Tel.: +49 381 498-4486
E-Mail: philipp.wichardt@uni-rostock.de
Heidland, T., Wichardt, P.C. (2024) Conflicting identities: cosmopolitan or anxious? Appreciating concerns of host country population improves attitudes towards immigrants. Social Forces, soae108, https://doi.org/10.1093/sf/soae108
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