Eine neue Delphi-Studie und die damit verbundene Befragung eines internationalen Expertengremiums zeigen, dass Frauenfußballvereine in Deutschland innerhalb weniger Jahre eine deutlich höhere Fan-Interaktion und einen höheren Sponsoringwert erreichen könnten – wenn dafür die richtigen Voraussetzungen geschaffen werden.
Eine Delphi-Studie des Center for Sports and Management (CSM) der WHU – Otto Beisheim School of Management zeigt, dass der professionelle Frauenfußball in Deutschland und Europa vor einem enormen Wachstum stehen könnte. Für ihre Studie “Football but better? Professional Women’s Football in Germany by 2031“ haben Prof. Dr. Sascha L. Schmidt und seine Co-Autoren Julian Hadwiger und apl. Prof. Dr. Dominik Schreyer 84 Expert:innen der Sportbranche aus zehn Ländern nach ihren Einschätzungen zu 14 unterschiedlichen Projektionen zur Zukunft des professionellen Frauenfußballs in Deutschland befragt. Die Antworten dieses interdisziplinären Gremiums – darunter Vertreterinnen und Vertreter von Frauenfußballverbänden, Vereinen, Ligen, Medien, Sponsoren, Wissenschaft und Fanorganisationen – zeigen, dass es gut möglich ist (Eintrittswahrscheinlichkeit 67 %), dass der professionelle Frauenfußball in Deutschland bis zum Jahr 2031 seine Gesamtzahl an Fans mindestens verdreifachen könnte.
Eine erhöhte Medienpräsenz und die Erschließung neuer Zielgruppen könnten laut Studie zu einer Verdreifachung des Sponsoringwerts (Eintrittswahrscheinlichkeit 68 %) führen und dem Frauenfußball damit einen entscheidenden Schub geben. „Es ist sehr erfreulich zu sehen, dass der Frauenfußball in Deutschland und darüber hinaus in den nächsten Jahren rasant wachsen wird“, kommentierte Prof. Dr. Schmidt die Ergebnisse. „Es gibt jedoch noch einige strategische Herausforderungen, die von den Fußballvereinen angegangen werden müssen, um die richtigen Weichen zu stellen und das volle Potenzial des Frauenfußballs auszuschöpfen. So dürften Vorabinvestitionen erforderlich sein und es muss den Frauen-Teams ermöglicht werden, ihre eigene Identität neben den Männer-Mannschaften aufzubauen.“
Der Frauenfußball in Europa erlebt einen historischen Wandel, befeuert von rekordverdächtigen Zahlen an Stadionbesucher:innen und TV-Zuschauer:innen bei internationalen Turnieren wie der UEFA Frauenfußball-Europameisterschaft 2022 in England und der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023 in Australien und Neuseeland. Europäische Ligen und internationale Wettbewerbe, darunter die englische Barclays Women's Super League (WSL), die deutsche Google Pixel Frauen-Bundesliga und die spanische Liga F, haben zuletzt ein deutlich höheres Zuschauerinteresse verzeichnet, was vor allem auf integrierte Vereine wie den Arsenal Women Football Club, den FC Barcelona Femení und Paris Saint-Germain zurückzuführen ist. Eine weitere wichtige Rolle spielen immer lukrativere Übertragungsrechte. Die gesteigerte Nachfrage nach Frauenfußball zieht Investoren und Sponsoren an, was das wachsende kommerzielle Potenzial des Sports unterstreicht.
Trotz dieser positiven Entwicklungen scheint der Frauenfußball am Scheideweg zu stehen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass sich das jeweilige nationale Interesse nach wie vor stark auf einige wenige Vereine konzentriert und der Frauenfußball insgesamt immer noch weniger Beachtung findet als der Männerfußball. Die finanziellen Unterschiede sind eklatant: Die englischen Premier-League-Clubs erwirtschaften beispielsweise Milliarden Pfund im Vergleich zu den relativ bescheidenen Einnahmen der Women's Super League. Für viele integrierte Clubs gilt die Frauenabteilung oft noch als Neben- und nicht als Kerngeschäft.
Schlüsselerkenntnisse der Studie deuten auf einen vielversprechenden Wachstumspfad hin
• Fan-Reichweite: Die Expert:innen gehen davon aus, dass sich das Engagement der Fans im professionellen Frauenfußball in Deutschland bis 2031 verdreifachen könnte, was auf die Bemühungen zurückzuführen ist, ein jüngeres Publikum und neue demografische Gruppen anzusprechen.
• Wert des Sponsorings: Die erhöhte Medienpräsenz und die Erschließung neuer Zielgruppen könnten zu einer Verdreifachung des Sponsoringwerts im Frauenfußball führen und versprechen den Sponsoren eine bessere Investitionsrendite.
• Professionelle Möglichkeiten auf und neben dem Spielfeld: Bis 2031 dürften die integrierten Vereine ein erhebliches Maß an Synergieeffekten erzielen, sodass alle Spielerinnen der ersten Liga Profi-Gehälter beziehen könnten.
Differenzierung und potenzielle Herausforderungen
Die Studie hebt drei potenzielle Differenzierungsmerkmale für den Frauenfußball hervor
• Wachstumsinvestitionen: Erhebliche Vorabinvestitionen werden als wesentlich angesehen, um eine relevante Marktgröße zu erreichen und die globale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
• Innovative Produktformate: Neue Regelungen sind hilfreich, um den Vereinen die Möglichkeit zu geben, innovative Spieltagserlebnisse zu schaffen und alternative Formate für die Zuschauer:innen zu Hause anzubieten. Dadurch werden einzigartige Wertangebote für den Frauenfußball geschaffen.
• Eigenständige Identität: Frauenmannschaften müssen ihre eigene positive Identität (z. B. durch Vielfalt und Inklusion) und Einnahmequellen entwickeln können, anstatt als Ableger der Männerteams geführt zu werden.
Die Studienergebnisse zeigen eine gewisse Skepsis, ob es möglich sein wird, eine Gleichberechtigung von Männern und Frauen in der Sportberichterstattung zu erreichen. Zudem droht die Gefahr, dass integrierte Fußballclubs unabhängige Frauenvereine verdrängen.
Eine strahlende Zukunft mit strategischen Herausforderungen
Die Erkenntnisse aus der Delphi-Studie deuten auf eine vielversprechende Zukunft für den Frauenfußball hin, die durch ein beträchtliches Wachstum der Fan-Reichweite, des Sponsoringwerts und der beruflichen Möglichkeiten für Spielerinnen und Mitarbeitende auf und neben dem Platz geprägt ist. Die Ausschöpfung dieses Potenzials erfordert jedoch die Setzung strategischer Prioritäten, umfangreiche Finanzmittel und Engagement für die Förderung der eigenen Identitäten von Frauen-Teams. Die WHU-Studie bietet einen umfassenden Fahrplan für alle Beteiligten, um diese Herausforderungen zu bewältigen und die sich eröffnenden Chancen zu nutzen. Die Studie wurde von den Partnern Bayer 04 Leverkusen, Borussia Dortmund, DAZN, Deutscher Fußball-Bund (DFB), S20 und VfL Wolfsburg unterstützt.
Wie Delphi-Studien funktionieren
Die Delphi-Methode ist eine anerkannte Technik zur Strukturierung von Gruppen-Kommunikationsprozessen. Sie nimmt eine zukunftsorientierte Perspektive ein und ermöglicht die Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten, dass bestimmte Entwicklungen (z. B. in der Sportbranche) eintreten werden. Das Center for Sports and Management der WHU – Otto Beisheim School of Management verfügt über umfangreiche Erfahrung bei der Durchführung von Delphi-Studien, sowohl für wissenschaftliche Publikationen als auch für Presse-Artikel.
Sollten Sie weitere Fragen haben oder ein Interview mit einem der Autoren der Studie führen möchten, wenden Sie sich gerne an presse@whu.edu.
Das Center for Sports and Management an der WHU
Das 2014 als Teil der Entrepreneurship and Innovation Group an der WHU gegründete Center for Sports and Management (CSM) ist ein dynamisches Team von Sporttechnologie-Enthusiasten, das sich den neuen Geschäftsanforderungen der Sportindustrie widmet. Die Forschungs- und Lehrtätigkeit konzentriert sich auf Bereiche, die für die Branche von grundlegender Bedeutung sind, wie z. B. Diversifikationsstrategien von Unternehmen im Sport (einschließlich Internationalisierungsbestrebungen), die Auswirkungen von Spitzentechnologien (z. B. künstliche Intelligenz, Blockchain und immersive Technologien) auf den Sport und die Stadionökonomie, die sich mit Herausforderungen wie dem No-Show-Verhalten von Ticketbesitzer:innen befasst. Beheimatet an einer der besten Business Schools in Europa hat sich das CSM zum Ziel gesetzt, Führungskräfte aus dem Sportbusiness auf eine Zukunft vorzubereiten, in der technologisches Fachwissen entscheidend ist. Dabei versteht das CSM sich als Sparringspartner, der etablierte Normen in Frage stellt, an innovativen Lösungen forscht und eng mit den Unternehmen zusammenarbeitet, um sowohl deren Organisationen als auch deren Mitarbeiter:innen in Zeiten ständigen Wandels zu stärken.
Prof. Dr. Dominik Schreyer (dominik.schreyer@whu.edu)
Schmidt, S. L./Hadwiger, J./Schreyer, D. (2024): Football but better? Professional Women’s Football in Germany by 2031. WHU: Düsseldorf/Vallendar.
Frauenfußballvereine in Deutschland können innerhalb weniger Jahre eine deutlich höhere Fan-Interakt ...
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Kulturwissenschaften, Sportwissenschaft, Wirtschaft
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
Deutsch
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