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29.08.2024 16:46

Zellphysik: Wie Zellkerne sich durchquetschen

Dominic Anders Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Wie schaffen es Zellen, durch winzige Engstellen zu wandern, die sogar schmaler sind, als ihr Zellkern? Das hat ein LMU-Forschungsteam rund um Joachim Rädler untersucht.

    Eukaryotische Zellen, also solche, die einen Zellkern besitzen, verfügen über die erstaunliche Fähigkeit, ihre Form und ihr Zytoskelett extrem zu verändern und so durch winzige Poren und Verengungen zu wandern, die sogar kleiner sind als der Durchmesser ihres Kerns. Wie genau sich der Zellkern als Reaktion auf die umgebenden Strukturen verformt und welche physikalischen Mechanismen dahinterstecken, ist bisher jedoch noch unklar.

    LMU-Professor Joachim Rädler vom Lehrstuhl für Experimentalphysik untersucht mit seiner Arbeitsgruppe die Selbstorganisation und Dynamik lebender Zellen. In einer kürzlich im Fachmagazin Science Advances erschienenen Studie hat das Team die Eigenschaften von Zellen analysiert, die sich durch Engstellen fortbewegen. „Zellen sind aktive Systeme mit elastischen Eigenschaften“, erklärt Rädler. Er will verstehen, was ihre individuelle Form, Geschwindigkeit und Orientierungsentscheidungen bestimmt. Dafür nutzen er und sein Team künstlich hergestellte Mikrostrukturen als Plattformen für die Untersuchung der Zellbewegung und lokalen Kräfte. „In dieser kontrollierten Umgebung beobachten wir mit Hilfe der Raster-Zeitraffermikroskopie eine große Zahl von Einzelzellen, die sich durch das Material bewegen.“ Die Zellbewegung wird mit datengetriebene Modellen aus der Gruppe von Professor Chase Broedersz (VU Amsterdam) analysiert.

    Auf diese Weise untersuchten die Forschenden die Mechanik und Dynamik von Zellkernen vonKrebszellen, die durch deformierbare 3D-Hydrogelkanäle wanderten. „Mithilfe konfokaler Bildgebungsverfahren und der Verschiebung von Hydrogelkügelchen konnten wir die Verformungen des Zellkerns und die entsprechenden Kräfte bei der Migration durch die vorgegebenen Engstellen verfolgen“, sagt Doktorand und Erstautor der Studie, Stefan Stöberl. Der Kern verforme sich den Beobachtungen zufolge reversibel mit einer Verringerung des Volumens während des Engpasses.

    Wie sich herausstellte, ändert sich mit abnehmender Kanalbreite die Form des Kerns während der Wanderung in zwei Phasen. Die Autoren stellen eine zweistufige Abhängigkeit der Migrationsgeschwindigkeit und der Übergangsfrequenz von der Kanalbreite fest, die ihren Höhepunkt bei einer Breite erreicht, die dem Kerndurchmesser entspricht. „Das von uns vorgeschlagene physikalische Modell erklärt die beobachteten Kernformen und die Übergangsdynamik mit der Kraftentfaltung des Zytoskeletts, die sich mit zunehmendem Kerneinschluss von einem rein ziehenden zu einem kombinierten ziehenden und schiebenden Mechanismus anpasst.“ Mit diesem Wissen können die Forschenden nun dazu beitragen, die Elemente im Zytoskelett zu identifizieren, die bei der Invasion von Krebszellen wesentlich sind.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Joachim Rädler
    Fakultät für Physik
    Ludwig-Maximilians-Universität München
    Tel.: +498921802438
    E-Mail: raedler@lmu.de


    Originalpublikation:

    Stefan Stöberl et al. ,Nuclear deformation and dynamics of migrating cells in 3D confinement reveal adaptation of pulling and pushing forces.Sci. Adv.10,eadm9195(2024).DOI:10.1126/sciadv.adm9195


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie, Medizin, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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