idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
11.09.2024 11:10

Herausragende Umwandlung von Licht in chemische Energie mit „Coulomb-Dyaden“

Bettina Leinauer Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Mainzer Forschende haben eine neuartige Klasse von Photokatalysatoren entworfen, die teure Edelmetalle effizienter nutzen

    Photokatalysatoren ermöglichen mithilfe von Licht chemische Reaktionen, die sonst nur bei hohen Temperaturen oder unter harschen Bedingungen ablaufen würden. Das Prinzip der Photokatalyse ist von der Photosynthese der Pflanzen inspiriert und kommt bereits bei der Herstellung ausgewählter Wirkstoffe zum Einsatz. Für eine ökonomische Nutzung im größeren Maßstab sind die bisher entwickelten Systeme allerdings meist zu ineffizient. Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Christoph Kerzig von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hat nun einen neuartigen Ansatz gefunden, mit dem sich hocheffiziente Photokatalysatoren durch Ionenpaarung einfach herstellen lassen. Dies ermöglicht es, die wertvollen und teuren Edelmetalle in gut etablierten Katalysatoren, wie Iridium, Ruthenium und Osmium, wirkungsvoller zu nutzen. „Unser Konzept beruht auf der elektrostatischen Wechselwirkung zwischen Teilchen, in etwa vergleichbar mit den Wechselwirkungen zwischen den Natrium- und den Chlorid-Ionen in gewöhnlichem Speisesalz“, sagt Matthias Schmitz, der Erstautor dieser Studie, der 2022 mit der Forschung zur Photokatalyse begonnen hat. Die Arbeit über die sogenannten Coulomb-Dyaden wurde im renommierten Journal of the American Chemical Society veröffentlicht.

    Ein völlig anderer Ansatz und hervorragende Ergebnisse in ersten Testreaktionen

    Derzeit wird viel darüber geforscht, wie wohlbekannte Katalysatoren auf Basis teurer Edelmetalle durch günstigere Nicht-Edelmetalle ersetzt werden könnten. „Im Gegensatz dazu nutzen wir etablierte Photokatalysatoren und fügen preiswerte Additive hinzu, um die Eigenschaften im Hinblick auf Leistung und Haltbarkeit noch weiter zu verbessern“, erklärt Kerzig. „Diese Strategie ermöglicht es, einen vorhandenen metallbasierten Photokatalysator viel effizienter zu nutzen, sodass die benötigte Katalysatormenge drastisch reduziert werden kann“, fügte der Chemiker hinzu.

    Maßgeschneiderte Photokatalysatoren mit herausragenden Wirkungsgraden bestehen oft aus zwei photoaktiven Einheiten, die über eine kovalente Bindung verknüpft sind. Diese sogenannten molekularen Dyaden müssen in einer mehrstufigen Synthese hergestellt werden, weshalb sie für großtechnische Anwendungen zu teuer wären. Das Team von Christoph Kerzig hat mit seinem neuartigen Ansatz hocheffiziente Dyaden-Photokatalysatoren relativ einfach erzeugt: Zwei kommerziell erhältliche Salze werden gemischt und aufgrund anziehender elektrostatischer Wechselwirkungen, also den Coulomb-Wechselwirkungen, bilden die photoaktiven Einheiten ein Ionenpaar, sodass sie synergetisch wechselwirken.

    Die in der vorliegenden Arbeit beschriebenen Coulomb-Dyaden wurden durch einen spektroskopiegeleiteten Ansatz identifiziert und optimiert. Laser-Großgeräte, die in der Kerzig-Gruppe bereits früher für detaillierte Untersuchungen dienten, kamen hier erneut zum Einsatz und trugen dazu bei, alle wichtigen Reaktionsschritte von der Lichtabsorption durch den Metallkomplex bis zur Aktivierung der Moleküle, die die Photonenenergie speichern, zu verstehen. Zu den ersten Versuchen mit der neuartigen Katalysatorklasse gehören Reaktionen, bei denen neue chemische Bindungen zwischen zwei Kohlenstoffatomen gebildet werden – eine der fundamentalsten Reaktionen in der Chemie – und die sogenannte Photooxygenierung eines aus Holz gewonnenen Ausgangsmaterials, bei der Sauerstoff in ein Molekül eingebaut wird. Die Ergebnisse zeigen, dass die Coulomb-Dyade wirksamer ist als etablierte und in der Regel teurere Katalysatoren. Sonnenlicht und LED-erzeugtes Licht kann somit effizienter genutzt und umgewandelt werden.

    Laufende Arbeiten an diesem vielseitigen Konzept

    Zahlreiche weit verbreitete Photokatalysatoren sind ionischer Natur. Daher vermuten die Forschenden, dass der neuartige Ansatz das Potenzial hat, zu einer allgemeinen Strategie entwickelt zu werden, um die Effizienz lichtgetriebener Reaktionen zu verbessern. Ihre vielversprechenden experimentellen Ergebnisse zeigen, dass das Lösungsmittel eine entscheidende Wirkung hat. Je nach Lösungsmittel können unterschiedliche Coulomb-Dyaden wie mit einem Baukasten gestaltet werden, indem verschiedene photoaktive Anionen und Kationen kombiniert werden.

    Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert diese Forschung durch eine individuelle Projektförderung und der Fonds der Chemischen Industrie unterstützt das Projekt durch ein Promotionsstipendium für Matthias Schmitz. Die Förderung wird weitere Forschungsaktivitäten in diese Richtung ermöglichen, von denen Christoph Kerzig hofft, dass sie zu Photoreaktionen im industriellen Maßstab mit der neuartigen Photokatalysatorklasse führen.

    Bildmaterial:
    https://download.uni-mainz.de/presse/09_chemie_photochemie_coulomb_dyade.jpg
    Einfache Herstellung und überlegene Eigenschaften dank der neuartigen Klasse von Katalysatoren, den „Coulomb-Dyaden“
    Abb./©: Matthias Schmitz / JGU

    Weiterführende Links:
    https://www.chemie.uni-mainz.de/ - Department Chemie an der JGU
    https://susinnoscience.uni-mainz.de/ - Profilbereich SusInnoScience an der JGU
    https://www.mpgc-mainz.de/461503/sustainable-photochemistry-photophysics – Sustainable Photochemistry & Photophysics am Max Planck Graduate Center mit der JGU
    https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/516556094 - DFG-Förderung
    https://www.gdch.de/netzwerk-strukturen/fachstrukturen/photochemie.html - GDCh-Fachgruppe Photochemie

    Lesen Sie mehr:
    https://presse.uni-mainz.de/nachhaltige-alternative-fuer-energieintensive-photoc... - Pressemitteilung „Nachhaltige Alternative für energieintensive Photochemie“ (30.11.2022)
    https://presse.uni-mainz.de/weiterer-durchbruch-auf-dem-weg-zu-nachhaltigerer-ph... - Pressemitteilung „Weiterer Durchbruch auf dem Weg zu nachhaltigerer Photochemie gelungen“ (02.06.2022)
    https://presse.uni-mainz.de/mainzer-wissenschaftler-entwickeln-nachhaltigere-pho... - Pressemitteilung „Mainzer Wissenschaftler entwickeln nachhaltigere Photochemie“ (18.12.2019)


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Christoph Kerzig
    Department Chemie
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    55099 Mainz
    Tel. +49 6131 39-22479
    E-Mail: ckerzig@uni-mainz.de
    https://www.ak-kerzig.chemie.uni-mainz.de/


    Originalpublikation:

    Matthias Schmitz et al.
    Efficient Energy and Electron Transfer Photocatalysis with a Coulombic Dyad
    Journal of the American Chemical Society, 3. September 2024
    DOI: 10.1021/jacs.4c08551
    https://pubs.acs.org/doi/10.1021/jacs.4c08551


    Bilder

    Einfache Herstellung und überlegene Eigenschaften dank der neuartigen Klasse von Katalysatoren, den „Coulomb-Dyaden“
    Einfache Herstellung und überlegene Eigenschaften dank der neuartigen Klasse von Katalysatoren, den ...

    Abb./©: Matthias Schmitz / JGU


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, jedermann
    Chemie, Energie, Umwelt / Ökologie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Einfache Herstellung und überlegene Eigenschaften dank der neuartigen Klasse von Katalysatoren, den „Coulomb-Dyaden“


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).