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24.09.2024 11:00

Längere Konsonanten zeigen Wortanfang an

Sandra Jacob Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie

    Gesprochene Sprache ist ein kontinuierlicher Strom akustischer Signale. Dennoch ist der Mensch in der Lage, schnell und präzise zu erkennen, wann ein Wort endet und ein neues beginnt. Um herauszufinden, wie das möglich ist, haben Sprachwissenschaftler:innen die Länge von Konsonanten an verschiedenen Positionen in Wörtern und Äußerungen und in einer Vielzahl von Sprachen gemessen. Sie fanden heraus, dass Konsonanten am Wortanfang etwa 13 Millisekunden länger sind. Diesen Effekt konnten die Forschenden in einer Vielzahl von Sprachen beobachten, was darauf hindeutet, dass es sich um ein sprachübergreifendes Muster handeln könnte.

    Die Unterscheidung von Wörtern im Sprachfluss ist eine der schwierigsten Aufgaben beim Verstehen gesprochener Sprache - und doch gelingt sie dem Menschen mühelos. Auch wenn Sprachen nicht eindeutig zu markieren scheinen, wann ein Wort endet und ein neues beginnt. Welche akustischen Signale diesen Prozess erleichtern, ist für die meisten Sprachen der Welt nur unzureichend bekannt und erforscht. Forschende der Vergleichenden Sprachwissenschaft haben nun erstmals ein Muster akustischer Effekte beobachtet, das verschiedenen Sprachen als eindeutige Markierung dienen könnte - die systematische Verlängerung von Konsonanten am Wortanfang.

    Die Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie, des CNRS Laboratoire Structure et Dynamique des Langues (SeDyL), der Humboldt Universität zu Berlin und des Leibniz-Zentrums Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS) nutzen für ihre Untersuchungen die Daten des DoReCo-Korpus (https://doreco.huma-num.fr/). Dieses repräsentiert zum einen eine beispiellose linguistische und kulturelle Vielfalt menschlicher Sprache - es enthält Sprachproben von 51 Populationen aus allen bewohnten Kontinenten. Zum anderen liefert es präzise Längenangaben für jeden der über eine Million Sprachlaute im Korpus. “Da sich die Sprachen der Welt zum Teil stark voneinander unterscheiden, sind der Umfang von DoReCo und die Vielfalt der im Korpus enthaltenen Sprachproben entscheidend für die Entdeckung universeller Muster in der menschlichen Sprache über verschiedene Sprachen hinweg”, sagt Frank Seifart, Forscher am CNRS in Paris und an der Humboldt Universität zu Berlin und Mitherausgeber von DoReCo.

    Verlängerte Konsonanten am Wortanfang – ein universelles Muster?

    "Ursprünglich hatten wir erwartet, die Hypothese zu widerlegen, dass verlängerte Wortanfänge ein universelles Merkmal von Sprache sein könnten. Daher waren wir von den Ergebnissen unserer Analyse sehr überrascht”, sagt Erstautor Frederic Blum, Doktorand am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, der die Studie initiiert und geleitet hat. "Wir haben festgestellt, dass dieses Phänomen tatsächlich in den meisten Sprachen der Welt vorkommt.” In 43 der 51 untersuchten Sprachen gab es eindeutige Hinweise auf verlängerte Wortanfänge. Die Ergebnisse für die restlichen acht Sprachen waren nicht eindeutig.

    Das Autorenteam kommt zu dem Schluss, dass die Verlängerung einer von mehreren Faktoren sein könnte, die dem Hörer helfen, Wortgrenzen zu erkennen und gesprochene Sprache in einzelne Wörter zu segmentieren. Andere mögliche Faktoren, wie etwa die artikulatorische Verstärkung, sind noch nicht im Detail untersucht worden. In der vorliegenden Studie konnte für einige Sprachen auch ein Verkürzungseffekt nach einer Pause zu Beginn einer Äußerung festgestellt werden. Dies steht im Einklang mit der Schlussfolgerung der Autoren, dass bei Vorhandensein von Pausen keine zusätzlichen Hinweise auf Wortgrenzen notwendig sind.

    Diese Studie trägt zum Verständnis der akustischen Prozesse bei, die allen gesprochenen Sprachen gemeinsam sind. Durch die Konzentration auf so genannte Nicht-WEIRD-e-Sprachen (WEIRD: Western, European, Industrialized, Rich, Democratic) wollen die Forscherinnen und Forscher auch unser Wissen über kognitive Prozesse im Zusammenhang mit Sprache über einzelne Populationen hinweg erweitern.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Frederic Blum
    Abt. für Sprach- und Kulturevolution
    Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
    +49 341 3550-269
    frederic_blum@eva.mpg.de

    PD Dr. Frank Seifart
    CNRS SeDyL UMR8202
    +49 151 2161-7833
    frank.seifart@cnrs.fr


    Originalpublikation:

    Frederic Blum, Ludger Paschen, Robert Forkel, Susanne Fuchs, Frank Seifart
    Consonant lengthening marks the beginning of words across a diverse sample of languages
    Nature Human Behaviour, 24 September 2024, https://doi.org/10.1038/s41562-024-01988-4


    Bilder

    Sprachwissenschaftler:innen haben eine Vielzahl von Sprachen analysiert und festgestellt, dass die überwiegende Mehrheit dieser Sprachen verlängerte Wortanfänge zur Unterscheidung von Wörtern verwendet.
    Sprachwissenschaftler:innen haben eine Vielzahl von Sprachen analysiert und festgestellt, dass die ü ...

    © Chinnapong via AdobeStock

    Auf Mojeño Trinitario, einer Arawak-Sprache, die im Amazonasgebiet Boliviens gesprochen wird ist das /n/ am Wortanfang (100 ms) deutlich länger als das /n/ in der Wortmitte (50 ms) und das /n/ am Anfang einer Äüßerung.
    Auf Mojeño Trinitario, einer Arawak-Sprache, die im Amazonasgebiet Boliviens gesprochen wird ist das ...

    © Frederic Blum et al., Nature Human Behaviour (2024)


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Sprachwissenschaftler:innen haben eine Vielzahl von Sprachen analysiert und festgestellt, dass die überwiegende Mehrheit dieser Sprachen verlängerte Wortanfänge zur Unterscheidung von Wörtern verwendet.


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    Auf Mojeño Trinitario, einer Arawak-Sprache, die im Amazonasgebiet Boliviens gesprochen wird ist das /n/ am Wortanfang (100 ms) deutlich länger als das /n/ in der Wortmitte (50 ms) und das /n/ am Anfang einer Äüßerung.


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