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25.09.2024 12:09

Verleiten Trading Apps zum Zocken?

Carolin Hegner Kommunikation & Marketing
Universität Trier

    Die günstigen Preise von Trading Apps locken neue Kundschaft an die Börse. Eine Studie der Universität Trier und der Hochschule München untersucht erstmals, wie diese das Anlageverhalten von Anlegerinnen und Anlegern verändern.

    Krypto-Währungen, Aktien, ETFs und Anleihen: Trading Apps wie Trade Republic, Robinhood oder Scalable Capital haben mittlerweile einen großen Funktionsumfang und sich so ihren Platz neben großen Online-Brokern und klassischen Banken geschaffen. Dass inzwischen etwa zweieinhalb Millionen Menschen in Deutschland die sogenannten Neobroker nutzen, liegt wohl auch an den geringen Kosten und dem niedrigschwelligen, fast spielerischen, Zugang per App zur Börse. Eine Studie der Universität Trier und der Hochschule München zeigt nun erstmals, welche Effekte die neue Form der Broker auf das Verhalten von Anlegerinnen und Anlegern hat.

    Zu kompliziert, nur was für Kenner, zu risikoreich – Die Meinungen der Deutschen gegenüber dem Investieren am Aktienmarkt sind grundsätzlich eher negativ. Das Problem dabei: Aktien und Wertpapiere sind für die Altersvorsorge ein essenzieller Baustein. Doch können Neobroker hier Abhilfe schaffen? „Seit wenigen Jahren erobern Trading Apps neue Zielgruppen für Wertpapier-Anlagen an der Börse. Bisher gab es aber noch keine unabhängige Untersuchung dazu, wie die Apps das Anlageverhalten ihrer Nutzer beeinflusst“, erklärt Marc Oliver Rieger, Professur für Bank- und Finanzwirtschaft.
    Gemeinsam mit Prof. Dr. Silja Grawert (Hochschule München) und Jonas Freibauer (Universität Trier) hat er nun eine repräsentative Umfrage durchgeführt. Die über 500 Teilnehmenden der Studie sind Anlegerinnen und Anleger, die bereits Neobroker nutzen, genauso wie solche, die in Zukunft planen, an der Börse zu investieren. Dabei hat das Forschungsteam herausgefunden, dass Neobroker fast nur Kundinnen und Kunden gewinnen, die vorher noch nie am Aktienmarkt teilgenommen haben. „Das ist eine gute Nachricht, insbesondere im Hinblick auf junge Fonds- und Aktiensparer, die langfristig ihre Rente sichern möchten“, meint der Finanzwirtschaftsexperte.

    Über die Preisstruktur und Preismodelle der Neobroker wussten die Befragten jedoch nur selten Bescheid. Im Gegensatz zum klassischen Fondskauf etwa bei Filialbanken, deren Gebühren bei bis zu einem Prozent der investierten Summe liegen, entsteht für Nutzende von Trading Apps nur noch eine symbolische Gebühr, oder der Trade ist sogar kostenfrei. „Dieses kostengünstige oder gar kostenfreie Handeln ist nur deshalb für die Anbieter möglich, weil es versteckte Kosten gibt. Und zwar durch sogenannte Rückvergütungen. Die Trading App gibt meist ausschließlich einen einzigen Handelsplatz vor. Durch die mangelnde Auswahl sind aktuelle Kurse der Wertpapiere beim Kauf im Schnitt teurer als bei Online-Brokern oder Filial-Banken, wo man den Handelsplatz wählen kann“, beschreibt Rieger das Geschäftsmodell. Diese versteckten Kosten waren nur fünf Prozent der Studien-Teilnehmenden bekannt.

    Für das Geschäftsmodell der Neobroker ist es folglich gut, wenn Kundinnen und Kunden viele einzelne Transaktionen abwickeln. „Unsere Studie konnte zeigen, dass die App-Nutzer statistisch signifikant mehr traden und eine höhere Risikobereitschaft mitbringen. Man kann daher schlussfolgern, dass die Anleger durch die scheinbar geringen Preise der einzelnen Trades mehr spekulieren und so auch höhere Risiken eingehen“, so der Trierer Professor. Besonders junge und unerfahrene App-Nutzerinnen und Nutzer könnten so zum Zocken verleitet werden. Daher wird nun der Gesetzgeber eingreifen: Die Europäische Union will das System der Rückvergütungen durch Partnerunternehmen voraussichtlich ab 2026 untersagen.

    Die Erkenntnisse der Studie zeigen ein gemischtes Bild. Einerseits erschließen Trading Apps in Deutschland vor allem neue Zielgruppen und ermöglichen einfachen Zugang zum Aktienmarkt für Kleinanlegerinnen und Kleinanleger. Auf der anderen Seite zeigt sich, dass App-Nutzende sich über die versteckten Kosten oft nicht im Klaren sind und so zum Spekulieren verleitet werden. Besorgniserregend sei auch, dass Anlegerinnen und Anleger, die aus Trading Apps aussteigen, fast immer ganz aufhören, in Aktien zu investieren. Trading Apps als Einstieg ins Investieren haben also auch ihre Schattenseiten.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Marc Oliver Rieger
    Bank- und Finanzwirtschaft
    Mail: mrieger@uni-trier.de
    Tel. +49 651 201-2721


    Originalpublikation:

    Die Studie
    Jonas Freibauer, Silja Grawert und Marc Oliver Rieger: The effects of trading apps on investment behavior over time. In: The European Journal of Finance, 1–25 (2024). https://doi.org/10.1080/1351847X.2024.2401604


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter
    Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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