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28.07.2004 13:00

Deutsche Wirtschaft spürbar belebt

Joachim Schmidt Kommunikation
Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung e.V.

    In Deutschland hat sich die Konjunktur im ersten Halbjahr 2004 spürbar belebt. Das reale BIP stieg im ersten Quartal mit einer annualisierten Rate von 1,8 %. Für das zweite Vierteljahr zeichnet sich eine deutliche Beschleunigung ab. Damit hat sich unsere Einschätzung vom Februar dieses Jahres, dass ein Aufschwung begonnen hat, offenbar bestätigt. Allerdings sind die steigenden Ausfuhren die bei weitem wichtigste Komponente dieses Wachstums. Bis zum Ende des Prognosezeitraums dürfte sich dies umkehren: Da mehr und mehr Unternehmen an Kapazitätsgrenzen stoßen dürften, regt dies die Investitionen an. Mit steigender Beschäftigung dürfte sich 2005 auch der private Konsum beleben. Die Impulse seitens der Außenwirtschaft lassen bei schwächer wachsendem Welthandel nach. Damit erwarten wir einen Anstieg des BIP um 2,1 % in diesem und um 1,8 % im kommenden Jahr (ohne Arbeitstageeffekt 1,5 % bzw. 2,0 %).
    Auf dem Arbeitsmarkt dürfte eine Besserung nur sehr langsam eintreten. Zwar wird wohl die Erwerbstätigkeit ab der Mitte dieses Jahres nicht mehr sinken, eine Abnahme der Arbeitslosigkeit ist aber erst gegen Ende 2004 wahrscheinlich (Arbeitslosenquote: 10,2 % bzw. 10,0 %).
    Obwohl im EuroRaum inzwischen reichlich Liquidität vorhanden ist, dürfte das Preisklima angesichts der schlechten Lage auf dem Arbeitsmarkt und noch unterausgelasteter Kapazitäten ruhig bleiben. Sobald die von den Rohstoffen und der Reform des Gesundheitswesens ausgehenden Inflationsimpulse abebben, dürfte die Preissteigerung in Deutschland wieder zurückgehen. Für den Jahresdurchschnitt rechnen wir mit einer Rate von 1,6 % 2004 und 1,2 % 2005.
    Die Lage der öffentlichen Haushalte bessert sich bei der prognostizierten Wirtschaftsentwicklung und angesichts der wenig ehrgeizigen Konsolidierungspläne erst im kommenden Jahr. Für dieses Jahr zeichnet sich ein Budgetdefizit von 3,9 % des BIP ab, 2005 dürfte es auf 3,5 % zurück gehen. Die Konsolidierung vollzieht sich damit erheblich langsamer, als im deutschen Stabilitätsprogramm angekündigt. Da die Konjunktur inzwischen deutlich aufwärtsgerichtet ist, sollte die Regierung bei der Konsolidierung mutiger voran gehen.
    Trotz der spürbaren Belebung ist der Wachstumspfad allerdings flach, und die wesentlichen Impulse kommen erneut aus dem Ausland. Damit bleibt die Konjunktur anfällig selbst für kleinere Störungen von außen. Diese hinterlassen hier zu Lande deutliche Spuren, tiefere jedenfalls als in Ländern wie den USA, Großbritannien oder Frankreich. Die Folgen einer weniger kräftigen Expansion der Weltwirtschaft, einer spürbaren Aufwertung des Euro oder deutlich steigender Rohstoffpreise für die deutsche Konjunktur wären mithin beträchtlich. Für die Wirtschaftspolitik bedeutet dies, dass sie weiterhin alles tun muss, das Wachstum zu stärken.
    Abschwächung der Weltwirtschaft bei hohem Aktivitätsniveau
    Die internationale Konjunktur zog in der ersten Hälfte 2004 kräftiger an, als zu Jahresanfang im Allgemeinen erwartet worden war. Das Welt-Sozialprodukt dürfte im ersten Quartal den Vorjahreswert um gut 4 % übertroffen haben - größer war der Zuwachs zuletzt 2000, auf dem Höhepunkt des damaligen Booms.
    Wesentliche Triebfeder war der Boom in China, der insbesondere auf die asiatischen Schwellenländer und Japan ausstrahlte. Allerdings hat die chinesische Regierung inzwischen Dämpfungsmaßnahmen ergriffen. Damit ist zu erwarten, dass sich auch das Wachstum in Japan wieder abflacht, wo allerdings die Binnennachfrage mittlerweile robuster erscheint, so dass das BIP dort 2005 um 2,0 % wachsen dürfte nach 4,2 % in diesem Jahr.
    In den USA hat der Aufschwung den Arbeitsmarkt erreicht, was den privaten Konsum stärkt. Damit deutet einiges darauf hin, dass sich die kräftige Expansion fortsetzt, wenn auch verlangsamt wegen der nun schwächer werdenden Nachfrage aus Asien und eines restriktiveren Kurs der Wirtschaftspolitik (Inflationsgefahren). Wir erwarten für 2004 ein BIP-Wachstum von 4,4 %, für 2005 eines von 3,8 %.
    Im Euro-Raum nahm das BIP im ersten Quartal um 2,5 % zu, getragen sowohl vom Außenhandel als auch vom privaten Konsum, während die Investitionen die zuvor begonnene Erholung nicht fortsetzten. Die Geldpolitik nimmt derzeit eine abwartende Haltung ein; wir gehen aber davon aus, dass die EZB die Zinsen ab dem Jahresende 2004 anheben wird. Die Finanzpolitik verstößt in einer wachsenden Zahl von Ländern gegen den Stabilitätspakt und höhlt dessen Glaubwürdigkeit weiter aus. Das BIP dürfte in diesem und im kommenden Jahr mit annähernd gleichen Raten (2,2 % bzw. 2,3 %) ausgeweitet werden.
    Alles in allem dürfte die Expansion der Weltwirtschaft allmählich an Tempo verlieren, wobei wir allerdings keinen Einbruch prognostizieren, sondern eine Abschwächung auf hohem Niveau. Gefährdet wird die Belebung aber durch Überhitzungserscheinungen an einzelnen Märkten, insbesondere an dem für Rohöl und andere Rohstoffen. Dass die negativen Wirkungen daraus bislang nicht allzu groß gewesen sein dürften, liegt an der äußerst lebhafte Nachfrage, die sich nun eher normalisiert. Allerdings kann es aufgrund der unsicheren politischen Lage im Nahen Osten, aber auch weil die Ölförderung inzwischen offenbar an Kapazitätsgrenzen stößt, durchaus zu weiteren Preissteigerungen kommen, was der Weltwirtschaft einen deutlichen Dämpfer versetzen könnte.

    (veröffentlicht in "RWI : Konjunkturberichte", Heft 1/2004)
    Ihre Ansprechpartner dazu:
    Dr. Roland Döhrn, Tel.: (0201) 81 49-262
    Joachim Schmidt (Pressestelle), Tel.: (0201) 81 49-292


    Weitere Informationen:

    http://www.rwi-essen.de/pls/portal30/url/page/PAGE_PRESSENEWS


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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