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16.10.2024 10:16

Diabetes Typ 1 bei Kindern: Bessere Lebensqualität dank Früherkennung

Giulia Roggenkamp Pressestelle
Stiftung Kindergesundheit

    Stiftung Kindergesundheit informiert über ein zunehmendes Gesundheitsrisiko

    Knapp 35.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland müssen täglich Insulin spritzen, ihren Blutzucker messen und die Kohlenhydrate in ihrem Essen berechnen: Sie sind zuckerkrank. Etwa 4.100 Heranwachsende erkranken jedes Jahr neu an der Stoffwechselstörung Diabetes und es kommen immer mehr dazu, berichtet die in München beheimatete Stiftung Kindergesundheit in ihrer aktuellen Stellungnahme.

    Wenn Ärzte bei einem Kind oder Jugendlichen eine Zuckerkrankheit diagnostizieren, handelt es sich meist um einen Diabetes vom Typ 1. „Dieser Typ von Diabetes mellitus gehört zu den häufigsten Stoffwechselerkrankungen im Kindesalter“, berichtet Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Die Zahl der Neuerkrankungen steigt weltweit an und besonders der Anteil der 10- bis 17-Jährigen nimmt dramatisch zu“, betont der Stoffwechselexperte der von Haunerschen Kinderklinik der Universität München.

    Warum das Hormon Insulin so wichtig ist
    Bei einem Typ-1-Diabetes werden die für die Entstehung des Hormons Insulin zuständigen Beta-Zellen in den sogenannten Langerhans-Inseln der Bauchspeicheldrüse durch das körpereigene Immunsystem langsam zerstört. Als Folge wird in den Inselzellen zu wenig Insulin gebildet.

    „Insulin macht die aus der Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate im Körper nutzbar“, erläutert Professor Koletzko. Es lässt den aus Stärke gebildeten Zucker (Glukose) in die Gewebe (z.B. in die Muskeln) übertreten, wo er als Energielieferant dringend benötigt wird. Ohne Insulin kann der Körper die Nahrung nicht verwerten und der Zucker sammelt sich im Blut an, anstatt von den Zellen aufgenommen zu werden.

    Durch den zunehmenden Mangel an Insulin steigt der Blutzuckerspiegel übermäßig an. Bei zu hohem Blutzucker scheiden die Nieren Glukose mit dem Urin aus. Daher auch der Name der Störung: Diabetes mellitus, zu Deutsch Zuckerharnruhr oder Honigharnruhr (lat.: mellitus – honigsüß).

    Diabetes – oft ein Problem der ganzen Familie
    Dieser Vorgang kann bei Kindern, die hiefür eine genetische Veranlagung geerbt haben, durch umweltbedingte Faktoren ausgelöst werden. Auch nahe Verwandte von Typ-1-Diabetikern haben ein erhöhtes Diabetes-Risiko, betont die Stiftung Kindergesundheit: Geschwisterkinder haben ein Risiko von etwa 4–8 %, eineiige Zwillinge mit 30–50 % ein noch höheres Risiko. Das Diabetes-Risiko eines Kindes mit einem Elternteil, der an Typ-1-Diabetes leidet, liegt bei etwa 10 %, wenn der Vater betroffen ist, und bei etwa 4 %, wenn die Mutter erkrankt ist.

    Dennoch haben über 80 % der betroffenen Kinder und deren Eltern keine Verwandten mit Typ-1-Diabetes. Das hat zur Folge, dass viele Familien kaum etwas darüber wissen und nur unzureichend oder gar nicht mit den Symptomen beim Ausbruch der Stoffwechselerkrankung vertraut sind.

    Frühe Zeichen: großer Durst, viel Urin, Gewichtsverlust und Müdigkeit
    Die Symptome eines Typ-1-Diabetes können sich innerhalb weniger Wochen oder sogar Tagen entwickeln. Oft haben die Kinder ständig Durst, trinken mehr als sonst und haben häufigen Harndrang. Manche von ihnen nässen auch ins Bett. Einige Kinder verlieren an Gewicht und sind abgeschlagen – die Haut ist trocken, die Lippen sind rissig. Unter Umständen riecht der Atem obstähnlich nach Aceton. „Bei derartigen Problemen sollten Eltern dringend den Rat eines Kinder- und Jugendarztes einholen“, empfiehlt Professor Koletzko.

    Bei mehr als einem Drittel aller Betroffenen wird ein Typ-1-Diabetes zu spät entdeckt, also zu einem Zeitpunkt, an dem bereits eine schwerwiegende Stoffwechselentgleisung mit einer potenziell lebensbedrohlichen Übersäuerung des Bluts, der diabetischen Ketoazidose, aufgetreten ist.

    Entscheidend sind eine frühe Diagnose und Behandlung der Krankheit, da eine verzögerte Erkennung die Lebenserwartung deutlich verringern kann, betont die Stiftung Kindergesundheit. Eine optimale Einstellung des Stoffwechsels von Beginn an hilft dagegen, langfristige Komplikationen zu vermeiden.

    Frühzeitig vorbereitet
    Ein Screening auf Typ-1-Diabetes bei Kindern ermöglicht es, die Entstehung der Krankheit frühzeitig zu erkennen, noch bevor klinische Symptome auftreten. Wenn sich bei einer Blutuntersuchung bestimmte Inselautoantikörpern nachweisen lassen, kann das auf ein Frühstadium der Autoimmunerkrankung hinweisen. Das Screening auf Typ-1-Diabetes mittels Inselautoantikörpertest wird seit 2015 in Bayern als Modellprojekt im Rahmen der „Fr1da-Studie“ angeboten. Diese Studie wurde bereits auf die Bundesländer Niedersachsen, Hamburg und Sachsen ausgeweitet. Das kostenlose und freiwillige Screening wird Kindern hier im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung (U7 bis U11) oder eines Kinderarztbesuches im Alter zwischen 2 und 10 Jahren angeboten. Die Untersuchung kann Familien emotional entlasten und vor einem meist traumatischem Erlebnis, wie der lebensbedrohlichen diabetischen Ketoazidose, die sofortige Notfallmaßnahmen erfordert, bewahren.

    Durch die frühe Diagnose erhalten Eltern die Möglichkeit, sich besser auf den Umgang mit der Krankheit vorzubereiten. Sie können gemeinsam mit Ärzten rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, Schulungen zur Insulintherapie und Blutzuckerkontrolle besuchen und sich schrittweise an die neue Lebenssituation anpassen. Das reduziert Unsicherheiten und Ängste, die oft mit einer plötzlich diagnostizierten chronischen Krankheit einhergehen. Eltern, Ärztinnen und Ärzte können präventiv handeln und die Gesundheit des Kindes überwachen, was das Risiko eines plötzlichen Krankheitsausbruchs und damit verbundene Notfallsituationen senkt.

    Fazit der Stiftung Kindergesundheit: Eine frühzeitige Erkennung und rechtzeitige Behandlung der Krankheit kann die Gesundheit und die Lebensqualität der betroffenen Kinder deutlich verbessern und ihnen und ihren Familien helfen, sich auf die Herausforderungen einer lebenslangen Insulintherapie vorzubereiten. „Eine Ausweitung des Screenings auf ganz Deutschland wäre deshalb wünschenswert“, so Professor Koletzko.

    Hier gibt es mehr Rat und Hilfe:
    Weitere Informationen zu den Problemen von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes bieten im Internet folgende Seiten:

    http://www.fr1da.de/

    www.kindunddiabetes.de

    www.diabetikerbund.de

    www.bund-diabetischer-kinder.de

    www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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