Der Atomausstieg in Deutschland, die Entsorgung von radioaktiven Reststoffen und ihre sichere Lagerung über eine Million Jahre sind nicht nur eine technologische, sondern auch eine gesellschaftliche Herausforderung. „Wir müssen hochqualifiziertes Personal ausbilden, das diesen komplexen Prozess begleitet“, appelliert Prof. Dr. Daniela Gutberlet von der Westfälischen Hochschule. Im Sommersemester 2026 startet hier der neue weiterbildende Masterstudiengang „Sicherheit in der kerntechnischen Entsorgung“. Das Programm wurde in enger Zusammenarbeit mit Industrie und Behörden entwickelt und füllt eine Lücke in der Ausbildung dringend benötigter Fachkräfte.
Gelsenkirchen. 2023 gingen die letzten deutschen Kernkraftwerke vom Netz. Zurück bleiben rund 600.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive sowie knapp 30.000 Kubikmeter hochradioaktive Abfälle. „Für den fachgerechten Rückbau der kerntechnischen Anlagen, den langfristig sicheren Umgang mit den radioaktiven Reststoffen bis hin zu deren Endlagerung ist es unerlässlich, die dafür benötigten Kompetenzen zu erhalten und auszubauen“, so Gutberlet. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Endlager Konrad für schwach- und mittelradioaktive Abfälle nicht vor 2029 in Betrieb gehen und die Standortsuche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle noch mehrere Jahrzehnte dauern wird. Als Spezialistin auf dem Gebiet hat sie den deutschlandweit einzigartigen weiterbildenden Masterstudiengang „Sicherheit in der kerntechnischen Entsorgung“ mit Unternehmen der Industrie, den Vorhabenträgern, Sachverständigenorganisationen sowie den zuständigen Bundes- und Landesbehörden entwickelt. „Unser Studiengang vermittelt in enger Verzahnung mit der Praxis die erforderlichen Kompetenzen für die Prozessschritte von der Stilllegung eines Kernkraftwerks bis hin zum Endlager. Er ermöglicht somit auch, die Wirkungszusammenhänge zwischen den einzelnen Prozessschritten zu verstehen und zu nutzen. Dieses tiefgehende Verständnis wird in Zukunft notwendig sein, wird bisher jedoch nicht in diesem interdisziplinären Format angeboten“, erklärt die Gelsenkirchener Professorin.
Das Studienangebot ist auch eine Reaktion auf den drohenden Fachkräftemangel im Bereich der kerntechnischen Entsorgung, berichtet Daniel Oehr, CEO der Essener GNS Gesellschaft für Nuklear-Service mbH: „Die Kernenergie erlebt eine weltweite Renaissance. Damit wächst international auch der zukünftige Bedarf an nuklearer Entsorgung. In Deutschland ist gleichzeitig aufgrund des Rückbauprogramms noch über viele Jahre mehr als genug zu tun. Wir haben über Jahrzehnte des sicheren Betriebs und jetzt auch des Rückbaus unserer Kernkraftwerke vielfältiges Know-how zur sicheren Entsorgung aufgebaut. Zahlreiche Wissensträgerinnen und -träger werden unseren Unternehmen jedoch in wenigen Jahren altersbedingt nicht mehr zur Verfügung stehen. Um frühzeitig das dringend benötigte Know-how zu sichern und bei Nachwuchskräften aufzubauen, liegt uns die kerntechnische Ausbildung gerade auch im Bereich des nuklearen Backends äußerst am Herzen. Kompetente Mitarbeitende sind der entscheidende Faktor für den Erfolg unserer Unternehmen, ebenso wie für den fachgerechten Umgang mit den radioaktiven Reststoffen und damit die Gewährleistung der erforderlichen Sicherheit für nachfolgende Generationen.“
Schon 2017 betonte die Entsorgungskommission des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) in einem Memorandum, dass dies eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, die qualifizierte Expertise erfordert. Zudem sei es wichtig, die Forschungslandschaft zu erhalten, die sich mit den wissenschaftlichen Grundlagen der Entsorgung befasst, und diese weiter auszubauen.
Der Masterstudiengang deckt Themen von der Stilllegung und dem Rückbau kerntechnischer Anlagen über die Freigabe von Reststoffen, die Behälterentwicklung, Abfallbehandlung und -konditionierung sowie den Transport bis zur Abgabe der Gebinde an ein Endlager ab. Ergänzt werden die technischen Inhalte durch Kompetenzen in atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren, Produktkontrolle und Dokumentation sowie im Umgang mit Veränderungsprozessen und der Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Der neue Studiengang umfasst fünf Semester. Er richtet sich an Mitarbeitende aus der Industrie, von Vorhabenträgern sowie von Sachverständigenorganisationen und Behörden.
In Ergänzung zu dem Masterstudiengang werden ab dem Sommersemester 2025 bereits fünf „Certificates of Advanced Studies (CAS)“ angeboten, die sich aus jeweils zwei Modulen zusammensetzen, um eine Weiterbildung zu einzelnen Schwerpunktthemen anzubieten. Für die Zulassung zum Master ist ein Bachelorabschluss sowie ein Jahr Berufserfahrung, für die Teilnahme an den Zertifikatskursen sind eine abgeschlossene Ausbildung und zwei Jahre Berufserfahrung erforderlich. Weitere Informationen zu den Weiterbildungsangeboten an der Westfälischen Hochschule gibt es unter: https://www.w-hs.de/studium/weiterbildung/sicherheit-in-der-kerntechnischen-ents...
Westfälische Hochschule
Fachbereich Maschinenbau, Umwelt- und Gebäudetechnik
Prof. Dr. Daniela Gutberlet
Tel.: 0209/9596-180
daniela.gutberlet@w-hs.de
https://www.w-hs.de/studium/weiterbildung/sicherheit-in-der-kerntechnischen-ents... (Website zum Master-Studiengang sowie den CAS-Zertifikaten)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Energie, Maschinenbau, Umwelt / Ökologie
überregional
Studium und Lehre, wissenschaftliche Weiterbildung
Deutsch
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