Wieso wird es privaten Anleger:innen so erschwert, nachhaltig zu investieren? Die Studie hat die Informationslage und die Präferenzen von Privatanleger:innen im Bereich der nachhaltigen Geldanlagen untersucht. Basierend auf Fokusgruppendiskussionen, Expert:inneninterviews und einer umfassenden Analyse von Markt- und Kommunikationsdaten liefert die Studie wertvolle Erkenntnisse für Politik und Finanzwirtschaft. Sie wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.
Das institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff e.V.) und das Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover haben in einer neuen Studie die Herausforderungen, mit denen Privatanleger:innen konfrontiert sind, wenn sie ihr Geld nachhaltig anlegen möchten, untersucht.
Die Studie betont, dass es trotz steigendem Interesse an nachhaltigen Finanzprodukten, erhebliche Hürden gibt, die Verbraucher:innen die Ent-scheidung erschweren, so dass sie nicht im gewünschten Maß nachhaltig investieren. Die europäische Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) zielt darauf ab, durch die obligatorische Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen in der Anlageberatung die Nachfrage nach nachhaltigen Geldanlagen zu steigern. Dies gelingt aber noch nicht ausreichend und die Autor:innen der Studie identifizieren zwei zentrale Herausforderungen, die dringend angegangen werden müssen.
1. Verständnis von Nachhaltigkeitspräferenzen: Die Präferenzen von Privatan- leger:innen in Bezug auf Nachhaltigkeit sind nicht ausreichend verstanden. Um gezielt nachhaltige Finanzprodukte anzubieten, bedarf es tieferer Einblicke in das Nachhaltigkeitsverständnis der Anleger:innen.
2. Misstrauen gegenüber Nachhaltigkeitsinformationen: Die Erwartungen, die Pri-vatanleger:innen an nachhaltige Geldanlagen haben, werden zunehmend enttäuscht, da nachhaltigkeitsbezogene Begriffe mittlerweile inflationär genutzt werden. Dies ist vor allem der Fall für Verbraucher:innen, die durch ihre nachhaltige Anlageentscheidung einen Beitrag zur nachhaltigen Transformation leisten möchten.
Um diese Herausforderungen anzugehen, schlagen die Autor:innen der Studie drei Maßnahmen vor, die unterschiedliche Adressat:innen in den Blick nehmen:
Nachhaltigkeitspräferenzen als Teil finanzieller Bildung
Die Studie zeigt, dass das Nachhaltigkeitsverständnis von Privatanleger:innen sehr divers ist, so dass es für sie gar nicht leicht ist, sich der eigenen Nachhaltigkeitspräferenzen bewusst zu werden. Dies liegt zum Beispiel an einer fehlenden einheitlichen Definition von Nachhaltigkeit. Zusätzlich wird die Umsetzung der eigenen Nachhaltigkeitspräferenzen dadurch erschwert, dass beispielsweise ein ausreichendes Wissen darüber fehlt, wie Nachhaltigkeitsaspekte mit den traditionellen Entscheidungsdimensionen der Geldanlage wie Liquidität, Rendite und Sicherheit zusammenhängen. Eine nachhaltige Anlageentscheidung erfordert somit eine Kombination aus Wissen und Fähigkeiten, die sowohl die finanzielle Bildung als auch ein tiefes Verständnis von Nachhaltigkeit umfassen.
Entsprechend argumentiert die Studie, dass das Vergegenwärtigen der eigenen Nach-haltigkeitspräferenzen eine zentrale Kompetenz für eine nachhaltige Geldanlage ist und Eingang in Initiativen zur Stärkung der Finanzbildung finden sollte.
Vertrauen in nachhaltigkeitsbezogene Informationen stärken
Für Verbraucher:innen ist es sehr schwierig, die eigenen Nachhaltigkeitspräferenzen mit den verfügbaren Informationen abzugleichen, auch weil Informationen zu Nachhaltigkeit bei Anlageprodukten zum Teil irreführende Erwartungen bezüglich der Funktionsweise und der Auswirkungen der nachhaltigen Anlageentscheidung wecken. Um die Informationsverfügbarkeit und -bewertung für Verbraucher:innen zu verbessern, sollten Verbraucherrecht und Nachhaltigkeitsbewertung ineinandergreifen, um das Vertrauen in nachhaltigkeitsbezogene Informationen zu stärken.
Anlageberatung zur Unterstützung von nachhaltigen Anlageentscheidungen
Auch die obligatorische Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen durch die Mi-FID II Verordnung scheint hier bisher nicht geholfen zu haben. Unsere Ergebnisse zeigen, dass es Privatanleger:innen kaum gelingt, ihre eigenen individuellen Nachhaltigkeitspräferenzen mit der starren eindimensionalen Nachhaltigkeitsabfrage in der Anlageberatung abzugleichen. Damit dieses gelingen kann, muss in der Anlageberatung den unterschiedlichen Bedürfnissen Rechnung getragen werden. Unsere Analyse zeigt, dass hinsichtlich der Informationsbedarfe und der Nachhaltigkeitsambitionen von Privatanleger:innen zwischen sechs verschiedenen Verbrauchergruppen unterschieden werden kann. Um Privatanleger:innen dabei zu unterstützen Nachhaltigkeit in ihrer Anlageentscheidung mit einzubeziehen, sollte auf Berater:innenseite ein Bewusstsein für verschiedene Verbraucher:innentypen geschaffen und von einem starren Nachhaltigkeitsverständnis abgewichen werden.
Dr. Hanne Roggemann, Wissenschaftliche Referentin
hanne.roggemann@iff-hamburg.de
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft, Recht, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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